Auf den Spuren Farinellis...

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Wiedereinaussteiger

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Das Faszinosum der menschlichen Singstimme.

... und: Abgründe der Menschheit...

Als einer, der nicht nur die Tasten tätert, sondern auch dem Sange frönt(e), ehedem Mitglied, Lead-Sänger des in der zeit um 2000 besten Amateur-Acappela-Männerensembles zwischen London und Wladiwostok, der Barbershop-Crew der "BAD Boys" zu Dortmund, stolperte ich über einen SPIEGEL-ONLINE-Artikel über die vermutete Musik Farinellis, des sagenhaften Kastratensängers am spanischen Könighof. ...

https://www.spiegel.de/…/arien-des-kastraten-farinelli-musi…

Im Diskussionsforum mochte ich mich einer Antwort nicht enthalten...

= = = = =

Ist leider nicht sauber durchrecherchiert. Es gibt eine CD, "Les Temps des Castrats", auf der neben vielen Kontratenören (geschulte Kopfstimmen) auch eine bearbeitete Tonaufnahme des letzten päpstlichen Kastraten an der Sixtinischen Kapelle aus der Zeit 1900-1910 zu hören ist. Nicht wirklich gut, aber vorstellbar.

Kultureller Hintergrund: in der katholischen Kirche war es Frauen jahrhundertelang nicht verstattet, sich stimmlich vernehmen zu lassen. Deswegen Kastraten ... Als Chopin, zeitlebens Liebhaber hoher Frauenstimmen, Anbeter der iltalienischen Oper, starb, brauchten seine Freunde eine Sondererlaubnis des Pariser Erzbischofs, um bei der Einsegnung in der "Madeleine" seine Freundinnen singen zu haben - hinter einem Vorhang, sodass sie nicht als Frauen zu sehen waren - es hätten auch Kastraten sein können, die da sangen...

Die Stimme von Kastraten war zwar im Prinzip kindlich geblieben, trug aber weiter, wegen der in aller Regel wesentlich kräftiger entwickelten Lunge und des Bauches - und damit auch des mit musizierenden Zwerchfells.

Gleiches jedoch können kräftig gebaute Damen (z.B. Montserrat Caballé) ebenso... Deren Stimmen unterscheiden sich dann anwendungspraktisch nicht von dem, was Kastraten taten und konnten.

Manchmal gibt es sogar Variationen der menschlichen Kehlkopf-Region, in der selbst zeugungsfähigen Männern eine sehr hohe Singstimme verbleibt. Aus der A-Cappella-Gruppe der Münsteraner "Sechszylinder" konnte der Countertenor Thilo außer der Alto-Stimme auch Sopran singen, nicht mit der Kopf- sondern mit der Bruststimme. Thilo hat Kinder.

= = =

Und dann war da noch das Wissen um das "Heranzüchten" der später an der Capella Sixtina oder woanders als Musiker und Mönche wirkenden Sangeskünstler...

Das habe ich dem SPONFO vorenthalten.

In dem sangeslustigen Neapel strichen Prälaten durch die Straßen und boten den Familien sangesfreudiger Knaben mit schönen Stimmen an, sie auszubilden für den Kirchendienst...

Meist wussten die Familien, was dann geschah. Die Kinder allerdings eher nicht. Die Familien ließen sich darauf ein, weil mit dem Kirchendienst die Chance bestand, dass ihre Kinder dem neapolitanischen Elend der Straße entfliehen konnten, und bei Fortbestand des Kontaktes auch die Familie von einer - gemessen an damaligen Zeiten - herausragenden Ausbildung und Bezahlung profitieren konnte.

Der zum Musizieren ausgeguckte Sohn wurde dann Sänger und gehörte zum "Stab" des Bischofs oder gar des Papstes... Die Jungs verdienten nicht schlecht.

Den Knaben wurde - neben einer Ausbildung nicht nur in der Musik, sondern auch in Theologie und Philosophie, mit 12-13 Jahren dann medizinisch verunmöglicht, in den Stimmbruch zu kommen, indem ihre Hoden verbrüht wurden.

Kastraten sollen aber dann dennoch auch teils ... zum Geschlechtsverkehr befähigt gewesen sein.

Das unterschied die im katholischen Kirchenmusikdienst ehedem beschäftigten Kastraten von denen, die in muslimischen, asiatischen oder chinesischen Herrscherhäusern den Harem bewachten - wo der König, Sultan oder Kaiser der einzig zeugungsfähige Mann sein wollte.

Denen wurde im Regelfall alles Männliche weggeschnitten... , mit üblen Folgen oftmals. Brutale Schmerzen sowieso, wenn die Opium-Medikation nachließ. Entzündungen, teils Tod. Wenn sie überlebten, war ihnen oft das Wasserlassen nur mit Hilfsmitteln möglich - mittels eines Federkieles. Lebenslanges stark erhöhtes Infektionsrisiko.

Ho, der bekannte Kastrat und Admiral zweier Ming-Kaiser, Seefahrer, der um 1420 bis nach Hormuz und Sansibar kam, ein muslimischer Uigure, der als 16jähriger - nach seinem Stimmbruch - in den kaiserlichen Dienst kam, sich mit dem Kronprinzen anfreundetet und dann einer der wichtigsten Berater des Kaisers wurde, war ein Riese von zwei Metern und tiefer Stimme. Er trug zeitlebens die verschumpelten, mumifizierten Abschnitte seiner nicht mehr weiter ausgebildeten Männlichkeit in einem Schmuckkästchen bei sich - er wollte mit dem Kästchen begraben werden und wenigstens im Paradies dann wieder ein vollständiger Mann werden.
 
Dazu gibt es auch einen wundervollen Film
 
Mir ... fällt das Tragenkönnen der Castrato-Stimme auf. (Die Jungs waren dann oft recht wohlbeleibt..., Singen, Essen und Trinken als Ersatz für Sex oder so.) Und die geschulte Stimme mit Vibrato.

Die Knabenstimme ist noch nicht insoweit geschult, dass sie mit Vibrato singt.

Die Frauenstimme ist auch mit geschultem Vibrato unterwegs, aber bezüglich Sprachverständlichkeit weniger "klar" als der Castrato.

Auf der CD "Temps des Castrats" ist Moreschi mit demselben Stück "Ave Maria" vertreten, jedoch mit einer anderen Aufnahme (oder die Tontechniker haben zwecks CD sehr erheblich an derselben Aufnahem herumgebastelt..., das will ich nciht ausschließen.) Die Aufnahme, die ich habe, zeigt ihn ebenso als alten Menschen schon in seinen 70ern, und auch hier bei dem YT-vid ist seine Stimme schon brüchig.

Bestimmt keine Referenz für guten Kastratengesang.

Mich würden andere originale authentische Aufnahmen interessieren.
 
Mich würden andere originale authentische Aufnahmen interessieren.

Es ist eine Frechheit, dass Photo- und Audiographie so spät erfunden wurden. :-(

Es klingt wie eine Frauenstimme, aber mit größerem Volumen, gar nicht wie die Countertenöre. Auf YT gibt es einige "alte" Einspielungen der letzten Kastraten. Sie sind von der Tonqualität leider so erbärmlich, dass man den morbiden Charme der Stimme allenfalls erahnen kann.
 

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