Liebe trialogo,
ich habe dir sehr gern zugehört! Mir gefallen die Sorgsamkeit, mit der du spielst und die Ideen, die du hast!
Ein höheres Tempo würde dem Stück gut tun. Wie übst du denn, um ein höheres Tempo zu erreichen?
Mein zweiter Punkt ist, wie hier ebenfalls schon angesprochen wurde, die Dynamik. Ich kann nicht beurteilen, inwieweit die Aufnahme dafür verantwortlich ist, aber versuch mal, noch viel mehr ins pianissimo zu gehen. Die Triolen rechts in T. 6 können viel leiser sein. Nicht so deutlich spielen, sondern eher flächig, nicht bis auf den Grund der Tasten kommen, sondern eher streichelnd über die Oberfläche der Tasten gleiten. Was verbindest du mit dieser Stelle? Wie verhält sich der Klang dieser Stelle zu der Phrase davor? Hast du Bilder vor Augen, wenn du das Stück spielst? Für mich ist diese Stelle, wie wenn ein sanfter Wind ganz leise und sacht durch die Blätter eines Baumes (Birke?) weht. Ich empfinde es als Rieseln. Dieses Rieseln bringt eine Überraschung, ein anderes Bühnenbild, eine ganz andere Klangfarbe und wenn wir das hören, staunen wir! Durch eine differenzierte Dynamik besonders im Leisen erhältst du auch im ganzen Stück mehr schimmernde und changierende Klangflächen und mehr Farben.
Um nun beide Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, könntest du von T. 10 bis T. 17 mal links nur die Basslinie spielen (Fis, Gis, A, Ais-cis, e-fis, ais-cis', ais-cis', cis' - eine tolle Linie, kann man auch mal allein spielen) und rechts die Melodie dazu.
Hast du das so schon einmal geübt? Das bringt ungeheuer viel, denn du kannst durch dieses Weglassen von Tönen (stimmenweise Üben) das Tempo finden, das dir vorschwebt. Das wird durch das Weglassen leichter, denn du musst nicht alles auf einmal schneller spielen.
Außerdem kannst du dich ganz auf die Phrasierung der Melodie in Verbindung mit stringendo, crescendo etc. konzentrieren. Du hörst, wie sich die Melodie immer weiter aufschwingen will, wieder zurück geht, einen neuen Anlauf nimmt und weiter und weiter wie eine Lerche immer höher steigt. Dabei höre mal auf die langen Töne, z.B. das cis' rechts in T. 10 (dann das gis' in T. 11....). Höre, wie das cis' immer leiser wird, während es erklingt und schließe die folgenden Achtel dynamisch daran an. Das erste e' in T. 10 ist in deiner Aufnahme nämlich zu laut und auch die nachfolgenden Achtel sind dann zu laut. Beim Zurückgehen der Melodie kannst du also auch in der Dynamik deutlich zurückgehen. Höre der Melodie und ihrem Drängen in die Höhe zu und gehe in Dynamik und Tempo mit. Der Übergang zu T. 17 gefällt mir sehr gut!
Auf diese Weise (Basslinie + Melodie rechts) kannst du auch die Phrase ab T. 19 und viele andere Stellen üben. Der Vorteil besteht darin, dass du das musikalische "Gerüst" hörst, dich ganz auf Gestaltung der Melodie konzentrieren kannst, die Basslinie als eigenständige Linie wahrnimmst, "dein" Tempo herausfindest und so deine Klangvorstellung schulst. Wenn du dann alles spielst, wirst du die begleitenden Achtel und Triolen so leise spielen, dass sie das Gerüst nicht stören und schwupps, ist deine Klanggestaltung noch viel schöner und differenzierter! :)) Aber vielleicht hast du das auch schon dauernd so geübt und ich setze mich gerade in die Nesseln?
Deine musikalische Vorstellung vom Mittelteil gefällt mir. Hast du auch da mal nur die Melodie rechts (wirklich nur die Melodie, also alles, was die Hälse nach oben hat) gespielt? Könntest du sie annähernd singen/sprechen/summen? Da fehlt für mich noch der Fluss. Auch hier kannst du die Melodie + links üben, um in den Fluss zu kommen. Oder singen/summen/sprechen.
Eine Frage zum Übergang: in T. 39 wird das e'' ja nicht erneut angeschlagen (Haltebogen). War das nur ein einmaliges Versehen oder ist das vielleicht falsch eingeübt?
Ich hoffe, ich habe nicht zuviel geschrieben und dich zugekleistert. Die grundlegende Arbeit ist getan und jetzt darfst du in den schönsten Farben malen, Kontraste finden, Geschichten und Bilder erzählen, mehr ausprobieren und was riskieren.
Ich wünsche dir dabei viel Freude! Danke für die Einspielung! :))
chiarina