Urheberrechte, Mir platzt langsam der Kragen

Ich beziehe mich nur auf die Bearbeitung für öffentliche Auftritte, nicht auf das Erstellen von Noten:
Meine Erfahrung hat gezeigt: Selbst wenn man versucht, die Rechte für Bearbeitungen zu kaufen, bekommt man von den Rechteinhabern nicht so einfach eine Antwort.
Es wird aber offenbar meistens geduldet, wenn man bedenkt, wie viele Bearbeitungen auf Youtube stehen. Ich weiß, dass in diesem Fall die Rechteinhaber trotz Urheberrechtsverletzung die Aufnahme im Netz lassen, sich aber das Recht vorbehalten, die jeweilige Aufnahme zu monetisieren, also das Geld aus Werbeeinnahmen für sich einzustreichen. Das ist meiner Meinung nach ein guter Kompromiss. Das Ganze scheint also die berühmte Grauzone zu sein.
Das geht noch ein wenig anders:
Die Rechteinhaber beziehen für jeden Klick, den eine Bearbeitung ihres Werkes auf YT hat, einen Obolus. Das ist nicht viel, klar. Aber: Kleinvieh macht auch Mist.
Nehmen wir zB "Yesterday" von den Beatles: das Lied wird erkannt, Dir wird Bescheid gesagt, dass Du eine "Urheberrechtsverletzung" begannen hast, das aber keine Konsequenzen haben wird. Der Rechteinhaber bekommt dann "seinen" Obolus. Wird Deine Interpretation jetzt 2 Millionen mal angeklickt hast Du NICHTS davon!

Daher hatte die "böse" (!) GEMA und andere Rechteverwerter ja darauf gedrängt, dass die Werbeeinnahmen von YT an die Urherber*innen ausgezahlt wird. Vorher hatte sich YT das ganze Geld eingesteckt.
Noch Fragen?

Edit: ach ja: und daher bekommt man sehr selten so eine "Bearbeitungsgenehmigung" von den Verlagen bzw Komponist*innen.
Ich hatte mal versucht, vom Verlag von Berthold Brecht eine Vertonungsgenehmigung für die Keuschheitsballade zu erhalten. Es gibt davon Unmengen von Vertonungen. Auf Nachfrage bei den Kollegen hat niemand dafür was zahlen müssen. Nur ich sollte jetzt einen strammen Geldbetrag für die Vertonungsgenehmigung bezahlen. Für eine Abdruckgenehmigung wären wieder Beträge fällig gewesen. Zusätzlich zum prozentualem Anteil an der Verbreitung durch meine Arbeit...
 
Zuletzt bearbeitet:
Daher hatte die "böse" (!) GEMA und andere Rechteverwerter ja darauf gedrängt, dass die Werbeeinnahmen von YT an die Urherber*innen ausgezahlt wird. Vorher hatte sich YT das ganze Geld eingesteckt.
Nö, die Regelungen der (meist automatischen) Monetarisierung für Rechteinhaber haben nix mit den Verhandlungen mit der GEMA zu tun. Das gab es schon vorher.
 
Ich will dazu jetzt auch mal ne Meinung kundtun. Wenn ich das schon habe, dann halt hier eine aktualisierte Meinung.

Es ist bei der aktuellen Lage aussichtslos, den Urheber zu fragen von wegen Weiterverbreitung. Wenn es in seinem Vertrag mit seiner Verwertungsgesellschaft drinsteht, dass er alle Nutzungsrechte an sie abtritt, dann darf er entsprechende Anfragen ja logischerweise gar nicht beantworten. Und wenn er doch sagt, "jo, klar", ohne das schriftlich zu geben, dann ist es als ein Akt der Höflichkeit zu werten. Wie wenn jemand auf jemanden zutritt und ihn fragt: "Entschuldigen Sie, dürft ich Sie eben kurz mal etwas fragen, wo geht es hier zu Wunschort?", und der/die Angesprochene, noch nie von diesem Ort gehört habend, aufs Geratewohl antwortet: "Irgendwo dahinten und wenn nicht, fragen Sie bitte noch mal." Je nach Kulturkreis in einem variierenden Grad von Selbstsicherheit.

Das lässt man ihn/sie ja auch nicht schriftlich geben, vielleicht auch gleich verbunden mit einer gepfefferten Konventionalstrafe. "Entschuldigung, wo geht es hier zur Keramik, und bitte nur die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, sonst werden Sie im nächsten Leben gleich auf der Säuglingsstation standrechtlich erschossen."

In meinem jugendlichen Leichtsinn hatte ich auch mir ein unautorisiertes Arrangement von Cohens "Hallelujah" besorgt. Als ich das "Original" in einer Bibliothek angeschaut habe, erkannte ich erst den Unterschied zwischen einem anonymen illegalen Arrangement, das man sich im naiven Jieper, das eine, das einzig wahre Stück unbedingt selbst spielen will, einmal ausgedruckt hat, sich ein ums andere Mal an der Tastatur damit rumgequält hat (die Anforderungen sind ja viel zu hoch, man hat sich überschätzt oder es ist einfach Käse und langweilig obendrein) – und einem Arrangement, das offset-gedruckt auf Papier, in Broschur gebunden, ausleihbar in einer Bücherei ... also ich habe diesen meinen Ausdruck dann schnurstracks dem Altpapiercontainer überantwortet, denselben verbrannt, bin in die nächste Polizeistation und habe mich selbst angezeigt, die haben mich in so einer Kammer gefoltert, ich musste die UN-Antifolterkonvention hundert mal verlesen und liebe jetzt also den Großen Bruder ... ;)

Tja, irgendwie schade, dass man ständig nur reproduzieren will in Aberkennung der Tatsache, dass in Musiknoten allerhand Probieren, Klimpern, Hören, Spielen, Diskussion mit dem Produzenten, all das mit Geduld und Spucke steckt, kurz: Lebenszeit, die man einer Sache widmet.
Aber nicht zuletzt auch der ganze Profit der Musikindustrie, oje, also, nur mal angenommen, du interpretierst so viel besser als der Urheber und du stellst das einfach so auf Youtube und kassierst die Werbeeinnahmen! – Das muss unterbunden werden, also schon ein jeglicher Versuch, sich als Privatmensch irgendwelche Rechte einzuholen, muss umgehend in toten Warteschleifen erstickt werden wie der Schall im Dämmmaterial eines Aufnahmeraums. Das ist nicht vorgesehen, entweder du besorgst dir Noten im Fachhandel oder du komponierst was eigenes oder du bist halt ein Narr und hast Schelte von egal wem verdient. Wie es auch mal gut geht, wenn man bei Rot über die Ampel geht/fährt, hat man keine Garantie, dass dem immer so ist, gell.
 
Daß die Brecht-Erben keinen Spaß kennen, was geistiges Privateigentum angeht, ist allgemein bekannt. Kapitalismus ist nur böse, wenn er anderen zugute kommt.
 
Wie gerecht ist das eigentlich alles. Wenn jemand vor längerer zeit mal was im Orchester gespielt, wenn das heute noch gezeigt wird , zack Geld.
Warum bekomme ich kein Geld wenn die Autos die ich mal gebaut habe weiterverkauft werden?
Nur weil das eine Handwerk ist und das andere nennt sich Kunst?
 
Warum bekomme ich kein Geld wenn die Autos die ich mal gebaut habe weiterverkauft werden?
Wenn Du das Auto zum Teil mit entwickelt hast (also eine Lizenz auf irgend was hast) und das Auto vervielfältigt wird, bekommste auch Geld dafür.
Für eine gebrauchte, wieder verkaufte Aufnahme (z.B. ne CD oder Videokassette) bekommt der Urheber auch nix, genau so wie bei Autos.
 
Wie gerecht ist es eigentlich, dass materielles Vermögen (z.B. eine Autofabrik) über Generationen weitervererbt werden kann, immaterielles Vermögen (z.B. eine Sinfonie) aber 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers an die Allgemeinheit fällt?
Die Autofabrik wird durch die Erben weiterentwickelt, egal in welche Richtung. Die Sinfonie dagegen bleibt in der Regel unangetastet im Ursprungszustand.

Unabhängig davon: Ich finde die Regelung, durch die nach dem Tod des Urhebers dessen Kinder-Generation von den Werken finanziell profitieren kann, das Werk nach Ablauf der 70 Jahre jedoch zum kulturellen Allgemeingut wird, sehr fair. Immerhin ist Kultur etwas, das ein Identifikationsangebot für eine ganze Gesellschaft ist und nicht Einzelne bereichern soll.
 
Unabhängig davon: Ich finde die Regelung, durch die nach dem Tod des Urhebers dessen Kinder-Generation von den Werken finanziell profitieren kann, das Werk nach Ablauf der 70 Jahre jedoch zum kulturellen Allgemeingut wird, sehr fair. Immerhin ist Kultur etwas, das ein Identifikationsangebot für eine ganze Gesellschaft ist und nicht Einzelne bereichern soll.
Das finde ich auch. Aber es gibt ja - auch hier - offensichtlich Leute, die Kompositionen sogar noch lebender Urheber für Allgemeingut halten, an dem sie schamlos eigene Rechte beanspruchen dürfen. Davon abgesehen: die Rechte an einer Marke haben Ewigkeitscharakter, die Rechte an einem künstlerischen Nachlass nicht.
 
Wenn jemand vor längerer zeit mal was im Orchester gespielt, wenn das heute noch gezeigt wird , zack Geld.
Ist das in Anbetracht heutiger Medientechnologie, die es erlaubt, ein Konzert ohne relevante Qualitätsverluste der Musik selbst (vom Darbietungskontext sei mal abgesehen) in dein Wohnzimmer zu zaubern, nicht mit einer erneuten Aufführung vergleichbar? Gut, in einer echten Aufführung ist es nicht ausgeschlossen, dass die Erste Geige ihren Bogen fallen lässt, bei einer Youtube-Konserve schon. Aber die Sinneserfahrung der Musik ist vergleichbar.

Was mich interessieren würde: Müssen die Brechterben von ihren Tantiemen Erbschaftssteuer abdrücken?
 

Paß auf, daß Mick Dir auch da keine Konkurrenz macht. Zuzutrauen wär‘s ihm.
 

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