Geht die Qualität den Bach runter?

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Sebi087

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16. Sep. 2021
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Hallo Zusammen,

mich würde eure Erfahrung zu folgendem Thema interessieren.
Ich selbst habe mich unheimlich bemüht, möglichst alle Tonarten spielen zu können.
Ja, das ist und war aufwendig und braucht bei manchem Lied auch mal 1, 2 Tage Zeit.

Aber: Letzte Woche gab es einen Liedplan in einer Gemeinde in der ich eine Vertretung gespielt habe.
Der musikalische Leiter vor Ort, selbst kein Organist wollte vorab den Liedplan einmal durchsprechen, was ja ansich nicht mal verkehrt ist.
Dann tauchten aber Lieder auf, die ich für völlig ungeeignet hielt und fragte nach warum man nicht passendere Lieder verwendet.

Die Antwort hat mich völlig verblüfft und darauf bezieht sich auch ein wenig die Frage ob die Qualität den Bach runter geht.
Er sagte: Die Lieder sind schön ja, aber für die nächste Messe kommt jemand zum spielen, der sagt, das er nur bis maximal 2 Vorzeichen spielt, am liebsten nur bis ein Vorzeichen und das dies gesetzt ist.

Ich war völlig verblüfft und von den Socken. Das habe ich noch nicht erlebt. Wir haben dann einfach auf den Liedzettel zwei Versionen mit Uhrzeiten geschrieben.

Wie ist das bei euch und wie ist eure Meinung dazu?
Ich finde das hart.

Liebe Grüße
Sebi
 
Hallo Zusammen,

mich würde eure Erfahrung zu folgendem Thema interessieren.
Ich selbst habe mich unheimlich bemüht, möglichst alle Tonarten spielen zu können.
Ja, das ist und war aufwendig und braucht bei manchem Lied auch mal 1, 2 Tage Zeit.

Aber: Letzte Woche gab es einen Liedplan in einer Gemeinde in der ich eine Vertretung gespielt habe.
Der musikalische Leiter vor Ort, selbst kein Organist wollte vorab den Liedplan einmal durchsprechen, was ja ansich nicht mal verkehrt ist.
Dann tauchten aber Lieder auf, die ich für völlig ungeeignet hielt und fragte nach warum man nicht passendere Lieder verwendet.

Die Antwort hat mich völlig verblüfft und darauf bezieht sich auch ein wenig die Frage ob die Qualität den Bach runter geht.
Er sagte: Die Lieder sind schön ja, aber für die nächste Messe kommt jemand zum spielen, der sagt, das er nur bis maximal 2 Vorzeichen spielt, am liebsten nur bis ein Vorzeichen und das dies gesetzt ist.

Ich war völlig verblüfft und von den Socken. Das habe ich noch nicht erlebt. Wir haben dann einfach auf den Liedzettel zwei Versionen mit Uhrzeiten geschrieben.

Wie ist das bei euch und wie ist eure Meinung dazu?
Ich finde das hart.

Liebe Grüße
Sebi
Das ist allerdings hart.
Ich kann es mir so vorstellen, dass es bei euch so ist, wie bei uns im Umland der Fall ist: vor allem in Urlaubszeiten sind kaum Organisten für anfallende Dienste zu finden, so dass man mitunter jemanden nehmen muss, der überhaupt nur eine Taste runterdrücken Kann...
( ganz leicht off topic: aus zuverlässiger Quelle wurde mir berichtet, dass in der Vergangenheit mal ein Schüler einer hiesigen Privatschule (NICHT MEINER) bei Jugend Musiziert beim F-moll-Präludium aus WC 2 sämtliche 4 Vorzeichen weggelassen hat:.. Gib dies doch als Vorschlag an die Verantwortlichen weiter. Auf diese Weise dürfte die singende Gemeinde sehr firm in Kirchentonarten werden)
 
Ach, die war teilweise schon immer unten am Bach...

Nein, das sind doch die Kirchen selbst schuld. Am liebsten alles umsonst. Und dann öffnet man Tür und Tor für irgendwelche Nichtskönner und Profilneurotiker. Und wenn es umsonst ist, dann schaut man nicht so genau hin. Und wenn das einer umsonst 20 Jahre lang schlecht gemacht hat, traut sich keiner mehr was zu sagen...wäre ja unchristlich.
 
Irgendwie beeindruckt mich die Angst vor Vorzeichen immer wieder, zumindest bei Leuten die älter als 10 Jahre alt sind. Mit dem Quintenzirkel ist das so einfach zu verstehen wenn man mal Tonarten hat, in denen man nicht so flüssig ist. Also zumindest das theoretische... Kann mir eher vorstellen, dass die Person keine Lust hat den Fingersatz auf fremde Tonarten anzupassen, aber das sollte man ja auch innerhalb von 1-2 Tagen schaffen, wenn man sich schon bereit fühlt die Messe zu begleiten... Klingt alles irgendwie sehr nach Faulheit, und egal was man von Religionen halten mag, finde ich es schon wichtig, dass einem die Religion auch wirklich ernst ist, und da ist Faulheit schon eher fehl am Platz, das gilt aber auch für die Kirchen, denen die Musik scheinbar nicht besonders wichtig sein kann. Was anderes sind vielleicht ernste Anfänger, die gerne mal für 1 bis 2 Stücke die Messe begleiten wollen, aber noch nicht so geskillt sind, aber eine wirkliche Vertretung die den ganzen Gottesdienst musikalisch gestaltet sollte schon mehr können.
 
Was für Kirchenlieder gibt es denn groß mit drei Vorzeichen, die man nicht gut (runter)transponieren kann, ohne unten zu tief zu werden?

(tiefes c ist schon schwierig, ein tiefes b wie bei Valet will ich Dir geben nur mit langem Anlauf.)

Einige Lieder in F-Dur werden jetzt in Es-Dur gesungen - okay, klar, weil da immer wieder hohe Töne zu singen sind (Nun danket alle Gott, Macht hoch die Tür). D-Dur könnte auch gehen.

Noch etwas: die entfernten Tonarten singen sich für die Gemeinde auch nicht so angenehm. Klingt anders und frembde Töne in der Kehle. Das kriegen die schon mit ("Herr Organist, Sie haben vorhin einmal so komisch gespielt.").
 
Die Qualität geht den "Bach" runter;-)

Im Juli/August war ich 4 Wochen im litauischen Klaipeda/Memel. In der dortigen Kirche der Franziskaner befindet sich seit 2013 eine tolle Riegerin III/P/37, die ich nach einer Sonntagsmesse (ohne Publikum!) traktieren durfte.
Am darauffolgenden Mittwoch kam ich kurz nach 17 Uhr arglos in die Kirche, um eventuell üben zu dürfen und traf dort auf den aus Bayern stammenden Pater Leopold, der mir eröffnete, dass ich doch zur 18-Uhr-Messe zumindest ein Prä- und ein Postludium spielen könnte.
Da ich erst im April mit Orgelunterricht begonnen habe und mein Repertoire für die Orgel noch sehr überschaubar war (und ist), wollte ich zu Beginn zum Herrn Jesus Christ rufen (BWV 639) und am Ende alle Menschen sterben lassen (BWV 643).
Denkste!:puh:
Nach den letzten Klängen des Choralvorspiels sprach der Pater ein paar einführende Worte. Dann kam von unten seine Aufforderung an mich, doch bitte wieder zu spielen. Aber was??:konfus:
Also habe ich schnell auf Rückpositiv und Brustwerk ein paar Register samt Tremulant gezogen und die Sarabande aus der 5. Französischen Suite gespielt. Später folgten noch die Sarabande aus der 5. Englischen Suite und während der Kommunion die Loure aus der 5. Französischen Suite.
Als Pater Leopold zum Schluss einen "Rausschmeisser" wünschte, vergaß ich, dass ich eigentlich alle Menschen sterben lassen wollte und spielte mit ziemlich vollem Werk das Preludio aus der 5. Englischen Suite.
Puh! Für Nervosität blieb mir keine Zeit.
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Ich habe es überlebt, Bach sowieso.:heilig:
Niemand ist schreiend aus der Kirche gerannt und der 79-jaehrige Franziskanerpater Leopold hat sich für eine außergewöhnliche Messe bedankt.
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Zuletzt bearbeitet:
Herzlichen Glückwunsch! Super hingekriegt! :super: So muss das!:drink:
 
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Reaktionen: trm

Ach, die war teilweise schon immer unten am Bach...

Nein, das sind doch die Kirchen selbst schuld. Am liebsten alles umsonst. Und dann öffnet man Tür und Tor für irgendwelche Nichtskönner und Profilneurotiker. Und wenn es umsonst ist, dann schaut man nicht so genau hin. Und wenn das einer umsonst 20 Jahre lang schlecht gemacht hat, traut sich keiner mehr was zu sagen...wäre ja unchristlich.
Ja kann ich nur bestätigen. Billig ist alles gut, und wenn Geld kosten soll, bezüglich Musikausbildung da wird gezögert. Die Posaunenchöre gehen auch die Bach runter, ich habe das Gefühl das die musikalische Kultur irgendwie leidet. Viele junge Menschen identifizieren sich nicht mehr mit Musik oder lernen auch erst gar kein Instrument. In Deutschland kommt mir dies leider so vor. Kirchenmusik liebe ich und spiele seit Jahren Trompete ( c Trompete 🎺) es gibt so wenig junge gute Musiker in Posaunenchöre und die älteren treten bald ab...weil die Lunge die Kraft verliert. Naja vom Thema weg ...wir reden ja über Tasteninstrumente...😁
 
Wir leben in einer Zeit, in der alles funktioniert. Wir laden uns eine App runter und prima!
Ich möchte sagen, es ist eine Minderheit, vor allem bei den Jugendlichen, die fleissiges Üben - egal ob Musik, oder Malen oder Sport - als eine beglückende Tätigkeit empfinden.
Eltern tun ihr Übriges, indem sie nur zu oft Begründungen erfinden, warum ihr Kind nicht in der Lage ist, etwas zu leisten.
Leistung hat immer ein gerüttelt Maß an Arbeit in sich, das ist physikalisch so vorgegeben, aber wer interessiert sich schon für Physik. Auch der Fachkräftemangel in unserem Land spiegelt das wider.
Leistung ist ein Unwort. Wer es benutzt, wird direkt in das falsche politische Lager geschubst.
Chillen ist die neue Arbeit.
Ich frage mich allerdings, wie ist das mit den tausenden von Hilfapps, wenn irgendwann niemand mehr weiß, wie man sie herstellt?
Staub zu Staub und Höhle zu Höhle...
 
Ich frage mich allerdings, wie ist das mit den tausenden von Hilfapps, wenn irgendwann niemand mehr weiß, wie man sie herstellt?
Dafür gibts dann 'no code' Ansätze und KI.
Da leidet zwar auch die Software-Qualität, aber wen intressierts. :016:

Irgendwann wird es hoffentlich eine Rückbesinnung geben.
Wo dann Arbeit, Leistung, lernen, Disziplin, Fokus etc. wieder etwas wert sind.
 
Wir leben in einer Zeit, in der alles funktioniert. Wir laden uns eine App runter und prima!
Ich möchte sagen, es ist eine Minderheit, vor allem bei den Jugendlichen, die fleissiges Üben - egal ob Musik, oder Malen oder Sport - als eine beglückende Tätigkeit empfinden.
Eltern tun ihr Übriges, indem sie nur zu oft Begründungen erfinden, warum ihr Kind nicht in der Lage ist, etwas zu leisten.
Leistung hat immer ein gerüttelt Maß an Arbeit in sich, das ist physikalisch so vorgegeben, aber wer interessiert sich schon für Physik. Auch der Fachkräftemangel in unserem Land spiegelt das wider.
Leistung ist ein Unwort. Wer es benutzt, wird direkt in das falsche politische Lager geschubst.
Chillen ist die neue Arbeit.
Ich frage mich allerdings, wie ist das mit den tausenden von Hilfapps, wenn irgendwann niemand mehr weiß, wie man sie herstellt?
Staub zu Staub und Höhle zu Höhle...
Das trifft es ganz gut. In der Schule noch schlimmer. Irgendwelche Superpädagogen überbieten sich mit blöden Ideen, wie es noch leichter für die Schüler wird. Gutes Beispiel: Schreiben nach Gehör. Hat eine ganze Generation zu Legasthenikern gemacht. Und wenn man sagt, Leute, das ist doch was wie in "Des Kaisers neue Kleider", ist man im Prinzip raus aus dem Spiel.
 
Wenn es nur Lehrer/innen gibt in der Grundschule ist man schon froh.
Meine jüngste Enkelin hatte in 4 Jahren 7 verschiedene Lehrkräfte, mit verschiedenen Ansätzen, da waren die Eltern und Familie Ersatzlehrer.
 
Leistung ist ein Unwort. Wer es benutzt, wird direkt in das falsche politische Lager geschubst.
Bis in die 60er Jahre predigten die Sozialdemokraten: „Wissen ist Macht“ und „Schickt Eure Kinder auf bessere Schulen“. Mitte der 60er Jahre kam der Sponti-Spruch auf: „Nichts wissen macht auch nichts.“ Von nun an ging’s bergab. Daran ändern auch die wohlfeilen Sprüche der Politiker von der „Wissensgesellschaft“ und vom „lebenslangen Lernen nichts. Zumal man Punkte bei jungen Leuten machen kann, wenn man als Ministerpräsident von Lehrern als „faulen Säcken“ redet. Auf der anderen Seite dann vollmundige Verlautbarungen wie „Jedem Kind ein Instrument“! Was ist eigentlich nach dem lauten Getöse daraus geworden? Jetzt heißt es nur noch: „Jedem Kind ein Laptop.“ Was wir brauchten: Jedem Kind ein Lehrer, damit es in der Grundschulzeit die wesentlichen Kulturtechniken: Lesen, Rechnen, Schreiben beherrscht. Aber das würde Geld kosten. Billiger ist es, die Rechtschreibung zu vereinfachen. Die „alternative Mathematik“ dürfte auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Was aus dem Qualitäts- und Hochtechnologieland Germany geworden ist, kann man an der Deutschen Bahn und der sonstigen desolaten Infrastruktur tagtäglich bewundern.

In den asiatischen Länder reibt man sich die Hände. Als ökonomische Mitbewerber rangieren wir unter „ferner liefen …“. Interessant sind wir derzeit noch als Konsumenten - bis unser Wohlstand aufgebraucht ist. - Aber trösten wir uns: Wir sind nicht die erste Hochkultur, die den Bach runtergeht. Was ist aus den Sumerern, Babyloniern, Persern, Ägyptern geworden? Entwicklungsländer, in den die richtige Gesinnung wichtiger ist als alles andere.

Und nun: Krönchen zurechtrücken und weiterüben!
 
Was ist eigentlich in der Bildungspolitik und der praktischen Umsetzung in den letzten 30 Jahren besser geworden?
Frage für einen Freund.

Grüße
Häretiker
 
Gutes Beispiel: Schreiben nach Gehör. Hat eine ganze Generation zu Legasthenikern gemacht. Und wenn man sagt, Leute, das ist doch was wie in "Des Kaisers neue Kleider", ist man im Prinzip raus aus dem Spiel.

Das Traurige an diesem Beispiel ist, dass es alles "Experten" waren, die das Konzept des Schreibens nach Gehör ausgearbeitet haben. Inzwischen ist erwiesen, dass es die Fälle von Legasthenie erhöht hat. Wenn es um die Bildung der Experten schon so bestellt ist, was soll dabei Vernünftiges rauskommen? G8 auf Teufel komm raus, ohne durchdachte Lehrpläne, ohne durchdachtes Unterrichtsmaterial. Dann Riesenprotest und Rücknahme des Zwangs dazu. Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung in inzwischen allen Ländern, Kinder, die sich durch's Abitur quälen um anschließend eine Ausbildung zu machen. Geld säckeweise zum Fenster rausgeschmissen, das in der Frühförderung jedem einzelnen Kind helfen könnte. Kognitiv genauso wie emotional.

Und trotzdem und auch trotz des letzten Bildungsberichtes stellt das angemessene Gendern und die Digitalisierung die einzige Herausforderung von Schulen dar, die es zu meistern gilt. Von der Noteninflation ganz zu schweigen, die jedem Kind das Gefühl gibt, in allen Bereichen gut zu sein. Gerade erst hat mir wer von einer Realschulklasse erzählt, in der ein Jahr vor dem Abschluss kein einziges Kind weiß, welchen Beruf es einmal haben möchte. Da darf man zurecht fragen: "Sieht denn hier keiner, dass der Kaiser keine Kleider anhat?"
 
Eine der unangenehmsten Entwicklungen, die ich im Laufe der letzten Jahre in diesem Zusammenhang beobachtet habe, ist der Trend zur "Unverbindlichkeit".

Die Leute wollen sich nicht fest an eine Gruppe oder ein Ensemble binde, nicht regelmäßig Proben, sich alles offen halten, nur für einzelne Projekte zusammenkommen, außerdem- vorallem bei Laien-, nicht regelmäßig Unterricht nehmen, sondern nur schwerpunktmäßig, weil man sonst auch wieder üben müsste, blablabla..
So kommt man auf Dauer aber auf keinen grünen Zweig, aber die Leute scheinen das nicht zu verstehen, oder auch nicht verstehen zu wollen.

Auf diese Weise dreht sich natürlich die Abwärtsspirale kontinuierlich, weil die musikalische Arbeit und das Endergebnis immer schlechter wird.
 

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