Mit dem Thema habe ich gerade ein echtes Problem: da ich Fehler beim Üben bisher IMMER korrigiere, tue ich das auch beim Vorspiel und treibe meine KL damit in den Wahnsinn... ich mache das ganz automatisch und kann es irgendwie nicht abstellen. Wenn ich die Stelle nicht richtig wiederhole, finde ich auch oft gar nicht mehr rein.
Wie kann man denn üben, über Fehler drüberzuspielen???
Liebe Viva la musica,
beim Üben setzt man sich ja verschiedene Ziele. Das können folgende sein:
1. Ziel: eine Stelle verbessern
Dabei ist es sinnvoll, so wenig Fehler wie möglich zu machen, möglichst keine. Wenn ein Fehler passiert, ist dies ein wertvoller Hinweis, dass etwas noch nicht klar ist - er sollte nur einmal passieren, ansonsten ist es sinnvoll, seine Übestrategie zu ändern.
Fehler sollten hier also sofort
korrigiert werden.
2. Ziel: durchspielen
Dies gerne am Anfang des Übens machen, damit mögliche Fehler nicht gespeichert werden. Anschließend kannst du die unsicheren Stellen rausgreifen und separat üben.
Beim Durchspielen sollten Fehler
kaschiert werden. Ich sag immer:
beim Üben präzise arbeiten, beim Durchspielen pfuschen.
Also: beim Üben sorgfältig arbeiten
, beim Konzert, beim Durchspielen sind Fehler egal
Bei diesem gesetzten Ziel des Durchspielens willst du also das lernen, was dir momentan noch schwer fällt: cool sein, durchatmen, pfuschen, dich auf die Musik konzentrieren, wobei Verspieler egal sind, Spaß haben, durchhalten.
Dabei helfen Einstiegsstellen, die als Sicherheitsnetz fungieren, so dass du überall einsteigen kannst, solltest du mal rausfliegen.
Das Gute ist: das Durchspielen lernt man, indem man es immer wieder übt, also immer wieder macht. Integriere also täglich mehrere Durchspieldurchgänge in den Anfang deines Übens - es wird allmählich besser werden.
Es gibt außerdem einige Tricks, mit denen man diese Dinge verbessern kann:
- nie zurück, sondern immer nach vorne springen bei Verspielern
- erstmal langsam durchspielen, es muss ja nicht sofort im Originaltempo sein
- einen falschen Ton korrigieren zu wollen, lenkt die Aufmerksamkeit gerade auf den falschen Ton, willst du das?
- im machbaren Tempo einen Takt auslassen beim Spielen und mental spielen, danach wieder einsetzen (das kann man auch zu zwei machen, wenn jeder abwechselnd nur zwei oder vier Takte spielt oder man die Melodie eines Taktes singt)
- stimmenweise üben, damit du flexibler auf Verspieler reagieren kannst (auch für die musikalische Umsetzung sehr sinnvoll)
- Einstiegsstellen kreuz und quer üben
- das ganze Stück in verschiedenen Tempi spielen, je nach Stück auch mal über Tempo spielen
- cool sein und Verspieler nicht so ernst nehmen, es geht um die Musik! Viva la Musica und nicht Viva la perfezione :))
- ein Verspieler betrifft erstmal nur die Tonhöhe. Rubinstein sagte: "Meine falschen Töne sind immer noch richtiger als die richtigen Töne anderer Pianisten"
- sich klar machen, dass Musik in der Zeit verläuft. Die Zeit für einen gespielten Ton ist, auch wenn er falsch war, vorbei. Wenn du diesen Ton nun richtig spielen willst, machst du derbe andere Fehler. Du verlängerst z.B. die Zeit für die Phrase und sie passt nicht mehr zu den anderen Phrasen im Verhältnis. Die Phrase stockt, der Fluss geht verloren.
- auf die Musik konzentrieren, auf die vielen richtigen Töne hören!!!
- und zum Schluss: die meisten Leute hören eh nix und schon gar nicht deinen Fehler.
Viel Erfolg und Spaß dabei!
chiarina