Woher weiß ich, in welches Konsonante Intervall ich ein Dissonantes Intervall auflösen muss? (Sofern es dafür überhaupt das eine, harmonisch Korrekte Intervall gibt.)
Hallo Mathiéu Alou,
Dissonanz - das Salz in der Suppe.
Bei einem isoliert dastehenden dissonanten Zweiklang ist nicht unbedingt ersichtlich (erhörbar) welche der beiden Komponenten stärkere Strebewirkung hat und sich somit bewegen muss. In einem entsprechenden harmonischen Kontext kann die Auflösung oft bindend sein, will sagen, oft erwartet das Ohr eine ganz bestimmte Auflösung.
Da wir nun ganz am Anfang dieses Harmonielehrekurses stehen, das Erlernen der Intervalle aber immens wichtig ist, wäre es angebracht ein paar sinnvolle Übungen vorzuschlagen die den Rahmen nicht sprengen. Dazu wähle ich den diatonischen Tonraum von C Dur, indem ja alle Dissonanzen, außer einigen ungebräuchlichen Verminderten und Übermäßigen, vorkommen.
Franz Sauter erklärt in seinem Buch "Die tonale Musik" eine Dissonanz unterscheide sich dadurch von einer Konsonanz, da sie in sich ein tonales Verhältnis enthielte.
Geht man davon aus, dass Konsonanz ausschließlich innerhalb einer Funktion (Dur oder Molldreiklang einer Tonart) besteht, hat er nicht ganz unrecht.
Die Konsonanzen sind allesamt in einem Dreiklang (+Oktave) und dessen Umkehrungen enthalten.
In C Dur wären das die Töne C, E, G für die Tonikafunktion. Mit diesen 3 Tönen lassen sich alle Konsonanzen darstellen.
Dissonanz hingegen wird immer gebildet mit zwei Tönen aus Akkorden gegensätzliche Funktionen, also z.B. ein Ton aus dem C Dur Dreiklang (=Tonikafunktion) und ein Ton aus dem G Dur Dreiklang (=Dominantfunktion). Z.B. die Intervalle C/D oder C/B (B=Bb).
Oder auch aus Subdominant- und Dominantfunktion. Z.B. die Intervalle F/G, F/B, B/C.
Eine Dissonanz hat also in sich selbst eine Spannung da sie Töne zweier unterschiedlicher Funktionen enthält. Daraus entsteht also das Auflösungsbedürfnis.
Spiele mal im Bordun Stil, d.h. die linke Hand spielt auf dem Klavier immer den Ton C, die Rechte ganz langsam und bewußt die C Dur Tonleiter Stück für Stück auf und ab. Sicher wirst Du bemerken dass sich dabei immer Konsonanz mit Dissonanz abwechselt.
In diesem Falle ist natürlich die untere Komponente sehr gewichtet, da sie den Eindruck eines Tonikagrundtones vermittelt. Die Oberstimme wird also im Falle einer Dissonanz dabei immer als Strebeton gehört. Aber trotzdem, lass' es mal auf Dich wirken und versuch zu realisieren, dass die Auflösung des oberen Strebetons sowohl nach unten als auch nach oben geschehen kann.
Da neben jeder Dissonanz eine Konsonanz liegt, musst Du dazu nur einen Sekundschritt aufwärts, bzw. abwärts gehen. Du wirst merken dass bei dieser Übung die Abwärtsauflösungen stärker wirken als die Aufwärts (Leitton ausgenommen). Das liegt an dem Kontraktionsprinzip denen auch die Akkorderweiterungen (davon werden wir später erfahren) unterliegen. Aber natürlich kann der Strebeton sowohl aufwärts als auch abwärts in die Konsonanz geführt werden.
In jeder Bach Fuge wirst Du dazu massenweise Beispiele finden.
Wenn Du jetzt auf den Bordun-Stil verzichtest, kannst Du auch die untere Komponente der Dissonanz als Strebeton verwenden. Bleibe dazu aber auch vorerst in C Dur, da es sonst zu unübersichtlich wird. Denke auch immer daran dass die Dissonanz ein Gebilde aus entweder Tonika/Dominante oder Subdominante/Dominante ist. Die Auflösungskonsonanz kann dann entweder tonisch, subdominantisch oder auch dominantisch sein.
Ich glaube so macht Intervallüben Sinn und eventuell auch Spass.