Das ist ja hochspannend.
Die Reihe "C, C, Csus2, Csus2, Csus4, Csus4, C, C" würde ich im Kontext persönlich wahrscheinlich spontan als polyphon empfinden, also die Ecktöne (c-g) als Liegetöne, und dazwischen die Melodie e-d-f-e. Das wäre eher eine Generalbass Betrachtungsweise, als eine Harmonielehre Betrachtungsweise.
Aber in anderen Kontexten würde ich den Akkord sicher mehr als Harnomie hören, und dann hätte die Überlegung, Csus4 eher als G7sus4 zu erleben, was.
Inzwischen glaube ich, bei C, Csus2, Csus4 den Csus4 in seiner Funktion als subdominantisch zu empfinden. Es passt gut, danach einen G zu spielen und schlussendlich mit C aufzulösen. Das würde wiederum heißen, das Zentrum des Csus4 im F zu hören.
Es könnte aber auch heißen, dass ich Abseits des Kanon in D kaum Stücke aus dem Generalbasszeitalter kenne. Vielleicht biegen sich meine Ohren die funktionale Deutung zurecht, weil ich Funktionsharmonik gewöhnt bin und mir eine IV-V-I-Verbindung hindenke.
edit: Die Melodie-Deutung funktioniert nach einigem Probieren für mich auch. Wenn ich einfach die Töne e'-e'-d'-d'-f'-f'-e'-e' spiele, gibt das durchaus etwas vom Gefühl der Akkordfolge.
Auch im Zusammenhang mit Deiner Überlegung im anderen Thread, Moll als Subdominantseptime zu sehen, hier mal Denkanstöße:
- einige Stellen in Schubert-Werken wären nur dann hörerlebnismäßig verständlich, wenn man den Dreiklang auf Stufe VII (z.B. in C wäre das h-d-f) als einen eigenständigen schwebenden VII-Stufe-Akkord mit dem Grundton h sieht (Wiener Stufentheorie) und nicht als einen verkürzten Dominantseptakkord auf g (nach Riemann).
- im Pop/Jazz-Bereich wird z.B. vom einem Adim gesprochen, wo die Klassik-Riemann-Theorie von einem verkürzten Dominantseptnonenakkord (Grundton wäre in dem Fall zum Beispiel f und der Akkord würde nach dem Tonika-Akkord B-Dur streben) sprechen würde. Wonach entscheidet man sich im Pop-Bereich, ob man den Akkord als Adim oder Cdim hört?
Den vii° als eigene Stufe zu deuten ergibt sich meiner (natürlich nicht besonders wichtigen) Meinung nach aus dem modalen Tonleiterkonzept. Dass die Stufe auf dem Leitton eine besonders starke Wirkung hat, leuchtet mir ein. Wenn Riemann die sieben Stufen in drei Hauptfunktionen einteilt, ergibt sich für vii° zwar eine Dominante, aber ich höre vii° je nach Kontext als eigene Stufe. Fast ohne eigene Tonalität, wobei mir im Vergleich der (nirgends tonleitereigene) übermäßige Dreiklang vorkommt als sei dessen Tonalität
noch schwächer.
Adim wäre A-C-Es, C-Dim ist C-Es-Ges. Mit verminderter Septime dann C-Es-Ges-Heses. (Hätte nicht gedacht, jemals Heses zu brauchen.)
Adim mit verminderter Septime und verminderter None ist A-C-Es-Ges-Heses. Um zu wissen, was ich höre, müsste ich erst mal wissen ob ich Heses nicht grundsätzlich zu A umdeute. Dazu gleich noch eine Extra-Bemerkung.
In Dingen Moll hilft mir die Betrachtung verminderter Akkorde erst mal nicht weiter (oder habe ich was übersehen?), die Betrachtung verkürzter Akkorde natürlich schon.
Zur Extra-Bemerkung. Ich hatte schon überlegt, ein Programm zu schreiben um Akkorde in reiner Stimmung zu erzeugen. So könnte man dann auch Heses von A unterscheiden, da die Frequenz anders wäre. Allerdings arbeiten wir ja im gleichstufig gestimmten chromatischen System und ich halte es für sinnvoll, auch in diesem Tonraum zu denken anstatt mit mikrotonaler Technik reine Akkorde zu erzeugen, die wir in der musikalischen Praxis so gut wie nie hören.