Brauchen digitale Orgeln anschlagsdynamische Tastaturen ?

hintersatz

hintersatz

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Im Nachbarthread https://www.clavio.de/klavierforum/threads/kaufberatung-uebeorgel.19648/ wurde eben die Ansicht vertreten, Digitalorgeln brauchen keine Anschlagsdynamik, weil echte Orgeln ja auch keine haben.
Dies Ansicht finde ich so nicht ganz richtig.
Was passiert bei einem Klavier, wenn man eine Taste herunterdrückt ? Auf einem recht kleinen Teil des Tastenwegs wird über eine Übersetzungsmechanik ein Filzhammer beschleunigt. Wenn dieser ausreichend Fahrt aufgenommen hat, erreicht er die anzuschlagende(n) Seite/n) und diese erklingt dann mehr oder weniger laut. Aus der Stärke des Anschlags, die der Geschwindigkeit des Niederdrückens der Taste entspricht, resultiert die Dynamik, d.h. die Lautstärke des angeschlagenen Tons.
Die Geschwindigkeit des Niederdrückens der Taste wird bei Digitalklavieren durch zwei Kontakte ermittelt, die beim Niederdrücken der Taste hintereinander ausgelöst werden, die Zeitdifferenz entspricht dann der Anschlagsstärke und wird vom Tonerzeuger in verschiedene Dynamikstufen umgesetzt.
Bei einer realen Orgel ändert es dagegen nichts an der Lautstärke des gespielten Tons, ob man die Taste langsam oder schnell herunterdrückt. Es ändert aber sehr Wohl was an der Art und Weise, wie eine Pfeife anspricht. Ganz deutlich wird dies bei Zungenregistern, hier macht es sogar noch einen Unterschied, ob die Pfeife vorher geklungen hat oder nicht. Wer schon einmal die Zungen-Solo-Stücke des französichen Barock gespielt hat, kennt den Effekt, den sich die Komponisten bei ihrem so gerne verwendeten Oktav-Pendeln in der linken Hand zunutze machen.
http://www.sonusparadisi.cz/en/orga...t-maximin-france.html#!/cat_tabs_demos_tabbed
Hier zum Beispiel hört man bei den Soli keinen Unterschied im Ansprechen der Zungen, und das klingt dann auf Dauer nervig und langweilig.
Im moderner Digitalorgelbau versucht man mittels anschlagsdynamischer Tastaturen und Virtual Modeling das dynamische Ansprechen der Töne und die Interferenzen der klingenden Töne untereinander in die Klanggebung einfließen zu lassen.
Instrumente, die dies nicht tun, können natürlich auch brauchbare Klänge erzeugen, jemandem, dessen Ohr an die dynamische Vielfalt eines guten Klaviers gewöhnt ist, dürfte dieses Klangergebnis aber wohl eher unerträglich erscheinen.
 
Zuletzt bearbeitet:
horow.jpg
War's nicht der, der auf dem Klavier
1oo verschiedene Arten des Anschlags
unterschieden haben wollte ?
Auf der Orgel sind es bestimmt keine
100. Aber jedenfalls mehr als eine.
 
Es ändert aber sehr Wohl was an der Art und Weise, wie eine Pfeife anspricht.

Ich denke, ein Digitalpiano heißt Digitalpiano weil ein Klavier (und keine Orgel) imitiert werden soll.

Das Klavier ist schon schwer genug zu imitieren. Da machen die Hersteller den gleichen Aufwand nicht auch noch bei den anderen Stimmen. Würde ich auch nicht wollen - denn ich muß es ja bezahlen.
 
Im moderner Digitalorgelbau versucht man mittels anschlagsdynamischer Tastaturen und Virtual Modeling das dynamische Ansprechen der Töne und die Interferenzen der klingenden Töne untereinander in die Klanggebung einfließen zu lassen.
Bei allen Anstrengungen, die heute und in Zukunft gemacht werden, muß man sich immer vergegenwärtigen:
Es bleibt ein 'Radio mit Tasten'.

Toni
 
Ich würde eigentlich sagen "ja", aber das wird wohl ziemlich schwer zu realisieren
 
Digitale Orgeln benötigen DANN eine "Anschlagsdynamik", wenn für normale Orgeln ( also echte ) folgendes gilt:

"Durch unterschiedlichen Krafteinsatz beim Betätigen einer Taste ist der resultierende Ton nach Belieben ( und Fähigkeiten ) des Spielers lauter oder leiser."

Wenn das nicht gilt, braucht man keine Anschlagsdynamik, denn sie ist ja in dem Falle dann auch auf dem echten Instrument nicht vorhanden und somit auch nicht vom Spieler anwendbar. Sie wäre dann bei digitalen Orgeln sogar verfehlt, da man sich ja dann von den Charakteristika des echten Instruments "entfernen" würde.

Ob das nun so ist, müsst Ihr wissen. Bin kein Orgel-Experte.

LG, Olli
 
Eine echte Dynamik sicher nicht, aber hintersatz hat natürlich recht: Man kann die Anspreche der Pfeife beeinflussen. Wie und ob so etwas elektronisch mit vertretbarem Aufwand zu realisieren ist, weiss ich allerdings nicht. Es ist eben in beiden Fällen eine Ersatzlösung.

Grüße
Axel
 
Außerdem brauche ich ein Programm UND ein Sampleset das diese Funktion unterstützt.
Bei Hauptwerk, GrandOrgue ist das meines Wissens nicht implementiert, ich kenne auch kein Sampleset das diese Funktionalität unterstützen würde.
 
Außerdem brauche ich ein Programm UND ein Sampleset das diese Funktion unterstützt.
Bei Hauptwerk, GrandOrgue ist das meines Wissens nicht implementiert, ich kenne auch kein Sampleset das diese Funktionalität unterstützen würde.
Soweit mit bekannt ist (und ich habe von Samplern zugegebenermaßen keine Ahnung) unterscheidet HW4 zumindest 3 verschiedene Anschlagsdauern, ganz kurz, mittel und lang. Um verschiedene Anschlagsmodalitäten durchzusampeln, wäre ein Roboter nötig, der eine Taste mit verschiedenen Geschwindigkeiten drücken kann und ein Großrechner, um dass nachher wieder zusammenzusetzen.
Also irrationaler Wahnsinsaufwand. Realistischer scheint mir da das Virtual Modeling, also das Ansprechen einer Pfeife bei verschiedenen Anschlagsstärken mittels mathematischer Algoritmen nachzubilden, was die letzte Generation der Ahlborn Orgeln und auch die Viscount Physis meines Wissens nach fertigbringen.
 
Das mit den verschiedenen Anschlagdauern stimmt, bezieht sich aber nur auf den Nachhall, der sich bei unterschiedlichen Anschlagdauern unterschiedlich ausprägt. Mit der Anschlagdynamik hat das aber nichts zu tun, hier wird nur die Dauer des gedrückten Tones ermittelt und das entsprechende Sample für die Berechnung verwendet.

Für die hier beschriebene Orgel nicht von Bedeutung, weil diese Orgel Samplebasiert ist. Eine Orgel mit physischer Modellierung ist als Übungsorgel dann doch eine Nummer zu groß. Hier geht es ja schließlich erst mal darum Basiswissen (und Können) zu erwerben. Wenn man dann einen bestimmten Stand erreicht hat, kann man in der Kirche an einer richtigen Pfeifenorgel für umme spielen.

Mach ich mit zunehmenden Vergnügen. Da wir hier eine wunderbare Orgellandschaft haben kann ich zwischen Silbermann, Trost und Ladegast wählen (neben den hiesigen Orgelbauern).

@pianovirus: Glückwunsch zum Kauf! (neid)
 

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