Reincken: An Wasserflüssen Babylon

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Toni Bernet

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Als Johann Sebastian Bach als 15jähriger zum Studium in einem Kollegium in Lüneburg in Norddeutschland weilte, wanderte er auf Empfehlung eines seiner Lehrer von Lüneburg nach Hamburg. Er wollte einen berühmten Organisten an einer der neuesten und grössten Orgeln der damaligen Zeit spielen hören. Das waren immerhin rund 11 Stunden Marsch. Der Organist hiess Johann Adam Reincken. Dieser war damals bereits ziemlich alt. Hätte Buxtehude Bachs Vater sein können, so Reincken Bachs Grossvater. Bach war von dessen musikalischen Entdeckungen überwältigt, besonders von dessen Choralfantasie über das Kirchenlied «An Wasserflüssen Babylon». Zurück in Lüneburg machte er eine Abschrift dieser Komposition in der damals üblichen Buchstabennotation (Tabulatur genannt), eine Abschrift, die erst kürzlich 2005 wiederentdeckt wurde.


Reinckens Choralfantasie «An Wasserflüssen Babylon» ist ein höchst komplexes, schwierig zu hörendes, rund 15-20 Minuten langes Orgelstück. Hier eine Hörhilfe zum Kennenlernen dieses Stücks:

 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für diese Korrektur. Der Vater-Grossvater-Vergleich stammt wohl aus überholter Forschung, als man bei Reincken noch ein älteres Geburtsdatum annahm. Ich bin froh um den Hinweis!
 
Willkommen bei clavio @Toni Bernet
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als man bei Reincken noch ein älteres Geburtsdatum annahm
Das war in der Beckmann Edition der Orgelwerke von 1974 noch der Fall, bei Dirksen 2005 aber bereits korrigiert. Gut, wenn wir Geschichte in Jahrhunderten betrachten, war das erst gestern, aber so ganz "neu" ja auch nicht. ;-)
Wobei es viele Notenversandhäuser gibt, die 1623 als Geburtsjahr nennen (weil es halt in den älteren Ausgaben so geschrieben steht).
 
«An den Wasserläufen Babylons»

Woher kommen eigentlich die Wasserläufe? Aus der englischen Übersetzung, die mitunter von "streams" spricht? (Woodward übersetzte den Text von Wolfgang Dachstein übrigens mit "Beside the flood of Babylon")
Und woher die Wasserfälle im Fadentitel?

Ich weiß, keine musikalischen Fragen, und hat auch nix mit Boney M. zu tun. Aber interessiert mich trotzdem.
 
Woher kommen eigentlich die Wasserläufe?

Ist der Originaltitel nicht "An Wasserflüssen Babylon(s)"?

Diese Version des Anfangs von Psalm 137 hatte R. nicht aus einer der Bibelübersetzungen
(Luther 1517 und später: "Wassern", Zürcher Bibel: "Strömen"), sondern vermutlich aus der Psalmdichtung von Wolfgang Dachstein, "An Wasserflüssen Babylon, da saßen wir mit
Schmerzen" (https://www.evangeliums. net/lieder/lied_an_wasserfluessen_babylons.html),
des erfurter Studienfreunds Luthers und nachmaligen Münsterorganisten in Straßburg.

Vgl. MGG s.v. Dachstein, W.: "Luthers 1524 in Straßburg gedr. Ps.-Übs. regte die Straßburger zur Schaffung von Ps.-Dichtungen an, woran sich auch Dachstein beteiligte, indem er Texte und Melodien schrieb [...] Sein Ps. »An Wasserflüssen Babylon«, als melodia suavissima gerühmt, ist in der ganzen Welt verbreitet, ebenso seine Weise zu Luthers »Aus tiefer Not«, für die er wahrscheinlich eine Vld.-Vorlage benutzte."

[EDIT]
Ich glaube also, dass die "Wasserfälle" und "-läufe" Fälle von journalistischem Wiedertäufertum sind. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Einigen wir uns: Es heisst bei Reincken: An Wasserflüssen Babylon
Vgl. www. geistlichemusikentdecken.ch
 

Allen herzlichen Dank für diese Mitarbeit und Korrekturen! Jetzt stimmt hoffentlich, was stimmen muss.
 
Damit das wirklich so ist, könntest Du vielleicht noch den Fadentitel berichtigen und auch die beiden Fehlzitierungen ("Wasserläufen") aus geistlichemusikentdecken.ch im ersten Beitrag.
 

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