Ein Stück "eine Weile ruhen lassen" - kennt/macht ihr das?

  • Ersteller des Themas ChristineK
  • Erstellungsdatum

ChristineK

ChristineK

Dabei seit
12. Nov. 2010
Beiträge
1.469
Reaktionen
1.818
Hallo zusammen,

monatelang hab ich wieder nur mitgelesen und hatte nichts beizutragen, von dem ich dachte, es könnte jemanden weiterbringen... nun ja... Mittlerweile hab ich immerhin fleißig geübt und ein paar neue Stücke gelernt. Mehr oder weniger zumindest.

Mit dem aktuellen Stück ist es nun so, dass ich es einigermaßen durchspielen kann, an vielen Stellen (laut Auskunft meiner KL immerhin) "wirklich Musik mache", mich an anderen aber verspiele bzw. einfach noch zu unsicher bin. Jetzt wäre meine Devise gewesen, dass ich daran konsequent weiterübe, ich hätte durchaus noch Durchhaltewillen gehabt (auch wenn ich seit Wochen schon an dem Stück sitze!).

Umso überraschter war ich, als meine KL verkündete, wir würden das Stück nun "ruhen lassen" und etwas Neues beginnen - und ich musste versprechen, es wirklich vorerst nicht mehr anzuschauen. Das Stück würde "in der Zwischenzeit reifen" (?!) und sich "dann bald wieder bei mir melden". Oder so ähnlich. Klang etwas esoterisch.

Ich sehe das ein bisschen als Scheitern meinerseits, also, es ist halt doch noch zu schwer (jetzt wo ich es doch fast schon kann!) und wir lassen es lieber wieder, bis ich insgesamt besser spielen kann, und nehmen es uns dann nochmal neu vor. Oder hat jemand von euch tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass ein Stück durch das Ruhen lassen "reift" und dann besser wird? Ich kann mir das nur schwer vorstellen!

Etwas geknickte Grüße von

Christine
 
Oder hat jemand von euch tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass ein Stück durch das Ruhen lassen "reift"
Ja, es reift.
Mit dem aktuellen Stück ist es nun so, dass ich es einigermaßen durchspielen kann, an vielen Stellen (laut Auskunft meiner KL immerhin) "wirklich Musik mache", mich an anderen aber verspiele bzw. einfach noch zu unsicher bin. Jetzt wäre meine Devise gewesen, dass ich daran konsequent weiterübe,
"wirklich Musik mache", glaube es Deinem Lehrer und nehme diesen Glauben auch selber an. Ich lasse ungerne ein Stück los, das beginnt zu fließen, aber zu oft gespielt, bearbeitet .... Vertraue Deinem Lehrer und nimm Dir was Neues vor. Irgendwo tiffst Du im Neuen auf das gleiche Problem. Das läuft dann wiedererwartend wie geschmiert. Und dann ruft das alte Stück förmlich nach Dir.

Kulimanauke
 
Hallo Christine,

wenn du dich in der Zwischenzeit mit andern Stücken beschäftigst - und dich weiter entwickelst - wirst du das alte Stück später mit neuen Augen sehen.
In Wirklichkeit bist du gereift, nicht das Stück.

Kein Grund, geknickt zu sein.

Irgendwann hast du das Gefühl, dass du das Stück jetzt anders angehen kannst.
Dann meldet es sich.
Freu dich drauf. :p

Lieber Gruß, NewOldie
 
Laß das Stück eine Zeit ruhen - man kann ein Stück auch kaputt üben. Wenn noch konkrete technische Probleme zu lösen sind, bearbeite sie unabhängig davon, in anderen Zusammenhängen. Eventuell hin und wieder das ganze Stück sehr langsam durchspielen, damit es sich weiter festigt.

LG

Pennacken
 
Ich sehe das ein bisschen als Scheitern meinerseits, also, es ist halt doch noch zu schwer (jetzt wo ich es doch fast schon kann!) und wir lassen es lieber wieder, bis ich insgesamt besser spielen kann, und nehmen es uns dann nochmal neu vor. Oder hat jemand von euch tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass ein Stück durch das Ruhen lassen "reift" und dann besser wird? Ich kann mir das nur schwer vorstellen!

Versteh das nicht als Scheitern, denn es ist keins! Stücke (bzw. du selbst, wie NewOldie treffend bemerkt hat) reifen tatsächlich, wenn man sie nach intensivem Üben mal eine Weile weglegt, auch wenn sie noch "unfertig" sind. Ich mache diese Erfahrung immer wieder.

Mir fällt z.B. ein Chopin-Nocturne ein, dass ich jetzt nach mehreren Monaten Pause wieder hervorgeholt habe. Ich spiele es nun ganz anders als früher, - und meinem Gefühl nach nicht nur anders, sondern auch besser. Wenn ich mir die Aufnahme anhöre, die ich damals gemacht habe, dann ist das ein großer Unterschied. Da wo vorher noch Bemühtheit und eine gewisse "Angst" zu spüren war, fließt es nun wie von selbst.

Also, wende dich ruhig anderen Stücken zu. Und wenn du Lust hast, greifst du die alten Stücke später wieder auf. Dies alles ist kein Scheitern, sondern ein Lern- und Wachstumsprozess.

Grüße von
Fips
 
Danke für eure Erfahrungen in dieser Sache!:-) Natürlich hatte ich bei keinem meiner Stücke bisher das Gefühl, damit wirklich "fertig" zu sein, wenn es von Seiten der KL abgehakt wurde. Aber normalerweise werden die Stücke dann auch nicht mehr aufgegriffen - es gibt wenige, die ich mir später nochmal wieder vorgenommen habe. Vor allem bei Stücken wie dem "Wilden Reiter", ist es ja so, dass man sie eher aus didaktischen Gründen durchackert und nicht etwa, weil man sie dann so gern der lieben Verwandtschaft vorklimpert... Diesmal war aber das erste Mal, dass ein "bewusstes Ruhenlassen", "reifen lassen" und "später wieder aufgreifen" angesprochen wurde, das hatte mich dann doch irritiert...

Dass hier vor allem das "eigene Reifen" gemeint ist, ist ein schöner Gedanke! So hatte ich es in meiner ersten "Geknicktheit" gar nicht verstanden, aber klar ist es so, und als Lern-und Wachstumsprozess sollte man ja das Klavierspielen (wie so vieles im Leben) wohl auch begreifen...
 
Hallo Christine,

ich finde, das mit den "konstruktiven Pausen" beim Klavier spielen kann man ein wenig mit der Situation vergleichen, wenn man irgendeinen schwierigeren Text (Aufsatz, Bewerbungsschreiben o.ä.) zu verfassen versucht, es aber nicht so richtig aufs Papier will, wie man möchte. Man guckt sich sozusagen irgendwann an dem Text müde und liest eigentlich nichts mehr so richtig, obwohl man es ja immer und immer wieder durchkaut.
Wenn man so einen Text dann einfach mal ein paar Tage liegen lässt und sich dann mit frischem Geist wieder daran setzt, merkt man plötzlich sofort, welche der Formulierungen noch nicht ganz "rund" waren und dann geht es viel leichter von der Hand.
Ich glaube, man muss einfach manchmal ein Stück sozusagen aus dem Kurzzeitgedächtnis herauswerfen, um es wieder "neu zu hören", und auch gewissermassen "neu zu spielen" - was dann meist mit einer deutlichen Verbesserung einher geht.
Sieh es doch mal so: du bekommst die Möglichkeit, die Stellen zu vergessen, an denen Du Dich immer verspielt hast, und dadurch beim Wiederanfangen die Chance, festzustellen, dass sie gar nicht so schwierig waren... :-)

Liebe Grüsse,
Pan
 
Sieh es doch mal so: du bekommst die Möglichkeit, die Stellen zu vergessen, an denen Du Dich immer verspielt hast, und dadurch beim Wiederanfangen die Chance, festzustellen, dass sie gar nicht so schwierig waren... :-)

Das ist echt ein super Gedanke! Jetzt bin ich wirklich motiviert, das Stück ein Weilchen ruhen ruhen zu lassen - auf dass ich es dann in einigen Wochen flott und fehlerfrei durchklimpere... Ich werde euch berichten. ;-)
 

Zurück
Top Bottom