
pianovirus
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Hinter jeder Zueignung, sei es in Form schlichter Namensnennung oder als ausführliche Vorrede, gerichtet an adlige Gönner, herzlich verbundene Freunde, unerreichbare Geliebte, oder an den Allerhöchsten selbst, steht eine eigene Geschichte, die es wert ist, beachtet zu werden, wenn man sich mit einem Werk oder einem Komponisten auseinandersetzt. Vielleicht besteht etwas Interesse, solche Geschichten hier zusammenzutragen.
Zur Eröffnung des Fadens habe ich eine der schönsten Widmungen, die ich kenne, ausgewählt: Mozarts berührende Zueignung seiner sechs 1785 veröffentlichten Streichquartette an Haydn, künstlerisches Vorbild und väterlicher Freund gleichermaßen. Mozart erwähnt in diesem (auf Italienisch verfassten) Text selbst die "lange, mühevolle Arbeit", vor allem in Auseinandersetzung mit Haydns nach "ganz neuer, besonderer Art" komponierten Quartetten op. 33. Der intensive Arbeitsprozess lässt sich "auch heute noch an Indizien ablesen: an den umfangreichen Korrekturen in den Autographen und an den zahlreichen Entwürfen und Fragmenten dieser Jahre" (Reclams Kammermusikführer).
Meinem teuren Freunde Haydn!
Ein Vater, der entschlossen, seine Kinder in die große Welt zu schicken, wird sie natürlich der Obhut und Führung eines daselbst hochberühmten Mannes anvertrauen, zumal es das Glück will, daß dieser sein bester Freund ist. Berühmter Mann und mein teuerster Freund, nimm hier meine Kinder! Sie sind wahrhaftig die Frucht einer langen, mühevollen Arbeit, doch ermutigte und tröstete mich die Hoffnung – einige Freunde flößten sie mir ein –, diese Arbeit wenigstens zum Teil belohnt zu sehen. Du selbst, teuerster Freund, warst es, der mir bei Deinem letzten Besuch in unserer Hauptstadt Deine Zufriedenheit zum Ausdruck brachte. Dieser Beifall hat mich vor allem mit Zuversicht erfüllt und so lege ich Dir denn meine Kinder ans Herz in der Hoffnung, sie werden Deiner Liebe nicht ganz unwürdig sein. Nimm sie also gnädig auf und sei ihnen Vater, Beschützer und Freund. Von dieser Stunde an will ich meine Rechte auf sie an Dich abtreten. Schließlich bitte ich Dich noch, Du mögest Nachsicht mit ihren Fehlern und Schwächen haben, die dem Vaterauge vielleicht verborgen geblieben sind. Bewahre mir ungeachtet dieser Deine reiche Freundschaft, die ich so sehr zu schätzen weiß. Von ganzem Herzen bin ich
Wien, 1. September 1785.
Zur Eröffnung des Fadens habe ich eine der schönsten Widmungen, die ich kenne, ausgewählt: Mozarts berührende Zueignung seiner sechs 1785 veröffentlichten Streichquartette an Haydn, künstlerisches Vorbild und väterlicher Freund gleichermaßen. Mozart erwähnt in diesem (auf Italienisch verfassten) Text selbst die "lange, mühevolle Arbeit", vor allem in Auseinandersetzung mit Haydns nach "ganz neuer, besonderer Art" komponierten Quartetten op. 33. Der intensive Arbeitsprozess lässt sich "auch heute noch an Indizien ablesen: an den umfangreichen Korrekturen in den Autographen und an den zahlreichen Entwürfen und Fragmenten dieser Jahre" (Reclams Kammermusikführer).
Meinem teuren Freunde Haydn!
Ein Vater, der entschlossen, seine Kinder in die große Welt zu schicken, wird sie natürlich der Obhut und Führung eines daselbst hochberühmten Mannes anvertrauen, zumal es das Glück will, daß dieser sein bester Freund ist. Berühmter Mann und mein teuerster Freund, nimm hier meine Kinder! Sie sind wahrhaftig die Frucht einer langen, mühevollen Arbeit, doch ermutigte und tröstete mich die Hoffnung – einige Freunde flößten sie mir ein –, diese Arbeit wenigstens zum Teil belohnt zu sehen. Du selbst, teuerster Freund, warst es, der mir bei Deinem letzten Besuch in unserer Hauptstadt Deine Zufriedenheit zum Ausdruck brachte. Dieser Beifall hat mich vor allem mit Zuversicht erfüllt und so lege ich Dir denn meine Kinder ans Herz in der Hoffnung, sie werden Deiner Liebe nicht ganz unwürdig sein. Nimm sie also gnädig auf und sei ihnen Vater, Beschützer und Freund. Von dieser Stunde an will ich meine Rechte auf sie an Dich abtreten. Schließlich bitte ich Dich noch, Du mögest Nachsicht mit ihren Fehlern und Schwächen haben, die dem Vaterauge vielleicht verborgen geblieben sind. Bewahre mir ungeachtet dieser Deine reiche Freundschaft, die ich so sehr zu schätzen weiß. Von ganzem Herzen bin ich
Dein ergebenster Freund
W.A. Mozart.
W.A. Mozart.
Wien, 1. September 1785.
