Klavier totgestimmt ?

Es gibt übrigens eine Untersuchung aus dem Jahr 1954, wo getestet wurde, inwiefern Choir-Reinheit überhaupt erwünscht ist. Die Choire eines Flügels wurden in verschiedenen Bedingungen gestimmt. Entweder absolut schwebungsfrei oder aber die äußeren Saiten verstimmt zur mittleren Saite. Entweder um 1/2, 1, 2 oder 3 Cent verstimmt (die linke Saite um diesen Centbetrag tiefer, die rechte Saite höher). Das Ergebnis: am meisten bevorzugt wurde die Verstimmung um 1 oder 2 Cent. Musikalisch trainierte Leute bevorzugen eine schwächere Verstimmung als untrainierte.

http://scitation.aip.org/content/asa/journal/jasa/31/12/10.1121/1.1907673

Unter diesem Link findet man nur die Zusammenfassung, nicht aber den Volltext. Von daher weiß ich nichts über die Details. Aber das kann ich kaum glauben! Beim A4 (=440 Hz) entspricht 1 Cent 0,25 Hertz. Bei 2 Cent Abweichung bedeutet das ja, das innerhalb eines Choires die Frequenzen folgendermaßen wären: 439,5 Hz, 440 Hz und 440,5 Hz. Und das mögen die Leute?? Oh man, ich glaube, ich gebe mir viel zu viel Mühe beim Stimmen :-D
 
Oh man, ich glaube, ich gebe mir viel zu viel Mühe beim Stimmen :-D
Ich glaube nicht, dass das der Fall ist. Ich denke man macht das - wenn man offene Ohren hat nämlich ganz von alleine.
Ich habe für das Phänomen zwei Erklärungen gehört, eine von Stefan Knüpfen (er schildert das im Bonusmaterial, der pianomania DVD), die mir reichlich esoterisch vorkommt und eine physikalisch plausible im Band Physik der Musikinstrumente im Spektrum Verlag (leider vergriffen), aber es gibt auch Material von dem Autor im Netz:

https://www.speech.kth.se/music/5_lectures/weinreic/weinreic.html

Im wesentlichen meint er, dass durch leichtes Verstimmen der Chöre die Klangfarbe beeinflusst wird, indem sich die Mischung aus perkussivem Sofortklang und Nachklang verändert. Zitat: " Ein geschickter Klavierstimmer nutzt sie wahrscheinlich, um die Auswirkungen baulicher Ungleichmäßigkeiten zu kompensieren und die Stärke des Nachklangs von Ton zu Ton zu harmonisieren."

Das entsprich auch meiner Erfahrung, dass es einen Bereich gibt, wo ich schiebungsfrei bleibe, aber eine Änderung der Klangfarbe zu bemerken ist. Auch wenn ich die Stimmungen anderer Stimme, die mir gefallen haben interessehalber nachgemessen habe, konnte ich das beobachten.

Grüße

Zweitfluegel
 
Ich habe schon gehört, dass Flügel in Konzerthäusern/Opernhäusern teilweise sogar in der Pause nachgestimmt werden, da sie sich schon wieder leicht verstimmt haben.

Das habe ich kürzlich beim Augsburger Mozartfest gesehen. In der Pause kam der Chef des Musikhauses, das den Flügel gestellt hat, mit seinem Werkzeugkoffer auf die Bühne und hat eine Viertelstunde am Diskant herumgestimmt. Den Saal hat er damit ganz schnell geleert ;)
 
Ich muss zugeben, ich habe in diesen Thread schon viel gelernt.
Heute brachte ein Kollege von mir ein Tescam 2D Aufnahmegerät.
Habe versucht paar Aufnahmen zu machen, was nicht einfach ist.
Anschließend am Mac mit Audacity geschnitten und nach MP3 gewandelt (wegen der Größe).
Hier Andante Grazioso (Anfänger Version) File 0028
Für mich hört sich unmöglich an :-(
und einzelne Töne der mittleren Oktave File 0029
Die Dateien habe ich auf Dropbox gelegt.
https://www.dropbox.com/sh/iir43vu6pppl0qp/AABQ8-1beogALLnbZY74ebFta?dl=0
Die Files liegen auch als WAV im Ordner.
Bitte nicht zuviel von der Aufnahmequalität erwarten.
 
Wie schon gesagt, stimmt jeder die Chöre etwas anders. Für mich hören sich die Klangbeispiele aber nicht unangenehm an. Schöne reine Chöre, ohne dass sie wegen zu viel Reinheit schwächeln.

Kann es sein, dass das Klavier vorher sehr verstimmt war? Ich würde da drauf tippen oder dass Du das veränderte Obertonspektrum durch die andere Stimmhöhe merkst.

Um das herauszufinden müsste man noch einmal auf 444 Hz stimmen, so dass Du das vergleichen kannst.
 
Ich muss zugeben, ich habe in diesen Thread schon viel gelernt.
Heute brachte ein Kollege von mir ein Tescam 2D Aufnahmegerät.
Habe versucht paar Aufnahmen zu machen, was nicht einfach ist.
Anschließend am Mac mit Audacity geschnitten und nach MP3 gewandelt (wegen der Größe).
Hier Andante Grazioso (Anfänger Version) File 0028
Für mich hört sich unmöglich an :-(
und einzelne Töne der mittleren Oktave File 0029
Die Dateien habe ich auf Dropbox gelegt.
https://www.dropbox.com/sh/iir43vu6pppl0qp/AABQ8-1beogALLnbZY74ebFta?dl=0
Die Files liegen auch als WAV im Ordner.
Bitte nicht zuviel von der Aufnahmequalität erwarten.

Hallo,
höre bitte damit auf, dir einzelne Töne anzuhören und zu bewerten.
Du verdirbst dir jede Freude am Klavierspiel. Achte bitte vielmehr auf das zu spielende Stück. Da gibt es viel zu tun.

LG altermann
 
Hallo Neoman,

An den Klangbeispielen kann man zumindest keine krassen Ungereimtheiten an der Stimmung dieser paar Töne fest stellen. Auch finde ich den Ton recht lebendig, wie Mawima bereits geschrieben hat. Wahrscheinlich haben die Töne vorher mehr geheult und sind Dir dadurch langanhaltend vor gekommen? Ehrlich, ich weiß es nicht. Für so eine Situation wünschte ich mir die Aufnahme davor, als Dir der Klang noch gefiel.

LG
Michael
 
Das die Chore rein zueinander passen kommt so gut wie nie vor, es ist also ein Unding diese reinstimmen zu wollen oder zu können. Aber dies ist ja von der Konstruktion eines Klavieres ja wohl so gewollt, klängen alle 3 Saiten identsch, tät auch eine reichen - gerad wie beim Clavichord. Diese 3 Saiten ( im Diskant) schwingen in verschiedene Richtungen, wodurch es zu Frequenzüberlageerungen kommt, welche den Ton dominanter macht. Ein chorrein gestimmter Ton, ist noch lange nicht stimmig in mathematischer Hinsicht. Das Instrument sollte so chorrein wie möglich gestimmt werden, ist der Diskant zu schwach, kann man ihn schon mal leicht "verstimmen" so daß durch Frequenzüberrlagerungen eine gewisse Dominanz erreicht wird.

Viele Grüße

Styx
 
...es ist also ein Unding diese reinstimmen zu wollen oder zu können. Aber dies ist ja von der Konstruktion eines Klavieres ja wohl so gewollt, klängen alle 3 Saiten identsch, tät auch eine reichen .....Diese 3 Saiten ( im Diskant) schwingen in verschiedene Richtungen, wodurch es zu Frequenzüberlageerungen kommt....

Diese Thesen würde ich irgendwo zwischen "interessant" und "gewagt" einordnen.
 
Ich bin inzwischen selbst etwas am zweifeln.

Wenn ich mir ein Auto kaufe, gehe ich in den Laden, mache eine Probefahrt, eventuell fahre noch ein anderes Modell, bezahle es und bekomme exakt das was ich gekauft habe.

Beim Klavier, teste ich im Geschäft ein paar Klaviere. Entscheide mich für ein "Modell" nach Klang.
Bezahle es (natürlich).
Zu Hause wird es aufgestellt, gestimmt. Nun klingt es aber nicht so wie ich es gekauft habe.
dabei kann man dem Händler nichtmal einen Vorwurf machen da es beim Transport sich verstimmen kann.

Wo gibt es noch so etwas im reellen Leben ?
Übertragen auf Auto, bestellt Metallic glänzend und bekomme Metallic matt.
 

Du bekommst auch beim Klavier exakt das Modell, das Du gespielt hast, nur klingt es bei Dir zuhause ganz anders. Das hat aber nicht mit der Verstimmung als mit der Raumakustik zu tun.
Du weißt, wie das Klavier im Laden geklungen hat und kannst nun versuchen, Deinen Raum akustisch anders zu gestallten.
Wenn Du das Klavier zurück in die Ausstellung des Händlers fahren würdest, würde es dort wieder so klingen, wie Du es im Ohr hattest.

Versuche aber zumindest mal, Dich auf eine gute Stimmugn einzulassen. Eventuell war das Instrument im Ausstellungsraum auch nicht perfekt gestimmt und Dir gefiel das, was für jeden anderen Musiker ein no-go wäre. Jetzt hörst Du das Instrumente zum ersten mal richtig gestimmt und bist irritiert.
 
Ein ganz laienhafter Rat, da du eben anfängermäßig spielst, legato noch nicht richtig funktioniert, also die Töne zu ruckig losgelassen werden (gedämpft werden), klingt es nicht.

Versuche doch einfach mal ein paar Takte, die harmonisch es zulassen, mit dem rechten Pedal zu spielen - vielleicht tun sich dann ja Wunder auf (damit nimmst du spieltechnisch den Abwürger des Klangs aus dem Rennen) :idee:
 
Wo gibt es noch so etwas im reellen Leben ?

Das gibt es ganz oft im Leben. Zum Beispiel bei Möbeln, Vorhängen, Tapeten, Wandfarben etc. Die können im Laden oder auf einem Bild in der Zeitschrift ganz toll aussehen und bei dir zu Hause (anderer Raum, andere Lichtverhältnisse etc.) einfach nicht zur Geltung kommen. Oder die tolle Jeans der Freundin, die an mir einfach nur unvorteilhaft aussieht, weil ich eine andere Figur habe.
Obwohl es sich immer um die gleichen Gegenstände handelt, können die je nach Umgebung/Träger ganz anders wirken.
 
Ich hab Neoman um eine Aufnahme gebeten, damit wir uns einen Höreindruck verschaffen können und nicht um ihn beim Klavierspielen zu korrigieren. Das war niemals der Plan!

LG
Michael
Falls du dich auf meinen Post beziehst - Klang erzeugen ist ja eben nicht nur Taste drücken, sondern eben wie eine musikalische Figur ineinandergefügt und wo die einzelnen Bestandteile zusammen dann den Klang formen. Pedaltreten war keinesfalls gemeint zur Verbesserung des Stückes - kann ja sogar kontraproduktiv sein, sondern einfach um mal einen anderen Klang zu erzeugen.

Wenn im Geschäft jetzt die Akkustik einen angenehmen Hall hergibt, so dass auch Anfängertöne im Raum zu einem akkustischen schönen Klang verschmelzen,so ist zuhause im womöglich mit Teppichen, Polstermöbeln und Vorhängen, kleinem Raum, niedriger Decke, bei gleicher Spielweise eben ein anderer Ton.
 
@elli, Du meinst also ein Pianist hätte so zu spielen daß die Stimmung hinkommt? Der Gedanke gefällt mir, bisher war es nämlich umgekehrt :rauchen:

Viele Grüße

Styx
 
Falls du dich auf meinen Post beziehst - Klang erzeugen ist ja eben nicht nur Taste drücken, sondern eben wie eine musikalische Figur ineinandergefügt und wo die einzelnen Bestandteile zusammen dann den Klang formen. Pedaltreten war keinesfalls gemeint zur Verbesserung des Stückes - kann ja sogar kontraproduktiv sein, sondern einfach um mal einen anderen Klang zu erzeugen.

Wenn im Geschäft jetzt die Akkustik einen angenehmen Hall hergibt, so dass auch Anfängertöne im Raum zu einem akkustischen schönen Klang verschmelzen,so ist zuhause im womöglich mit Teppichen, Polstermöbeln und Vorhängen, kleinem Raum, niedriger Decke, bei gleicher Spielweise eben ein anderer Ton.
Du magst ja recht haben, aber es geht um die Klavierstimmung und ob die Töne richtig gestimmt sind. Es geht um nichts anderes. Neoman hatte nie vor gehabt sein Klavierspiel in eine Beurteilung mit einfliessen zu lassen. Vorher hatte er ja auch nicht anders gespielt, als seinem Empfinden nach der Klang noch lebendig und in seinen Ohren schön war.

Wenn mich jemand fragt, ob ich finde, dass die Hose gut geschnitten ist, werde ich ihm nicht sagen, wechsle das Hemd, dann passt es... Die Hose muss ohne Hemd als schön oder elegant oder was auch immer bewertet werden können. Und wenn er mir ein Bild von sich in der Hose zeigt, um das zu beurteilen, werde ich niemals sagen, wenn Du einen Ernährungsberater aufsuchst und all das tust, was er Dir aufträgt gefällt Dir die Hose bzw. kann ich sie besser beurteilen.
;-)

LG
Michael
 
Du magst ja recht haben, aber es geht um die Klavierstimmung und ob die Töne richtig gestimmt sind. Es geht um nichts anderes.

Ich dachte es geht um den Klang, der wie man jetzt gelernt hat, einerseits durch optimale Stimmung nach Gehör auch der Chorsaiten untereinander, zu optimieren ist, andererseits aber sehr wohl auch vom Ambiente abhängig ist - also ein Klavier in der Turnhalle, oder einer leeren kalten Kirche, ist was anderes als in der Kneipe nebenan, oder in der guten Stube, und dem Ambiente, das auch Beginner leuchten lässt, oder ersterben....

@elli, Du meinst also ein Pianist hätte so zu spielen daß die Stimmung hinkommt? Der Gedanke gefällt mir, bisher war es nämlich umgekehrt :rauchen:

Viele Grüße

Styx
Nicht die Stimmung, aber der Klang spielt sehr wohl eine Rolle bei der Spielweise - in stark hallender Umgebung wird wohl keiner atemberaubende Tempi spielen, die kommen nämlich nicht als virtuoses Klangwerk daher, sondern nur noch als undefinierter Krachbrei. Dito gilt für Lautstärke, und Pedalgebrauch, die passend zur Umgebung sein muss - der 2,80m Konzertflügel steht ja auch nicht unbedingt im Wohnzimmer.....
 

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