Gegenfängerstiele an altem Zimmermann teilweise locker

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17. Aug. 2009
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Hallo, liebe Klavierbauer,

Ich habe nun nach langer Zeit am vergangenen Wochenende mein Projekt abgeschlossen, den Gegenfängern meines alten Otto Bach (Exportreihe der Gebr. Zimmermann, Leipzig, ca. 1922) neues Leder zu verpassen. Dabei bemerkte ich bei etlichen Hammernüssen, dass der Stiel des Gegenfängers schon etwas locker saß (ganz leichtes Klunkern fühlbar) und sich mit ein wenig Drehen und Ziehen relativ leicht herausziehen ließ. Das Sackloch in der Nuss war in allen Fällen trocken - nur in einem Fall war ganz hinten im Loch ein kleiner Rest Knochenleim, den ich dann ausgebohrt habe. Die Funktion war zwar noch nicht beeinträchtigt, aber ich dachte, wenn ich das Spiel schon fühlen kann, und der Leim für die Belederung eh schon im Kocher ist, mach ich's gleich mit... Also habe ich die alten Leimreste von den Nüssen und Stielen entfernt und die Gegenfänger neu eingeleimt - die Nachbarnuss als Muster herangenommen, damit die Tiefe stimmt. Nun haben halt 4 Gegenfängerstiele einen goldgelbenen Leimkragen an der Nuss, die anderen 81 sind im Alter dunkelbraun (und teilweise rissig).

Interessanterweise fand ich keinen einzigen Hammer vor, bei dem der Stiel etwa locker in der Nuss saß. Immer nur der Gegenfänger.

Daher meine Frage: ist dies eine bekannte Schwäche, etwa bei Zimmermann oder auch anderen Herstellern, dass die Gegenfänger sich irgendwann losrütteln? Oder werden Hammerstiele einfach mit mehr Sorgfalt eingeleimt als Gegenfängerstiele?

Als nächstes sind dann die Fängerfilze dran, und dann kann das gute alte Stück hoffentlich verkauft werden.

Gruß,
Mark
P.S.: nochmals meinen Dank an unseren klaviermacher Michael, der mir die Materialien geschickt hat.
 
Stimmt schon, Mark, und kenne ich oft: Losgeleimte Gegenfängerstiele.
Auch losgeleimte Hammerköpfe kommen recht oft vor, insbesondere, wenn die Köpfe mal neu befilzt wurden.
Und, eigenartig: Losgeleimte Hammerstiele in den Nüssen gibt es auch, sind mir aber bislang weitaus seltener begegnet.

Gratuliere zum gelungenen und noch weiter gelingenden Werk!

Gruß
Martin
 
Danke, Martin.

Das scheint also eine normale Alterungs- bzw. Verschleißerscheinung zu sein.

Die Fängerfilze, die Michael mir schickte, sind mir fast zu schade für den alten Schinken. Aber einige der Filze im Klavier sind schon sehr abgenutzt, und andere schon ersetzt - einige in anderem Farbton, andere mit unterschiedlicher Dicke und wild verbogenen Fängerdrähten. Das sieht einfach nicht aus - schon gar nicht mit (fast) neuen Hammerköpfen, neuem Leder und neuen Tastebelägen. Wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß, hätte ich dies Klavier bzw. seinen Vorgänger nie gekauft. Aber dann wüsste ich auch nicht, was ich heute weiß... Lehrgeld halt.

Wer weiß, vielleicht sehe ich sogar mehr als die Hälfte der 2.000,-- wieder, die ich damals dafür gelöhnt habe. Aber egal was ich dafür bekomme, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es in besserem, stimmigeren Zustand verkaufe als es mir verkauft wurde.

Ciao,
Mark
 
Die Funktion war zwar noch nicht beeinträchtigt, aber ich dachte, wenn ich das Spiel schon fühlen kann....

Hmm, bist du sicher? Normalerweise hört man in solchen Fällen immer ein leichtes Klacken beim Anschlag (bzw. sehr kurz danach). Ebenfalls wenn ein Hammer losgeleimt ist. Losgeleimte Hämmer sind häufiger als lockere Gegenfänger (aus meiner Erfahrung), aber wenn dann fast immer oben am Stiel, nicht in der Nuss. Häufiger habe ich lockere Gegenfänger schon bei Kawai Klavieren gehabt, aber immer mit Plastikteilen.

Mark, sei über deinen ganzen Klavierstress doch froh. Wer weiß, wie weit du mit deinen Basteleien noch so fortschreitest in der Zukunft. Veilleicht bist du irgendwann mal der beste Techniker vor Ort :p

Martin,
lockere Hämmer bei Neubefilzung ist meiner Erfahrung nach eher untypisch. Klar, die werden da ganz schön gefordert, aber Abel leimt die dann ganz aus, so dass man sofort merkt welche locker sind. Die anderen, die das überlebt haben, überleben wahrscheinlich sogar noch uns ;)
 
... in solchen Fällen immer ein leichtes Klacken beim Anschlag (bzw. sehr kurz danach)....
Martin,
lockere Hämmer bei Neubefilzung ist meiner Erfahrung nach eher untypisch. Klar, die werden da ganz schön gefordert, aber Abel leimt die dann ganz aus, so dass man sofort merkt welche locker sind. Die anderen, die das überlebt haben, überleben wahrscheinlich sogar noch uns ;)

Hihi, Tastenscherge, jetzt weiß ich warum ich oben das von den Klick-Geräuschen nicht gleich hinzufügte - ich habs einfach unbewusst und automatisch dir, dem Nebengeräuschspezi, zu sagen überlassen:D

Aber doch, lockere Hämmer (vereinzelt) nach Neubefilzungen kenne ich regelmäßig. Nicht nur die ganz gelösten, sondern auch solche die man noch gar nicht als locker fühlt, aber schon hört. Manchmal auch erst nach einem halben oder einem Jahr, bei der nächsten Stimmung. Egal - ist halt so, macht man sie halt wieder fest.

Gruß
Martin
 
Hmm, bist du sicher? Normalerweise hört man in solchen Fällen immer ein leichtes Klacken beim Anschlag (bzw. sehr kurz danach).

Also, ich bin ja nun auch ziemlich penibel mit Nebengeräuschen (nicht nur am Klavier), aber mir war bisher nichts aufgefallen. Das Spiel war auch wirklich nur minimalst (ha, ich "liebe" superlativste Ausdrücke ;) ). Die Stiele passen nämlich recht genau in die Bohrung, und der Leimkragen hielt das Ganze noch ziemlich fest zusammen.

Ebenfalls wenn ein Hammer losgeleimt ist.

Das wiederum habe schon gehört! Das alte Zimmermann hatte einen losgeleimten Hammer (und obendrein einen Riss im Stiel), der klackte. Allerdings nicht so sehr beim Anschlag, sondern beim Zurückfallen auf das Ruhepolster. [Edit: eigentlich bei beiden.]

Losgeleimte Hämmer sind häufiger als lockere Gegenfänger (aus meiner Erfahrung), aber wenn dann fast immer oben am Stiel, nicht in der Nuss.

Das kann ich an meinem Zimmermann nicht mehr beurteilen, zumal es neue Hämmer hat. (Mit tropfendem Weißleim eingeklebt, jawoll.) Aber was die unteren Verleimungen betrifft, an der Nuss, die sind alle noch gut. Naja, bis auf eine, wo der Fachmensch einen neuen Stiel völlig schief eingeleimt hat (zu weit nach vorn geneigt, entsprechend die (den?) Pilote bis ins Nirvana runtergedreht) - das habe ich dann auch korrigiert.

Mark, sei über deinen ganzen Klavierstress doch froh. Wer weiß, wie weit du mit deinen Basteleien noch so fortschreitest in der Zukunft. Veilleicht bist du irgendwann mal der beste Techniker vor Ort :p

Oh, da habe ich mich vielleicht nicht klar genug ausgedrückt. Als ich weiter oben von "Lehrgeld" schrieb, habe ich nicht explizit dazugeschrieben, dass es ein Lehrgeld ist, welches ich mittlerweile GERNE gezahlt habe. Aus diesem Grund ist es mir auch nicht so wichtig, wieviel ich nun genau für das alte Zimmermann bekomme. Ein wenig vermissen werde ich den Schinken schon - zwar nicht klanglich, aber als Zuwendungsobjekt.
 
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