Anna Lapwood im Kölner Dom

  • Ersteller Ersteller Stefan379
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Ich gönne jedem, der einfach ein sehr guter Künstler ist und keinen Social-Media-Blödsinn macht, seinen Erfolg voll. Auch gönne ich den Erfolg jenen, die einfach jeden Tag ackern, um Gigs klarzumachen, das ist eine Sisyphusarbeit.

Ich gönne den Erfolg aber nicht jenen Musikern, die auf billige Tricks wie Aussehen oder Anbiedern an primitiven, medienkonditionierten Massengeschmack setzen. Das ist zutiefst unkünstlerisch und stößt mich einfach ab. Und ich finde es auch nicht positiv, dass dann "mehr Menschen dazu kommen, diese Musik oder dieses Instrument kennenzulernen". Denn sie finden es ja aus den falschen Gründen gut.
 
Was Anna Lapwood etwa hier in Jehan Alains "Litanies" hineininterpretiert, finde ich geschmacklos und hat überhaupt nichts von der geforderten Eindringlichkeit. Da ist etwa von einer "Organ Dance Party" die Rede und "I forgot how fun it is to play!"





Zum Hintergrund dieses Stückes:

»Ein Gebet ist keine Klage, sondern ein Tornado, der alles, was sich ihm in den Weg stellt, hinwegfegt…Wenn man am Ende nicht völlig erschöpft ist, hat man das Stück weder richtig verstanden, noch so gespielt, wie ich es mir vorstelle.«
„Quand l’âme chrétienne ne trouve plus de mots nouveaux dans la détresse pour implorer la miséricorde de Dieu, elle répète sans cesse la même invocation avec une foi véhémente. La raison atteint sa limite. Seule la foi poursuit son ascension.“
(„Wenn die christliche Seele in Bedrängnis ist und keine neuen Worte finden kann, Gott um Gnade anzuflehen, wird dasselbe Gebet unaufhörlich mit überwältigem Gottvertrauen wiederholt. Die Beschränkung durch die Vernunft ist verschwunden. Nur der Glaube erhebt die Seele.“)

Soviel also zur "Organ Dance Party"...

Edit: Zum Konzert in Kölner Dom gibt es ein paar Videoausschnitte (wenn auf "Ansehen auf YouTube" geklickt wird, erscheint eine Playlist):



Ich habe nichts verpasst...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich gönne den Erfolg aber nicht jenen Musikern, die auf billige Tricks wie Aussehen oder Anbiedern an primitiven, medienkonditionierten Massengeschmack setzen. Das ist zutiefst unkünstlerisch und stößt mich einfach ab.
Diese Einstellung ehrt Dich! Doch dort, wo es um Vermarktung und ums Geschäft geht sind solche Praktiken Gang und Gebe. Das Management möchte ja auch Kohle sehen.
Würde sie ein Konzert mit anspruchsvoller konzertanter Orgelmusik spielen (ich denke da z. B. an Reger …), würde sie (auch mithilfe der sozialen Medien) nur ein Bruchteil des Doms füllen.
Vermarktung (in jeglicher Hinsicht, auch die Auswahl der Musik spielt eine Rolle) ist das A und O in der heutigen Zeit.
Um ehrlich zu sein, bin ich mir unsicher, ob nicht auch Du, @hasenbein bei entsprechenden Konditionen in jungen Jahren adäquates getan hättest (obwohl es Dir sicherlich zuwider gewesen wäre).
Geld regiert die Welt!
 
Um ehrlich zu sein, bin ich mir unsicher, ob nicht auch Du, @hasenbein bei entsprechenden Konditionen in jungen Jahren adäquates getan hättest (obwohl es Dir sicherlich zuwider gewesen wäre).
Geld regiert die Welt!
Du meinst "Äquivalentes", nicht "Adäquates".
Und in Deiner Vorstellungswelt kommen anscheinend Menschen, die (künstlerische und auch sonstige) Integrität vor Geld setzen, nicht vor.
Sagt zunächst mal vor allem etwas über Dich aus.
 
1. Es ist großartig, dass Du glaubst zu wissen, was ich meine ;-). Tatsächlich meine ich adäquat im Sinne von „entsprechend“. Aber sei es drum, gerne darf adäquat gegen äquivalent ausgetauscht werden.

2. Du hast aber keinerlei Ahnung von meiner Vorstellungswelt. Ich habe genügend Menschen kennengelernt, die ihre künstlerische Integrität dem Geld vorziehen. Also von meinem Beitrag auf solch eine Aussage zu schließen, wie Du sie hier getätigt hast, ist nicht nur falsch, sondern auch anmaßend.

3. Über mich sagt mein obiger Beitrag wirklich nicht wahnsinnig viel aus. Denn meine Meinung hier habe ich gar nicht kundgetan…
 
Ich kann anhand der Einspielungen, die ich gehört habe, nicht beurteilen, wie gut Anna Lapwood ist. Die Musik, die ich so gefunden haben, ist überhaupt nicht mein Ding. Aber warum sollte ich ihr ihren Erfolg nicht gönnen? Ich habe auch nichts Cameron Carpenter, auch wenn ich seine Einspielungen oft gruselig finde. Ich habe auch schon in der Berliner Philharmonie in der Schlange gestanden und vor mir Frauen von Pogorelichs Bravostarschnitt aus dem letzten Jahrhundert schwärmen hören, was ist daran verwerflich? Immerhin kamen sie zu Mussorgskys Bildern einer Ausstellung.
Gerade die Orgel gehört ja nicht zu den Instrumenten, die zu viel gehypt werden, also freuen wir uns doch einfach mal, wenn junge Menschen in Orgelkonzerte strömen.

Mir ist die Lapwood auf jeden Fall lieber als der Carpenter. Sie sieht recht attraktiv aus, setzt das meiner Meinung nach aber nicht auf unangebrachte ein, ganz im Gegensatz zum als quasi Clown auftretenden Carpenter. Und wenn ich an z.B. Yuja Wang am Klavier denke...

Und wenn Frau Lapwood Hans Zimmer spielt, ist das sicher nicht das musikalische Niveau, das man geboten kriegt, wenn Leo van Doeselar Bach spielt. Aber immerhin zeigt sie einer breiten Masse ein paar klangliche Möglichkeiten, die die Königin der Instrumente im Vergleich zum üblichen Konserveneinheitsbrei bietet.

Und wenn sie Hans Zimmer spielt, ist das zumindest ein etwas höheres musikalisches Niveau als Taylor Swift oder sowas. Vielleicht hören ja einige Leute dann als nächstes die Toccata und Fuge in d-Moll und dann vielleicht auch die Passacaglia und Fuge in c-Moll...
 
Also wenn jemand gut aussieht, gibt es Minuspunkte für das musikalische Können. Interessante Einstellung.

Ich bin da einfacher gestrickt. Das Auge hört mit.
 
Würden da auch 7000 kommen, wenn sie genauso gut spielen würde, aber ein dicklicher, unschöner, 53jähriger Mann wäre?
Bist Du 53, dicklich und unschön? .... Klangpoesie heute mal frech und neugierig unterwegs 😉😚
 
Am 28. Juni 2025 gastierte Anna Lapwood im Rahmen der Internationalen Orgelwoche Nürnberg in St. Sebald, wohl mit demselben Programm wie in Köln. Der Mitschnitt des Konzerts durch den Bayerischen Rundfunk bietet im Vergleich zu den Videoausschnitten einen guten klanglichen Eindruck:

 
aber ein dicklicher ...... 53jähriger Mann wäre?
Müsste sich mit wenigen Klicks begnügen

 

Was Anna Lapwood etwa hier in Jehan Alains "Litanies" hineininterpretiert, finde ich geschmacklos und hat überhaupt nichts von der geforderten Eindringlichkeit. Da ist etwa von einer "Organ Dance Party" die Rede und "I forgot how fun it is to play!"
Ich bin auch nicht sicher, ob das gut gelesen ist. Die Anweisung poco staccato steht an der Oberstimme, nicht an der Begleitung. Ich habe das Stück vor vielen Jahren mit einem Schüler von Alain Schwester studiert, der großen Wert darauf legte, dass die linke Hand am Anfang so legato wie möglich ist. Dann wird das Stück natürlich deutlich schwerer.

In der Tat finde ich diese "fun" Darstellung für dieses Stück unangemessen. Diese Videos, wo man sich vor lauter "fun", "great" und "amazing" nicht retten kann, sind auch nicht meins.
 
Ich gönne jedem, der einfach ein sehr guter Künstler ist und keinen Social-Media-Blödsinn macht, seinen Erfolg voll. Auch gönne ich den Erfolg jenen, die einfach jeden Tag ackern, um Gigs klarzumachen, das ist eine Sisyphusarbeit.

Ich gönne den Erfolg aber nicht jenen Musikern, die auf billige Tricks wie Aussehen oder Anbiedern an primitiven, medienkonditionierten Massengeschmack setzen. Das ist zutiefst unkünstlerisch und stößt mich einfach ab. Und ich finde es auch nicht positiv, dass dann "mehr Menschen dazu kommen, diese Musik oder dieses Instrument kennenzulernen". Denn sie finden es ja aus den falschen Gründen gut.
:-D:-D Ich könnte dann nur erahnen, was du von André Rieu hältst. Obwohl der auch wieder irgendwie genial ist, so als Marketingprofi. Aber die Zuschauer in seinen Konzerten gehen immer so ab... vielleicht würde ich das auch tun, mit einem Gläschen in der Hand, muss ich eventuell bei Gelegenheit probieren, obwohl wahrscheinlich alles restlos ausverkauft, kann ich mir denken.
 
Ich schätze André Rieu sehr. Vollprofi, macht viele viele Menschen temporär glücklich und geht ausgesprochen gut mit seinen Musikern und der Crew um.
 
Ganz klar: Mein Fall ist André Rieu auch nicht. Und bei Anna Lapwood habe ich auch Bedenken. Es wird ja gerne mal angeführt, dass es doch gut ist, wenn die Leute ins Orgelkonzert gehen. Aber wieviele Fans von Rieu gehen danach zu Gidon Kremer?
 
Von Rieu zu Kremer? Null. Aber darauf kommt es doch nicht an. Das eine ist Unterhaltung auf ordentlichem Niveau ( wem‘s gefällt), das andere „Kunst“ mit hoffentlich etwas Unterhaltungswert. Zwei Paar Schuhe.
Diese ganzen pädagogisch unterfütterten Wählerwanderungswunschvorstellungen (geiles Wort, oder?) gehen doch fehl.
 
Ganz klar: Mein Fall ist André Rieu auch nicht. Und bei Anna Lapwood habe ich auch Bedenken. Es wird ja gerne mal angeführt, dass es doch gut ist, wenn die Leute ins Orgelkonzert gehen. Aber wieviele Fans von Rieu gehen danach zu Gidon Kremer?
Das ist ja das, was ich sage. Dieses Argument, dass diese "Leichtklassik" oder wie man das auch immer nennen will, ja schließlich Leute auf den Geschmack bringe, ist Bullshit. Es ist ja nicht die Musik "an sich", die die Hörer dieser populistischen Musiker tief berührt oder so, sondern es ist das Getue drumherum. Ähnlich wie bei Filmmusik: Die wird ja nicht von so vielen gut gefunden, weil sie inhärent so eine Ausstrahlung auf die Leute hat, sondern weil sie die Assoziationen mit dem coolen Film weckt. Oder diese triviale, immergleiche TEY-Musik: Sie wird gut gefunden als "Stimmungstapete" (melancholisch, nachdenklich, an einem verregneten Sonntagnachmittag aus dem Fenster blicken etc.).
 
Meine Oma saß bei Rieu glücklich vorm Fernseher und hat die „wunderbaren Melodien, die man viel zu selten hört“ laut mitgesungen. Sie spielte übrigens ziemlich anständig Klavier.
 
Ganz klar: Mein Fall ist André Rieu auch nicht. Und bei Anna Lapwood habe ich auch Bedenken. Es wird ja gerne mal angeführt, dass es doch gut ist, wenn die Leute ins Orgelkonzert gehen. Aber wieviele Fans von Rieu gehen danach zu Gidon Kremer?

Ich habe da bei Anna Lapwood etwas mehr Hoffnung, weil die Andre Rieue-Fans in einer anderen Altersklasse sein sollten als die von Anna Lapwood. Da gibt es noch mehr Entwicklung. Man müsste mal beim nächsten Konzert von Prof. Böhnig die Leute fragen, ob da jemand durch Frau Lapwood drauf gekommen ist. Bestimmt nicht viele, aber vielleicht doch ein paar.
 

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