Gleichmäßigkeit Tempo - Hören leicht, Spielen schwer

Cee

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Liebe Wissenden,

ich höre Unregelmäßigkeiten sehr genau, allerdings nur passiv, nicht beim Spielen. Sind offenbar unterschiedliche Mechanismen im Hirn.

Was kann man unternehmen, um die Gleichmäßigkeit (zeitlich, im Takt) des Spiels zu verbessern? 'Losrennen' bzw. 'Einschlafen' aufs ganze Stück bezogen oder bestimmte Punktierungen, Triller sind nicht das Problem, sondern die Genauigkeit der einzelnen Anschläge: Immer wieder kommt irgendein Anschlag zu früh oder spät, was ich oft erst merke, wenn ich mir eine Aufnahme des eigenen Spiels anhöre.

Habe inzwischen bei Neuhaus, Gieseking nachgeschaut, aber nur Beschreibungen (zB Schnellerwerden bei lauten oder schwierigen Stellen), nicht Gegenmittel gefunden.

Was tun? Öfter Metronom nutzen? Mit guten Aufnahmen mitspielen? Ausnahmsweise leisen 16tel Beckenschlag dazutun (mein Metronom ist eine Drummaschine ;-) ) Ist's eine Frage des Fokus, sind manche Stellen nicht genug/richtig geübt?

Für Tipps dankbar,

Cee.
 
Entscheidend für die Gleichmäßigkeit ist das, was Autor Jozsef Gat die "zusammenfassenden Bewegungen" der Arme (und ich ergänze: des ganzen Körpers) nennt.

Die Finger dürfen nicht "aus sich heraus" bzw. isoliert "einer nach dem anderen" agieren, sondern - gemäß dem individuellen Rhythmus des Stückes bzw. der Stelle - jeweils eine bestimmte Zahl von Tönen müssen durch übergeordnete "Schwünge" des ganzen Arms zu einer rhythmischen "Schwungeinheit" zusammengefasst werden, und die Finger werden stets nur als untergeordnete Einheiten (zum "Ausmalen der feinen Details") tätig. Dabei müssen alle ruckartigen Bewegungen sowie kurzzeitiges "Stehenbleiben" der Arme 100% vermieden werden.

Aus Deiner Beschreibung kann ich bereits herauslesen, dass Du a) fingerzentriert spielst und Deine Arme zu stationär bzw. wahrscheinlich auch angespannt sind und b) Du nicht in übergeordneten rhythmischen Einheiten und "Pulsen" denkst, sondern Dich auf Ton-Einzelereignisse fokussierst.

Dies im obengenannten Sinne fundamental ändern, und die "Genauigkeitsprobleme" werden verschwinden. "Genauigkeit" bedeutet NICHT, Finger dazu zu erziehen, genau zur richtigen Zeit eine Anschlagbewegung auszuführen. Ein Metronom wird dazu nicht benötigt. Das Tempo insgesamt kann bei richtiger Ausführung und Auffassung im obigen Sinne sogar etwas schwanken; man wird das Spiel dennoch nicht als "ungenau" empfinden.
 
Dies im obengenannten Sinne fundamental ändern, und die "Genauigkeitsprobleme" werden verschwinden.
Das denke ich auch ... aber hast du auch einen Tipp, WIE man sich das erarbeiten kann?

Wie erkennt man z.B. einen sinnvollen Bogenschlag für zusammenfassende Bewegungen in einem neuen Stück?
Sollte man einfach anderen auf die Hände schauen, während sie das spielen, und dann versuchen, diese Abläufe zu imitieren (zumindest anfangs) oder gibt es in den Noten selbst ausreichende Anhaltspunkte für sinnvolle Übeeinheiten?
 
Zuletzt bearbeitet:
Dafür existiert die segensreiche Einrichtung des KL. Du musst mit einem guten (!!!) KL arbeiten, der wird Dir zunächst konkret an Stellen zeigen, wie es geht und wie die zweckmäßige Auffassung ist, und dann, nach geraumer Zeit sorgfältigen Übens und Verstehens, wirst Du auch mehr und mehr selber drauf kommen, was bei einer bestimmten Stelle zweckmäßig ist bzw. wie die Musik aufgefasst werden will.
 
Unregelmäßigkeiten bei welchen Anforderungen?

Läufe? Selbst die einfachsten Etüden mit Tonleitern haben eine rhythmische Struktur. Diese Struktur hervorheben, z.B. immer den ersten Ton einer 16tel Gruppe betonen und diesen Rhythmus notfalls mit dem ganzen Körper aufnehmen (leise mit dem Kopf und Oberkörper mitgehen). Das ist keine Spielweise für immer, sondern sie wird den Rhythmus verinnerlichen und das Augenmerk weg von den Fingern und Tasten auf die Musik lenken.

Akkorde, Akkordfolgen? Siehe oben, suche Dir rhytmisch einfach gestrickte Musik aus, warum nicht mal einen Marsch, bei dem alle Welt Ungenauigkeiten hört oder Walzer aus dem K&K-Milieu?

Ist Dein Klavier in Ordnung hinsichtlich der Ausgeglichenheit des Anschlagsgewichtes?
In meiner Kindheit und Jugend hatte ich auf Sauter-Klavieren zu üben, die nicht ausgeglichen waren.
(Früher wurden die Klaviere verkauft, ohne die Anschlagsgewichte auszugleichen. Diese Arbeit ist eben sehr intensiv und hätte die Instrumente verteuert. Einfache Kunden hätten den Unterschied sowieso nicht bemerkt.)
Immer dieselben Fingersätze bei denselben Stücken udn den gleichen Tasten, Ausgeglichenheit war dann erreicht, wenn ich die Unebenheiten dieser (Sau ...)-Instrumente verinnerlicht hatte. Mit dieser Vorprägung hatte ich dann an anderen Stellen zu kämpfen, ich hatte Unebenheiten und Unsauberkeiten en masse. Und das in jungen Jahren. Dass ich auf einem unausgegelichenen Instrument übe hatte ich zuletzt oder gar nicht gedacht. "Du musst eben üben!!" Erst viel später saß ich mit den Grammstücken unserer alten Küchenwaage am Klavier und habe die Misere entdeckt.
Das Ausbügeln dieser falschen Angewohnheiten habe ich dann mit den oben erwähnten Betonungen und anderen Instrumenten erreicht.

Lade doch mal deinen KL ein, um auf Deinem Instrument zu spielen. Vielleicht wird das ein sehr informativer Besuch!

Viel Erfolg!

Walter
 
Dafür existiert die segensreiche Einrichtung des KL.
:lol:
Mir war klar, dass da wieder Werbung für Klavierlehrer kommt.

Ich muss mir das nicht mehr erarbeiten. Ich erkenne sinnvolle Zusammenhänge (auch für Bewegungsabläufe) meist schon beim Lesen oder Hören und spätestens bei den ersten Spielversuchen.
Ich weiß nur nicht so genau, wie es dazu kam ... irgendwann war es einfach da.
Es bezieht sich nichtmal nur auf Klaviaturen und/oder Saiteninstrumente. Wenn ich eine Line höre, dann habe ich meist auch eine ungefähre Ahnung, wie ich das versuchen würde (auch bei Instrumenten, die ich selbst nicht spiele, mit deren Spieltechniken ich mich aber für Kompositionen beschäftigt habe).
Instrumentallehrer hatten damit eigentlich recht wenig zu tun.

Am Anfang konnte ich das natürlich auch nicht. Aber der ist mittlerweile 30 Jahre her.
 
Wie gut, dass wir Dich Schlaumeier hier haben. :027::dizzy:
Du bist nicht zufällig ein Zweitnick von "Dreiklang"?
 
Ich muss mir das nicht mehr erarbeiten. Ich erkenne sinnvolle Zusammenhänge (auch für Bewegungsabläufe) meist schon beim Lesen oder Hören und spätestens bei den ersten Spielversuchen.
Ich weiß nur nicht so genau, wie es dazu kam ... irgendwann war es einfach da.
Es bezieht sich nichtmal nur auf Klaviaturen und/oder Saiteninstrumente. Wenn ich eine Line höre, dann habe ich meist auch eine ungefähre Ahnung, wie ich das versuchen würde (auch bei Instrumenten, die ich selbst nicht spiele, mit deren Spieltechniken ich mich aber für Kompositionen beschäftigt habe).
Instrumentallehrer hatten damit eigentlich recht wenig zu tun.

Am Anfang konnte ich das natürlich auch nicht. Aber der ist mittlerweile 30 Jahre her.
Es gibt immer wieder Menschen, die werden geboren und können, sobald die körperlichen Voraussetzungen einigermaßen da sind, einfach spielen, es ist alles oder fast alles da, was andere sich erst erarbeiten müssen.
Martha Argerich gehört wohl zu diesen Menschen, Anne-Sophie Mutter wohl auch und einige andere.

Gehen wir recht in der Annahme, dass auch Du zu diesen Menschen zählst?
 
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Gehen wir recht in der Annahme, dass auch Du zu diesen Menschen zählst?
Nein ... ich konnte das definitiv nicht von Geburt an sondern musste mir das auch erarbeiten. Vielleicht fiel mir einiges etwas leichter als anderen, aber ich habe mich eigentlich nie als besonders begabt empfunden.
Singen kann ich zum Beispiel so gut wie garnicht.
 
Ich möchte zu den wunderbaren Tipps von @hasenbein noch erwähnen, dass es gut sein kann, einfach mal nicht so viel zu denken, sondern sich nur der Melodie hingeben. Dann regelt sich vieles von allein. Das Ohr ist ein wunderbarer Lehrer!
 

Was kann man unternehmen, um die Gleichmäßigkeit (zeitlich, im Takt) des Spiels zu verbessern? 'Losrennen' bzw. 'Einschlafen' aufs ganze Stück bezogen oder bestimmte Punktierungen, Triller sind nicht das Problem, sondern die Genauigkeit der einzelnen Anschläge: Immer wieder kommt irgendein Anschlag zu früh oder spät, was ich oft erst merke, wenn ich mir eine Aufnahme des eigenen Spiels anhöre.
Es hängt natürlich sehr davon ab, um welches Stück es sich handelt, aber bei einer einfachen rhythmischen Struktur (16tel, Achtel und Viertel beispielsweise) hilft es Vielen, die kleinste Einheit (16tel) schnell, gleichmäßig und laut zu zählen, während man spielt. Überhaupt ist das eigene Zählen ein probates Mittel um lebendige rhythmische Genauigkeit zu unterstützen.
Es ist IMMER nützlich und hilft auch die von @hasenbein angesprochene metrische Basis zu erzeugen, wenn man - weit weg vom nächsten Klavier! - das Stück in den Noten liest, innerlich hört UND dazu dirigiert.
 
Es ist IMMER nützlich und hilft auch die von @hasenbein angesprochene metrische Basis zu erzeugen, wenn man - weit weg vom nächsten Klavier! - das Stück in den Noten liest, innerlich hört UND dazu dirigiert.
Nein, das ist nicht immer nützlich.
Es gibt eine Menge Leute, die genau das nicht können (ich bin immer wieder froh, dass ich Noten beim Lesen im Kopf hören kann). Es hat eine Weile gedauert, bis ich das nicht mehr als selbstverständlich betrachtet habe.

Bei mir läuft beim spielen oft ein leises "Taketina" im Kopf mit (auf den Sechsehnteln), welches je nach Tempo noch durch rhythmisches Wippen bzw. Kopfbewegungen (meist Halbe oder Viertel) unterstützt wird.
Ich zähle allerdings nicht bewusst Sechzehntel ... aber irgendwie ist da (zumindest bei geradem 4/4-Takt) immer dieses "tackern" im Hintergrund ... und ja, das stabilisiert mein inneres Metrnonom (Schwungrad) in jedem Fall.

Manchmal halten die Finger sich aber trotzdem nicht freiwillig dran ... und wenn das an einer Stelle konzentriert auftritt, dann nehme ich diese Stelle und spiele sie ganz langsam (langsam genug, um mich auf jeden einzelnen Ton konzentrieren zu können). Meist klapprt eine Stelle danach auch in schnell sehr viel genauer und vor allem flüssiger.
Manchmal bemerke ich dabei sogar, dass das Problem ein ungünstiger Eingang in diese Stelle ist (das ich also davor einen Fehler drin hatte, der die Stelle unnötig verkompliziert hat).

Deinen Vorschlag setze ich um, während ich mir ein neues Übungssrtück aussuche ... bei Stücken, die ich bereits spiele, mache ich das eher selten (z.B. zur Überprüfung, ob ich es mir auch richtig gemerkt habe ... ich spiele ja nicht vom Blatt).
 
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Was kann man unternehmen, um die Gleichmäßigkeit (zeitlich, im Takt) des Spiels zu verbessern?

Ich bin kein Klavierlehrer und deshalb nicht der richtige um das zu beantworten. Aber da hier bisher nur wenige konkrete Uebetechniken genannt wurden, schreibe ich jetzt einfach mal was meine Lehrerin mir (auf meinen bescheidenen Stand) empfehlen wuerde:

1. Regelmaessig aufnehmen und wieder anhoeren, um Probleme aufzudecken und um Fortschritt messen zu koennen. Das hast Du ja bereits fuer Dich entdeckt.

2. Eine kurze Sequenz aus dem Stueck herausnehmen (z.B. 1-2 Takte), und separat wie folgt ueben. Und zwar mit Metronom, anfangs "quaelend" langsam eingestellt mit einem Schlag pro Note, spaeter schneller und mit mehreren Noten pro Schlag. Zunaechst alle Noten "f" spielen (fuer eine Weile). Danach jede erste Note von zweien "f" und die jeweils zweite "p". Danach umgedreht. Dann 3-er Gruppen und wieder jeweils Betonung auf der 1., oder der 2., oder der 3. Note. Und dann nochmal dasselbe mit 4-er Gruppen. Danach alle Noten "p", und zum Schluss mit Betonung an den Stellen gemaess Stueck (aber uebertrieben mit "f" und "p").

3. Die naechste Uebung waere einen anderen Rhythmus zu benutzen, ebenfalls mit einer kurzen Sequenz aus dem Stueck. Die jeweils erste von 2 Noten kurz spielen und die zweite lang (doppelte Zeit). Danach umgekehrt, also die jeweils anderen Note lang spielen. Anschliessend mit 3-er und 4-er Gruppen arbeiten und alle moeglichen Positionen fuer die lange Note durchackern. Je nach Stueck und Laenge der enthaltenen Phrasen/Laeufe kann es sich auch lohnen, noch groessere Gruppen zu bilden.

4. Eine ganz andere Uebung waere, das Stueck auf einem ausgeschaltetem Digitalpiano zu spielen. Die Bewegungsablaeufe sind dieselben wie immer, aber Du kannst Dich auf das rhythmische Klackern der Tasten konzentrieren ohne vom Inhalt der Musik abgelenkt zu werden.

Generell raet mir meine Lehrerin, lieber zuwenig "rubato" zu spielen, als zuviel. Auf keinen Fall wenn ein neues Thema praesentiert wird. Auf keinen Fall zweimal hintereinander an derselben Stelle (zB in einer Wiederholung). Und ueberhaupt nur sowenig dass ein Laie es nicht bemerkt.
 
Wenn Deine Lehrerin Dir tatsächlich so was rät (und es nicht nur das ist, was Du bislang aus ihren Aussagen herausgelesen hast...), dann muss man leider von Deiner Lehrerin abraten!

Nicht böse sein, dass ich jetzt nicht näher erläutere warum, aber Dein Text ist einfach zu geballt voll mit Unsinn.
 
Mir war klar, dass da wieder Werbung für Klavierlehrer kommt.

Ich finde, dass @hasenbein erstaunlich milde reagiert hat in Anbetracht dessen, dass Du meiner Erinnerung nach kein ausgebildeter KL bist (sondern nur aus Spaß an der Freude ein wenig unterrichtest). Aber falls ich Dich mit jemandem verwechseln sollte bitte ich um Entschuldigung, @DerOlf.
 
@Marlene: Du verwechselst mich nicht.

Um Festzustellen, dass @hasenbein fast grundsätzlich empfiehlt, den KL zu wechseln, sobald mal jemand seinen Unterricht schildert, dazu brauche ich kein KL-Diplom. Dafür reicht Lesen.

Aber wahrscheinlich hast du recht, wenn ich auch den Segen einer Ausbildung zum KL genossen hätte, würde ich wahrscheinlich verstehen, warum die Damen und Herren sich mit konkreten Übetipps so zurückhalten.
Eventuell könnte ich dann auch verstehen, warum @hasenbein es meist bei vernichtender Kritik belässt.
 
, das ist nicht immer nützlich.
Es gibt eine Menge Leute, die genau das nicht können (ich bin immer wieder froh, dass ich Noten beim Lesen im Kopf hören kann). Es hat eine Weile gedauert, bis ich das nicht mehr als selbstverständlich betrachtet habe.
Hallo! Wenn jemand ein Stück, welches er/sie/es so geübt hat, dass das Thema Tempo halten und metrische Regelmäßigkeit eine Rolle spielt, sich nicht wenigstens rudimentär (Melodie!) an Hand des vor ihm/ihr liegenden Notentextes vorstellen kann wie es klingt, dann hat entweder ein Klavierlehrer/eine Klavierlehrerin total versagt, oder es handelt sich um den - seltenen! - Fall tatsächlicher Musiktaubheit.

Eine der ersten Übungen im Klavierunterricht (besonders sinnvoll im Gruppenunterricht) ist es den Schüler mit einem Stift das aktuell Gespielte verfolgen zu lassen. D.h.: A spielt (ein angemessen übersichtliches Stückchen) und B weiß immer, wo A gerade ist.

Die Fähigkeit, sich ein unbekanntes Werk alleine aus der Lektüre des Notentextes detailliert vorstellen zu können und es ohne von Ferne ein Klavier gesehen zu haben zu erlernen bis zum perfekten auswendigen Vortrag ist eine gänzlich andere Nummer!
 

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