Was ist eigentlich in der Bildungspolitik und der praktischen Umsetzung in den letzten 30 Jahren besser geworden?
Frage für einen Freund.
Grüße
Häretiker
Nun ja, ein paar Kleinigkeiten haben sich schon verbessert.
- Die Digitalisierung hat, ich sage mal, "ein bisschen" Einzug gehalten in die Schulen. Corona war da hilfreich.
(Vorbei sein dürften die Zeiten, wo einem das Finanzamt schrieb: "Ihren Computer können wir nicht anerkennen. Ihre Kinder machen ja sicher Spiele darauf." Unsere Antwort: "Ein Kind hat einen eigenen Computer und das andere interessiert sich nicht so sehr dafür." Das interessierte niemand. Ich habe erst kürzlich die Unterlagen geschreddert. Mein Mann war immerhin für Computerraum und Schulnetz zuständig.)
- In den Grundschulen gibt es Betreuung (zumindest zeit- und teilweise).
- Die Auswahl von Schullektüren hat sich hie und da verbessert. Ich oute mich mal als Klassikfan, aber "Wallenstein" ist jetzt nicht wirklich der Brüller, auch nicht für einen Leistungskurs Deutsch und "Madame Bovary" im Original auf Französisch lesen ist auch mit motivierten Leuten etwas mühsam. (Beispiele für BaWü, 80er Jahre)
- Die Fehlerkultur ist anders geworden (das hat seine Licht- und Schattenseiten). Früher wurden in der Fremdsprache Fehler gezählt und mit der Wortzahl verrechnet; heute wird holistisch bewertet und der Stil spielt eine viel größere Rolle.
- Im Fremdsprachenunterricht wird viel mehr Wert auf Mündlichkeit und Hörverstehen gelegt.
- In Fächern wie NWT (Naturwissenschaft und Technik) wird auch praktisch gearbeitet (eine Brücke konstruieren, mit Legorobotern arbeiten ...)
- Schulgärten (oder Garteneckchen, je nach örtlichen Gegebenheiten) spielen eine größere Rolle.
- Die Berufsorientierung wurde deutlich ausgebaut und verbessert (in BaWü ist sie sogar in ein Unterrichtsfach integriert und wird bewertet).
- Auch Kreativität hat Einzug gehalten, sei es in der Mutter- oder in den Fremdsprachen.
- Für geflüchtete Kinder gibt es IVK (internationale Vorbereitungsklassen).
- Es gibt viel mehr Experten und Expertinnen im Unterricht, ganz gleich zu welchem Thema. (Meine persönlichen Highlights waren Freya Klier, Anfang der 90er Jahre (gut, das ist schon länger her) und - nicht allzu lange her - Muhterem Aras.)
Es ist nicht alles grottenschlecht bei uns.
Kleine Anekdote am Rande:
Neulich gab es bei uns in der Gegend eine Plakat-Protestaktion mit dem Thema: "Alles ist ganz furchtbar schlecht in Deutschland, alles geht den Bach runter, z.B. auch die Bildung!"
Der Clou: Das Plakat enthielt einen wirklich fetten Grammatikfehler. Da fragt man sich dann schon, wessen Schulbildung so schlecht war/ist.