Fokus? Woran denkt Ihr beim Spielen?

  • Ersteller des Themas Treborsualk
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Ich kenne es auch noch so, dass Jazzkonzerte studentenlastig waren...

Meine These ist ohnehin, dass es ungefähr 2005-2007 herum einen großen kulturellen Schnitt gegeben hat. Natürlich war da das Aufkommen von Gesichtsbuch und schon vorher die diversen VZ und andere kleinere soziale Netzwerke. Aber da begann auch, dass die neue Generation die klassischen Ikonen so nach und nach nicht mehr kennt. David Bowie? wer ist das?

Im Bewegtbild laufen wieder(!) diese scheüßlichen hyperaktiven Animes und werden klebrige Computersounds gehört. Da ist Jazz halt auch schon zu handgemacht.

(Ich bin ja schon ein bisschen froh, dass die dreidimensionale Biene Maja nicht von allen Kindern so gemocht wird:puh: - wobei es mich schon wundert, dass die sich noch hält. Aber Timm Thaler wird wohl nicht wiederkommen.)
 
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Besucher von Popkonzerten, in der Mehrheit junge und sehr junge Menschen, erwarten etwas anderes als die bei Jazzkonzerten. Eine aufwendige Bühnenschau, in der Masse sich mittreiben lassen (das Gehirn auf passiv schalten), bekannte Songs hören und bei jüngeren Besuchern Party feiern mit Alkoholkonsum.
All das erwartet sie bei einem Jazz-Konzert nicht. Die Bühnenschau ist niemals aufwendig, aber die/der Musiker geben sich alle Mühe, das Publikum zu unterhalten und in Fahrt zu bringen. Massenerlebnisse sind aufgrund des zahlenmäßig begrenztem Publikums nicht möglich. Ein größeres Publikum erwartet einen eventuell nur bei den durch intensives Label-Marketing aufgebauten Stars der Branche oder bei Jazzfestivals.
Man hört auch bekanntes aber in neuer, anderer Fassung mitunter gar nicht so leicht wiederzuerkennen. Man muss schon gut zuhören, um alles mitzubekommen. Zwar kann man sich in Clubs auch abfüllen (einige Gäste machen das auch), wirkliche Partystimmung kommt ansatzweise aber nur bei besonderen auch so gelabelten Veranstaltungen auf (Sylvesterparty). Ein Jazzkonzert rückt musikalische Inhalte mehr in den Mittelpunkt, Popmusikkonzerte rücken andere Aspekte stärker in den Vordergrund.
Ein Beispiel: Als die Doldinger-Combo einmal auftrat, waren auch jüngere Gäste anwesend. Diese äußerten hinterher Enttäuschung, da sie außer der Tatort-Musik nichts wiedererkannt hatten und für gut befinden wollten.
 
Als einziger Jazzmusiker (im weiteren Sinne), der die Massen begeistert, fällt mir Jamie Cullum ein.

Und sehr populär war in den 90er-Jahren das Bandkollektiv „Jazzkantine“, eine Fusion aus Jazz und Hip-Hop, bei der zeitweise namhafte Jazzgrößen mitspielten. Die Band gibt es zwar immer noch, aber ihre Bekanntheit hat deutlich nachgelassen.

Ach, und noch davor gab es doch auch Bobby McFerrin und AlJarreau, die konnten auch die Massen erreichen.
 
Ich habe damals (1990) Barbara Dennerlein gehört, da war das Publikum bunt gemischt, mit-20er bis jenseits der 70, neben mir saß ein sehr netter alter Herr, der mir erzählte, wie er heimlich unter der Bettdecke 'Feindsender' gehört hat, als noch die Nazis in D herrschten.
'Birdland' von Wheather Report war auch in Charts (damals).
Das Esbjörn Svensson Trio war ja auch bekannt. Leider nie life gesehen, jetzt geht es nicht mehr.

Grüße
Häretiker
 
Ach, und noch davor gab es doch auch Bobby McFerrin und AlJarreau, die konnten auch die Massen erreichen.
Die beiden waren auch mehrfach in den Popcharts nach meiner Erinnerung. Das ist auch ein Modell: Man ist eigentlich Popmusiker. Wiedererkennungswert durch die Stimme/Art des Gesangs. Man platziert die Musik auch in den Jazz-Vertriebskanälen und tritt mit einem anderen Musiker, der definitiv dem Jazz-Bereich zuzuordnen ist, auf. Norah Jones versucht das beispielsweise auch, kommt aber von der Jazz-Seite. Wenn man direkt Popmusik produziert, schnellen die Absatzzahlen in die Höhe und reißen die Jazz-Alben mit. Vokalalben männlicher Solisten sind im Jazz eine kleine Nische. Da ist nicht all zu viel zu holen.
 
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Ich habe damals (1990) Barbara Dennerlein gehört, da war das Publikum bunt gemischt, mit-20er bis jenseits der 70, neben mir saß ein sehr netter alter Herr, der mir erzählte, wie er heimlich unter der Bettdecke 'Feindsender' gehört hat, als noch die Nazis in D herrschten.
'Birdland' von Wheather Report war auch in Charts (damals).
Du schätzt offensichtlich den Sound der Hammond-Orgel. Bei Weather Report (Forecast tomorrow) war dafür der Österreicher Joe Zawinul zuständig.
Barbara Dennerlein hatte ich auch einmal gehört. Sie hatte sich ihre eigene Hammond mitgebracht. Sie ist vielleicht eine der letzten Hammond-Spielerinnen. Der Sound ist irgendwie aus der Zeit gefallen. Sonderlich angetan war ich von diesem Instrument nie.

Es gibt auch Jazzer, die wandeln zwischen Jazz und Klassik hin und her. Der König des Salsa (''El Rey'') Tito Puente wurde einmal gefragt, was er zu Hause für Musik hört, hat er sinngemäß geantwortet, klassische Musik, weil er Salsa so viel gespielt hätte, dass er das nicht mehr hören könnte. Sogar Wanderer zwischen Pop und Klassik gibt es. Sting hat bei der Grammophon ein klassisches Album produziert und Campino hat bei Peter und der Wolf den Textpart übernommen.
 
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Eine befreundete Pianistin hat mir mal erzählt, dass sie stupide Sprünge im Silentmodus übt und dabei Game of Thrones guckt. Fand ich interessant, wäre aber nichts für mich.
Ich habe eigentlich selten den Kopf wirklich frei und denke viel über Alltägliches nach. Das ist beim Cello spielen nicht so. Liegt aber sicher tatsächlich an der Routine.
 
Ich finde das ist eine sehr interessante Frage. Auf der einen Seite hängt es davon ab, was ich übe. Es hängt natürlich alles zusammen, aber auswendig lernen hat mehr mit Denken zu tun, als Bewegungsabläufe einüben. Andererseits gibt es ja viele unterschiedliche Bewußtseinszustände.
Klänge hängen bei mir auch mit mehr oder weniger deutlichen Farben/Bildern zusammen. Nicht dass es einen fixen Zusammenhang gibt, aber so ähnlich wie Du oben sagst: "Nichts gilt nicht" - farblos als neutrale Eigenschaft gibt es nicht - wenn man hinschaut.
In letzter Zeit stellen sich (oder habe ich; schwer zu sagen ob aktiv oder passiv) bei manchen Stücken, die ich technisch hinreichend gut umsetzen kann, auch recht präzise bildhafte Eindrücke ein.
 
Manchmal stelle ich mir vor, ich hätte Zuhörer. Nicht aktiv, das kommt von selbst. Kein Konzeetsaal, sondern eher 3 Personen. Manchmal denke ich "Der Teil ist mir diesmal gut gelungen - schade, dass es außer mir niemand gehört hat." Manchmal 'erkläre' ich in Gedanken den imaginären Zuhörern Aspekte des Stücks.
 
Es hängt natürlich alles zusammen, aber auswendig lernen hat mehr mit Denken zu tun, als Bewegungsabläufe einüben.
Ich stimme Dir in fast allen Punkten zu, bis auf diesen: Nur wenige lernen wahrscheinlich die Noten auswendig - und das hat viel mit Denken zu tun. Bei häufigem Spiel eines Stückes stellt sich ja bei den meisten die Mitwirkung des Muskelgedächtnisses ein - und damit prägen sich die Bewegungsabläufe ein. (Ich beobachtete übrigens kürzlich einen Freund, bei dem das nicht der Fall war. Mit einem Blick konnte man sehen, dass er mit völlig inkonstanten Fingersätzen spielte. Das sabotiert natürlich jedes Muskelgedächtnis!)

Ansonsten sind die "inneren Bilder" ja ein sehr fruchtbares Thema. Das geht ja schon in diesem Thread von Vorausschau der Musik und Fingertänzen bis zur weiteren Abendgestaltung.
Besonders interessant wird es ja, wenn man Ideen des mentalen Trainings mit einbezieht. Eine Vorstufe ist sicherlich, die Tastenlandschaft vor sich sehen zu können und die Finger darin tanzend. Das füllt musik- und techniknah den Kopf ziemlich aus.
Technische Übungen und schon "hinreichend gut" umgesetzte Musik laden ja dann zum Blind-Spielen ein. Das find ich auch sehr hilfreich, aber schwierig.
 
Für das Gedächtnis ist ja die Verbindung verschiedener Bezugssystem wichtig. Nur das Muskelgedächtnis ist zu wenig, um ein Stück sicher auswendig zu spielen. Dazu gehört auch das Verständnis für Melodie, harmonische Zusammenhänge und Form.
Eigentlich sollten sich verschiedene Bezugssysteme wechselseitig verstärken, also Muskelgedächtnis, optischer Tasteneindruck, Sensorik der Fingerspitzen, Klangvorstellung ...
Ich habe dabei allerdings das Problem, dass sich für mich Notentext und Tasten nicht gut verbinden, also entweder oder. Also es gibt eine gute Verbindung Noten-Muskeln/Sensorik und eine andere Bild der Tastatur-Muskeln/Sensorik. Da gibt es dann eine Phase, wenn ich beginne auswendig zu spielen und anfange auf die Finger zu schauen, die verwirrend ist, kA ob es anderen vielleicht auch so geht oder ob ihr zwei optische Eindrücke verbinden könnt.
 

kA ob es anderen vielleicht auch so geht oder ob ihr zwei optische Eindrücke verbinden könnt
Ich hab die Macke dass, nachdem ich (selbstverständlich nach Noten) ein Stück eingeübt habe und dann gut auswendigspielen kann, eine weitere "Arbeit" mit Noten fast obsolet ist und echt Arbeit. Noten weg ist weg! Nicht gut, aber so isses bei mir. Die Hoffnung, ein Stück, das ich auswendig kann, besonders flüssig vom Blatt spielen zu können, läuft völlig daneben.

Was das "Verbinden" angeht, kann man optisch natürlich zu einem Objekt (Mensch) einen Hintergrund (Meer) imaginieren. Aber optisch Noten mit Tasten zu verbinden ist wohl nicht so einfach möglich. Beides läßt sich aber mit Klang verbinden, modale Addition. (Bilder von Tasten mit aufgeklebten Noten machen mich immer grausen! Didaktischer Bullshit.)
 
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Zu dem Cartoon, das @Nachtmusikerin verlinkt hat: Nur weil ich beim monophonen, einhändigen Spiel von "Alle meine Entchen" überlegen kann, was es zum Abendbrot geben soll, bin ich Profi? Juchuh, gleich mal bei den ganzen Agenturen durchklingeln. ;-)

Oft denke ich daran, dass möglicherweise schon wieder der Rhythmus nicht stimmt. Ist mir aber mittlerweile so gut wie egal. Zähl ich halt beim nächsten Mal. Was ich nicht kann, ich ständig Takte überzähl und rauskomme, aber versuche es trotzdem, hilft ja nix. Und wenn ich ganz verwegen bin, oder von zu guter Laune wieder runterkommen will, nutze ich die Metronomfunktion. Die sagt mir auch, wo der Hammer hängt, verzichtet aber immerhin auf küchenpsychologisch fundierte Projektionen.
 
Stimmt „schauen“ ist üblich aber „Schnackseln“ ist ordentliche Regionalsprache.🧐🤣

Ach, das "Schnackseln" ist in Deutschland auch nicht unbekannt, vor allem nicht im Süden. Fürstin Gloria von Thurn und Taxis sprach auch öffentlich schon gerne vom "Schnackseln", allerdings in einem politisch nicht ganz korrektem Zusammenhang. :007:
 
Das hängt von der Dauer des Übens ab. Irgendwann lässt die Konzentration nach, vielleicht nach gut zwei Stunden. Dann schweifen die Gedanken ab und das Üben wird ineffizient. Dann erst einmal pausieren, etwas anderes tun z.B. dinieren. Dann ggf. weiter pianieren. Wenn die Gedanken früher abschweifen, dann hat man wohl ein für sich uninteressantes Stück erwischt oder eine Mahlzeit vergessen.
 
Das wird dann wohl ein pianiertes Schnitzel oder so. :003:
 

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