Fragen zur Überholung eines Neupert-Cembalos

Q

Quinte 5 1/3'

Dabei seit
17. Okt. 2018
Beiträge
9
Reaktionen
5
Liebe Community,

ich hoffe, dass mein Thread im richtigen Unterforum ist, auch wenn es sich nicht um ein Klavier, sondern ein Cembalo handelt. Und bitte nicht hauen, dass mein erster Beitrag gleich ein Fragethread ist...

Vor kurzem habe ich gebraucht ein kleines (und damit gut im Kombi zu transportierendes) Cembalo gekauft. Das Instrument möchte ich den beiden Gemeinden, in denen ich nebenamtlich als Kirchenmusiker angestellt bin, zur Begleitung von Instrumentalensembles oder bei anderen Veranstaltungen auch als Soloinstrument nutzen. Da von den insgesamt sieben Kirchorten fünf nur kleinere Kapellen besitzen, ist das Instrument trotz seines nur 140cm langen Korpus klanglich dafür gut geeignet (außer natürlich man ist ein Verfechter rein historischer Nachbauten...). Es handelt sich um den vielgebauten "Telemann" von Neupert. Im Laufe der Bauzeit (die mindestens zur Mitte der 1930er-Jahre zurückreicht) haben sich einige technische Details dieses Cembalo-Modells geändert. Mein Modell stammt aus dem Jahr 1968 und besitzt die sogenannten O.K.-Springer (Neupert-Patent), die ich noch nie vorher an einem Cembalo gesehen habe und die mir bei der technischen Überholung des Instruments ein paar Probleme machen. Alles andere (Ersetzen fehlender/gerissener Saiten bzw. Austausch einer Saite mit falschen Durchmesser, Austausch Dämpfer, Stimmung usw.) gestaltet sich einfach, da es keine wesentliche Unterschiede zu anderen Cembalos gibt. Zweifelsohne haben die O.K.-Leichtmetallspringer den Vorteil der relativ leichten Nachregulierung, vor allem des Kiels mittels der Schraube auf ihrer Oberseite und der einfachen Justage des Dämpfers.

Meine Probleme sind aber folgende:
1. Die Plektra sind werkseitig bereits aus Delrin, aber nicht in der sonst üblichen Form, sondern rund (sogenannte "Silbertonkiele"). Da einige Kiele im 8' bereits deutliche Verschleißerscheinungen haben, die das Abgleiten der Plektra an der Saite erschweren, möchte ich gerne die Plektra erneuern. Sie scheinen auf der Zunge allerdings rückseitig entweder geklebt oder mittels Wärme dort angeschmolzen zu sein. Kann mir jemand sagen, mit welchem Verfahren eine sichere Befestigung der Plektra erreicht wird bzw. werkseitig ausgeführt wurde?
2. Bei vier Tasten kehren die Springer nach Tastenbetätigung nicht von selbst in die Ausgangslage zurück, sondern erst nach manuellem Nachdrücken der Taste. An den Kielen liegt es nicht und auch eine Regulierung der Pilote brachte keine Verbesserung. Rückholfedern gibt es (wie zumeist) nicht. Hatte jemand mit den O.K.-Springern schon so ein Problem und kann sagen, was Abhilfe schafft? Aus dem Orgelbau ist mir das Problem der Oxidation von Leichtmetallbauteilen (vor allem Aluminium) gut bekannt - gilt gleiches auch für die Springer? Oder liegt das Problem doch eher bei der Tastenmechanik (die ja verglichen mit anderen Tasteninstrumenten recht unanfällig vom Aufbau ist)? Klimatisch stand das Instrument die letzten Jahre eigentlich gut in einem normal beheizten, aber weder zu trockenen noch zu feuchten Wohnraum. Das Isntrument wurde aber einige Jahre nicht mehr gespielt, sondern war nur noch "Möbel".

Danke und beste Grüße!
 
Die alten Plektren sind, soviel ich weiß aus Nylon. Wenn die entfernt sind, kann man die neuen konischen Delrin-Plektren einfach in das Loch hineindrücken und hinten ebenschneiden.

Teste mal, ob bei den schwergängigen Tönen die Tasten ohne Springer in die Ausgangslage zurückgehen.
Vielleicht ist die Austuchung zu stramm.
Wenn es das nicht ist, kann Dir der Klemens Schmidt in Bayreuth evtl. weiterhelfen.
 
Hallo,

Oxidation ist vielleicht die richtige Vermutung,deswegen hat Neupert auch diesen Weg wieder verlassen. Mein Tipp nach mehreren Cembali und Spinetten aller möglichen Hersteller: nur Instrumente mit Holzspringern kaufen, Plastik, Plexiglas und Alu machen erfahrungsgemäß irgendwann Probleme und können dann nur sehr umständlich nachbearbeitet werden.
Neupert hat auch Lederkiele immer verklebt, sodass man diese abschneiden, durchbohren und dann herausfeilen muss. Anders wird es bei Dir vermutlich auch nicht gehen.
 
Hallo und danke für die schnellen Antworten euch beiden! :-)

@agraffentoni: Das könnte auch sein, dass die Kiele aus Nylon sind. Aufgrund der Materialstärke und dem Erhaltungszustand (Verscmutzung) schwierig zu sagen. Ich habe die Springer mal abfotografiert. Die Rückseite sieht sehr nach geklebt oder geschmolzen (zur Befestigung) aus. Wenn die Kiele auf der Rückseite nur abgeschnitten wären, müsste das eigentlich anders aussehen.

Springer mit Kiel.jpg Springer Rückseite.jpg

Die Leichtmetallspringer sind immerhin weniger anfällig als die "zusammengesetzen" Springer (also etwa Mitte und Zunge Holz, Seiten Kunststoff). Ein großes Manko bleibt: sie sind relativ leicht, sodass sie kaum Eigengewicht haben um die Tasten wieder runterzudrücken.

"Teste mal, ob bei den schwergängigen Tönen die Tasten ohne Springer in die Ausgangslage zurückgehen."

-> Das dürfte beim Cembalo konstruktionsbedingt eigentlich ohne Springer nicht funktionieren (außer es gibt Rückholfedern). Ich habe es aber mal getestet und an einer der Tasten, die nicht wieder hochkommen, sowie an einer "funktionierenden" Taste jeweils die Springer vom 8' und 4' ausgebaut. Beide bleiben liegen, da ja das Gegengewicht durch die Springer fehlt. Und beide sind hinsichtlich des Kraftaufwands gleich schwer/leicht/freigängig.

Wenn man die Dockenleiste demontiert hat und dann eine der "hängenbleibenden" Tasten betätigt, bleiben die Springer stehen, aber noch bevor einer der Kiele auf dem Rückweg wieder an der Seite aufliegt. Dasselbe Ergebnis erhält man auch, wenn man die Handschrauben soweit einschraubt, dass die Kiele die Saiten überhaupt nicht mehr berühren. Berührt man den 8'-Springer (oder den 4'-Springer, das scheint egal zu sein) auf der Oberseite ganz leicht, rutschen sie wieder problemlos in die Ausgangslage und die Taste kommt wieder nach oben.

Die Springer selbst scheinen eloxiert zu sein (an den Bereichen um die Stiftachsen der Zungen, die angeschliffen sind, kann man einen Farbunterschied zum Metall des Springers ohne Eloxierung sehen). Die Führungen im Rechen scheinen hingegen nicht eloxiert zu sein. Kann man durch sehr vorsichtiges Nachschleifen (bevorzugt im Rechen) die Springer wieder gängig machen? Von Hand geführt "haken" die Springer nirgends, aber alleine haben sie Schwierigkeiten wieder nach unten zu gleiten. Das Filz der Dockenleiste hat allerdings auch schon seine Lebensdauer erreicht bzw. überschritten - die einzelnen Handschrauben der Springer haben sich gut sichtbar im Filz verewigt . Könnte evtl. der Weg der Springer nun zu weit sein, d.h. sie werden zu weit nach oben gebracht?

Im Orgelbau sind Aluminiumteile (außer an den Wellen des Wellenbretts) jedenfalls ein ständiges Ärgernis. Durch die Bildung einer Oxidschicht wirken Aluteile auf Dauer wie eine kleine Säge in Holzführungen mit dem Ergebnis, dass die Spiel- und Registertrakturen der betroffenen Orgeln immer mehr Spiel bekommen.
 
Nachtrag: Kann man den Bereich mit der "Kerbung" im Springer, die ein Verdrehen verhindert, irgendwie "schmieren"? Vielleicht löst das ja bereits das Problem. Denn ansonsten scheinen die Springer der betroffenen Tasten genauso viel "Spiel" wie alle anderen zu haben.
 
So, das Problem mit den hängenden Tasten ist gelöst; agraffentoni hatte den richtigen Riecher. Nachdem ich die Springer an den betroffenen Springern gereinigt habe (ohne Besserung), habe ich auch die Tasten noch einmal demontiert. Es lag wirklich an der Austuchung. Die scheint inzwischen (Aufquellen durch Luftfeuchtigkeit?) an allen Tasten zu stramm zu sein, deshalb konnte ich (ohne Ausbau der Tasten) beim Probieren ohne Springer neulich kein Unterschied zwischen den funktionierenden und den hängenden Tasten feststellen. Nur scheinen bei den "funktionierenden" Tasten die Springer noch so gut zu rutschen, dass es trotzdem klappt. Ich habe die vier hängenden Tasten im Bereich des Klaviaturvorderstifts ganz leicht an der Austuchung geweitet und nun funktioniert es wieder bestens.
Neupert hat die Tasten auf der Springerseite übrigens dreifach ausgebleit um das fehlende Gewicht der Leichtmetallspringer auszugleichen...

Noch einmal besten Dank an agraffentoni!

Untertaste demontiert.jpg Detail Untertaste.jpg
 
es gibt einen sehr guten Cembalobauer, der eine Zeitlang bei Neupert arbeitete.
Hat sich aber inzwischen wieder von der "Fabrik" weitgehend gelöst und nahe Bamberg eine eigene Werkstatt. Findest du unter Willam Horn Cembalo. Wenn er Zeit hat. Er muß aber zuerst mein Spinett überholen. Das ist in Arbeit. :-))
 

Zurück
Top Bottom