Gelungenes Wochenendprojekt "Aufbügeln der Hämmer"

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Zweitfluegel

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9. Mai 2011
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Ich habe euch vor etwa zwei Jahren meinen Flügelzuwachs vorgestellt
https://www.clavio.de/forum/klavier-keyboard-kaufen-reparieren/13076-ferdinand-karl-fluegel.html
Nach mittlerwile zwei Jahren sehr intensiver Nutzung und der Lösung zahlreicher kleiner immer wieder auftretender Problemen ist mir das gute Stück nicht nur ans Herz gewachsen, ich habe bei der Lösung dieser Probleme - nicht zuletzt dank intensiver Nutzung der Suchfunktion dieses Forums sehr viel gelernt. Denn verschob sich der Klang des kleinen Flügelchens immer mehr weg von seiner Wärme und dem typischen Wiener Schmalz zu einem zunehmend unerfreulichen metallischen Klang.
Das hat mich letztes Wochenende dazu verleitet, mich am Allerheiligsten zu vergreifen, nämlich an den Hammerköpfen. Da diese schon zeimlich flachgeklopft waren, hätte ein Nachintonieren nicht ausgereicht. Da aber nicht wahnsinnig viel "Fleisch" and den Hammerköpfen ist wollte ich möglichst wenig Materialabtrag. Ich habe mich daher an diese auch früher schon in diesem Forum diskutierte Methode von Ron Koval gehalten:
Im Gegensatz zu den damaligen Diskussionen
https://www.clavio.de/forum/klavier-keyboard-kaufen-reparieren/12488-klanghaerte-einstellen-wie.html
in diesem Forum hatte der Klavierbauer meines Vertrauens bei einer - allerdings schon länger zurückliegenden Diskussion gemeint, dass er die Methode aus den USA kenne und gute Erfahrungen damit gemacht habe.
Zunächst habe ich also die Hämmer mit einem feuchten Tuch und einem Bügeleisen traktiert. Und siehe da, die tiefen Riefen der Hammerköpfe lockerten sich tatsächlich deutlich auf. Um es nicht zu übertreiben habe ich das zunächst nur an einzelnen Hammerköpfen unter laufender Klangkontrolle durchgeführt. Das "Aufbügeln" alleine nahm dem Klang zwar die Härte, aber auch gleichzeitig viel von der doch wünschenswerten Brillanz. Also war es notwendig den zweiten Schritt zu gehen und mit Schleifpapier bewaffnet die Hammerköpfe abzuziehen. (Dies wurde von aufmunternden Äußerungen meines Sohnes "Papa warum machst Du das Klavier kaputt?" begleitet.) Auch hier ging ich zunächst sehr vorsichtig in kleinsten Schritten unter stetiger Kontrolle vor, wobei ich darauf achtete, nahezu ausschließlich von den Schultern Material abzutragen und den Scheitel des Hammerkopfes möglichst wenig zu verändern.
Das Ergebnis meiner Bemühungen war erstaunlich:
Erstens reichte ein absolut minimaler Materialabtrag um den Klang signifikant zu verbessern und zweitens macht mich das erreichte Endergebnis total glücklich. Ich habe plötzlich einen Flügel, auf dem ich wirklich die volle Palette der Klangfarben ausschöpfen kann, der sich auch im pianissimo wunderbar differenzieren läßt, aber auch am anderen Ende der Skala von Singen bis Schreien alles drauf hat.
Durch den minimalen Materialabtrag, am Scheitel eigentlich so gut wie keiner, war eine Nachregulierung auch nicht notwendig.
Ich weiss natürlich nicht, wie lange der Effekt anhält, denke aber, dass aufgrund des wirklich minimalsten Abtrage sich das auch öfter wiederholen läßt, als ein herkömmliches Abziehen der Hammerköpfe.

Ich muß natürlich auch dazu sagen, dass ich das auf meinem besseren Flügel eher nicht probiert hätte und zwischendurch ziemlich geschwitzt habe, ob mein Sohn nicht doch recht hat, in jedem Fall war es aber ein für mich faszinierendes und sehr lohnendes Projekt, was nicht heissen soll, dass das jetzt jeder nachmachen soll.:D

P.S.: Einen weiteren Effekt konnte ich auch beobachten, als ich nach der ganzen Aktion den Flügel noch einmal nachgestimmt habe. Das Zusammenstimmen der Chöre fiel mir plötzlich viel leichter. Ich konnte plötzlich die einzelnen Obertöne viel leichter auseinander Hören und mir wirklich die aussuchen, die für meine Klangvorliebe wesentlich sind. Das heißt das ganze war für mich auch ein Durchbruch beim selbst Stimmen.
 

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