Musik für's Wohnzimmer versus Musik für den Konzertsaal!

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Alter Tastendrücker

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31. Aug. 2018
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Es gab gerade eine Diskussion um den "Wert" einer Mendelssohn Etüde;
In der Folge habe ich mich gefragt, ob ich der Einzige bin, der bestimmte Stücke freiwillig fast nur im Konzertsaal hören möchte (dort aber - interessant gespielt! - gerne und auch öfter), aber eher nicht zu Hause (ich meine nicht als Background für Computerarbeit, sondern schon mit Aufmerksamkeit)!
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Beispiel: Beethovens op. 57 würde ich mir zuhause kaum anhören (viel lieber op. 2,2 oder op. 79), dagegen gerne im Konzert.
Liszt Sonate ebenfalls eher im Konzert.

Ich finde gewisse große Bekenntniswerke brauchen die Atmosphäre des Konzertsaales.
Dagegen sind Mendelssohns kleinere Werke oder der frühe Chopin durchaus nette Gäste im eigenen Ambiente. Was nicht heißt, sie aus den Konzertsälen zu verbannen!
 
Gerade im 19. Jahrhundert gibt es eine Menge Werke, die explizit für Salons oder auch das häusliche Musizieren komponiert wurden. Manches davon eignet sich auch für den Konzertsaal, aber einiges wirkt dort schnell deplatziert, wenn der dramaturgische Rahmen nicht sehr gut gesetzt wird.

Umgekehrt gilt dasselbe - die Pétrouchka-Movements würde ich nie in einem Hauskonzert aufführen, schon aus akustischen Gründen nicht. Auch die Liszt-Sonate, Beethovens op. 106, die Diabelli-Variationen, die späten Schubert-Sonaten etc. sind so Sachen, mit denen ich mich sehr unwohl fühlen würde, wenn ich sie nicht auf einer Bühne spielen könnte. Wenn man sein Innerstes nach außen kehrt, ist der sonst übliche Wohlfühlradius nicht ausreichend. Umgekehrt gilt das aber auch - je persönlicher und bekenntnishafter eine Darbietung ist, um so mehr braucht es die Anonymität eines größeren Raums.
 
@mick hat da schon einige schöne Beispiele genannt. Große Werke mit erhabenem Anspruch und extremen Gefühlen, oft werden diese Werke als musikalisch autobiographisch interpretiert.
Beethoven: Eher Apasionata als op. 79
Chopin: eher op. 35 als op. 18
Liszt eher Sonate h-Moll als 'Rigoletto'
Brahms eher op. 5 als die Ungarischen Variationen aus op. 21

Oft werden diese Werke (Beethovens 9. Symphonie) quasi kultisch veehrt.

Wenn es daneben geht, kann es auch peinlich werden (Für mich etwa die Reformations-Symphonie von Mendelssohn oder auch tendenziell einiges von Wagner)
 
In der Folge habe ich mich gefragt, ob ich der Einzige bin, der bestimmte Stücke freiwillig fast nur im Konzertsaal hören möchte (dort aber - interessant gespielt! - gerne und auch öfter), aber eher nicht zu Hause (ich meine nicht als Background für Computerarbeit, sondern schon mit Aufmerksamkeit)!
Was genau meinst du mit "zuhause"?
Ein Wohnzimmerkonzert mit einem Flügel und 20 Stühlen für Publikum? Oder ein komplett privates Setting mit Pianist + 1 oder 2 Zuhörer? Das wäre dann nicht einmal ein Konzert, sondern Person A spielt Person B etwas vor.

Ich nehme an, wir sprechen auch zuhause nur von live gespielter Musik und nicht über die Stereoanlage.

Beethovens op.57 höre ich in jedem Setting gerne.
 
Hm. Ich bringe mal einen eher anderen Gesichtspunkt ein: ich spiele hauptsächlich Gitarre - ein Instrument, auf dem sich im Wohnzimmer (oder anderem kleinen Kreise bis maximal kleine Kirche) wunderbar musizieren läßt, das aber im Konzertsaal fast schon kläglich schwach wirkt.
 
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Eigentlich war gemeint, was ich mir von CD DVD oder aus dem Internet, also von Konserven anhöre!
das hatte ich auch so verstanden und ich möchte Dir da sehr recht geben. Beispiel Lisztsonate: Live gespielt klingt sie nur genau in diesem Moment genau so. Ein Konzert ist immer ein Zusammenwirken von Bühne und Publikum. So wird niemand an zwei Tagen hintereinander diese Sonate gleich spielen.
Eine CD ist seltsam glatt, durch Schnitte zusammengefummelt, sie hat nicht das Persönliche, was ich bei einem sehr ausdrucksstarken Stück hören will.
Deshalb sehe ich mein Hörverhalten dem Deinen sehr ähnlich.

Mir persönlich ist es egal, vor wievielen Menschen ich spiele. Ein Hauskonzert kann genauso berückend sein wie eines vor hunderten von Menschen.
Die Anonymität der Masse macht es etwas einfacher, aber ich habe mich daran gewöhnt, dass ich auch gelegentlich Gesichter erkennen kann und es macht mir nichts mehr aus.
Mach ich Musik, mach ich Musik.
 
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Gerade im 19. Jahrhundert gibt es eine Menge Werke, die explizit für Salons oder auch das häusliche Musizieren komponiert wurden.

Im 18. doch genau so. Jede Menge barocke Kammermusik oder auch viele Haydn-Sonaten sind doch vermutlich eher als Hausmusik gedacht.

Eigentlich war gemeint, was ich mir von CD DVD oder aus dem Internet, also von Konserven anhöre!

Ich höre sehr innige Sachen manchmal lieber von der Konserve. Das liegt daran, dass mich im Konzert die Nebengeräusche oft stören. Ich muss da beispielweise an ein Konzert im kleinen Rahmen mit der Winterreise denken, was im Cafe eines Gemeindehauses stattfand. Da kam zwischendurch jemand von der Kirche immer mal wieder uaf die Idee während des Konzerts ein Glas zu spülen...
Das ist natürlich ein Extremfall, aber es gibt immer die Huster, Nießer, Raschler und gefühlt zunehmend auch die Tuschler während Konzerten. Ich hab mal so ein ganz kleines Konzertchen gespielt und noch am Flügel so eine Frau tuscheln hören während ppp bei Debussy. Ich war kurz davor, abzubrechen, um Ruhe zu bitten und neu anzufangen.

Live höre ich insbesondere Sachen lieber, die ich nicht oder noch nicht so gut kenne oder die allgemein sehr viel Konzentration brauchen, um denen richtig zu folgen, weil man bei der Konserve doch schneller abgelenkt ist als im Konzert.
Die Kunst der Fuge wäre so ein Beispiel.
 

Ich empfinde Musik entweder intim oder exhibitionistisch. Wenn sie intim ist, mag ich sie lieber in kleinem Rahmen hören. Ist sie exhibitionistisch, möchte ich mich nicht direkt „adressiert“ fühlen und bin lieber Teil einer anonymen Maße auf die sie unverbindlich wirkt. Der räumliche Klang ist für mich in dem Fall zweitrangig. Da gehts mir eher darum „was gesagt“ wird. Manches ist mir dann einfach zu direkt für den kleinen Rahmen.

Und für manche Gefühlswelten, finde ich gehört ein gewissen Distanz (großer Saal) dazu. Da fühlt sich nah dran stehen schon fast unerhört an.
 

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