Hallo Klavierfreunde,
ich bin Euch noch den weiteren Werdegang meiner Klaviersuche schuldig. Nachdem die Bechstein-Klaviere für mich ausgeschieden waren, hatte ich erst einmal ein paar Monate Pause eingelegt. Vor wenigen Wochen habe ich dann noch mal einen Anlauf gestartet. Mein Hauptaugenmerk habe ich auf die favorisierten Yamaha und Schimmel-Klaviere gelegt.
Doch zunächst ein paar Worte zur Silent-Funktion: Ich habe für mich festgestellt, dass das Spielverhalten doch erheblich!!! beeinflusst wird. Damit meine ich nicht nur das ppp-Spiel, nein auch das normal laute Spiel wird „indirekter“, so als würden die Töne verzögert auf den Tastendruck ansprechen. Vielleicht kann hier ein Klavierbaumeister meinen Eindruck physikalisch-mechanisch erklären? Hinzu kommt, dass, insbesondere bei den Schimmel-Klavieren, das Spielen mit Pedaleinsatz deutlich anders ist als ohne Silent. Teilweise werden Töne richtig „verschluckt“ wahrscheinlich weil in irgendeiner Form das Repetitionsverhalten sich ändert. Vielleicht ist auch das mechanisch erklärbar? Wichtig für mich ist jedoch nicht warum das so ist, sondern das es so ist. Und zwar an mehreren Klavieren unabhängig getestet. Also Leute passt auf! Wie öfter schon geschrieben wurde: „Die einen merken es, die anderen nicht.“ Ich merke es nicht nur, ich will auch mein Klavier mit so einem Einbau nicht „versauen“!
Also habe ich unabhängig von der Silent-Funktion noch mal alle Klaviere getestet. Bei Yamaha gefällt mir die Transparenz, aber leider klingen die Yamahas mir einfach zu „drahtig“. Wenn man mal richtig in die Tasten haut, übersteuern die Yamahas, die Bässe fangen an zu „grölen“, bei den günstigeren Yamahas noch mehr als bei den höherwertigen. Manchmal musste ich Yamaha-Klaviere ein klein wenig mit einem „honky tonk“-Westernbarklavier vergleichen. Natürlich ist das übertrieben, aber vielleicht versteht ihr dadurch was ich sagen will… Mein Favorit bei Yamaha war in der Endphase das YUS-1. In sich stimmig, aber das metallische Übersteuern, gerade in den Bässen, hat mich dann doch abgehalten. Wenn der Bass anfängt zu „knurzen“ und zu „röhren“, hab ich auf Dauer keine Freude.
Die Schimmel-Klaviere punkteten bei mir mit mehr Seele. Darauf gespielte Balladen haben bei meiner Frau Tränen ausgelöst, was bei Yamaha nicht der Fall war. Vom Diskant bis zur Mittellage mag ich den Klang sehr. Das Manko hier: Die Bässe: Einfach verwaschen. Laute Musikstücke, z.B. He´s a pirate (Fluch der Karibik) lösen im Bassbereich nur noch laute „Matsche“ aus. Von Tönen raushören kann nicht mehr die Rede sein. Aber trotzdem teilweise tolle Instrumente. Meine Favoriten hier waren: Das C 120 und das K 122 E, wobei das C 120 etwas durchsichtiger, transparenter und puristischer klingt, das K 122 E hat mehr Nuancen eine größere Modulations- und Dynamikbreite, erkauft sich das Ganze aber mit einem stärker „verschwommenen“ Klang. Meine Wahl wäre fast auf das C 120 gefallen, aber perfekt wäre es nicht gewesen, aber vom Preis-Leistungsverhältnis, sehr sehr gut. Das Gleiche gilt übrigens auch für das YUS-1. Ach so, ich hätte übrigens fast ein K 122 E gekauft. Die Konditionen waren gut. Angeblich nur 2 Jahre alt und nur im Laden gestanden. Ich hatte mir die Seriennummer notiert und auf der Schimmelhomepage nachgeguckt: Pustekuchen! Das Instrument ist von 1998. Was für ein Verbrecher! Habe ihn auch noch damit konfrontiert und gesagt, dass das Betrug ist. Der Verkäufer meinte, dass man das auch anders sehen könnte. Nein, kann man nicht. Aber ich möchte anfügen, dass ich auf meiner Suche sonst nur „weiße Schafe“ kennen gelernt habe, die geduldig und kompetent beraten haben. Es gibt überall solche und solche…
Meine Wahl wäre also fast auf das C 120 gefallen, wenn nicht…
ja wenn ich mir nicht gesagt hätte: „So bevor ich das kaufe, möchte ich einmal ein Steinway gehört haben, dann kann ich wenigstens mal mitreden.“
Gesagt getan, ab nach Steinway, 1. Besuch: Zunächst mal an ein Essex-Klavier gesetzt. Nicht schlecht. Für mich ein absoluter Geheimtipp für alle die, die den Yamaha-Klang mögen. Kann absolut mit einem U1 mithalten, ist aber deutlich günstiger ca. 5500,- Euro, glaube ich. Wird in China gemacht. Preis-Leistungsverhältnis: top! Aber halt auch wieder zu drahtig in meinen Ohren. Dann an ein Boston gesetzt: Bäääähhh!!! Ist wohl für den amerikanischen Markt gemacht. Ich sag nur: Warum legt man nicht direkt 10 Wolldecken über sein Klavier, dann hat man den gleichen Klang. Hinzu kommt: Politur und Finish des Lacks echt schlecht gemacht und dabei sind die Boston teurer als die Essex! Kopfschütteln!!! Aber ich war ja eigentlich gekommen, um ein Steinway zu hören. Also ran ans V-125: Aha. Da spielt ja ein ganzes Orchester. Blasinstrumente, Streicher, oho. Akkordspiel herrlich transparent und trotzdem Nuancen, Wärme und ich kann es in einem Wort zusammenfassen: Wohlklang! Die Mechanik ermöglicht ein Pianissimo-Spiel wie ich es bei keinem anderen Klavier erlebt habe. Brilliant, transparent, kristallklar und trotzdem so facettenreich. Irre. Das Erstaunliche: Egal ob geflüsterte Ballade oder geschmettertes Fluch der Karibik: Es musiziert. Alles ist möglich. Man kann noch so sehr in die Tasten hauen: Es übersteuert zu keinem Zeitpunkt. Ich höre alle Töne im Bass raus. Ich kann selbst Akkorde im Bass spielen und höre alles! Trotzdem: So euphorisch sich das jetzt anhört, war ich beim 1. Besuch noch nicht. Ich konnte einfach meine Vernunft nicht abschalten, mich nicht voll auf das Instrument einlassen. Meine Vernunft fragte mich: „Darf so etwas das 3fache von einem Schimmel kosten?“
2-3 Wochen Pause, zwischendurch noch mal Schimmel gespielt (s.o.) und dann der 2. Besuch: Ich hatte mir fest vorgenommen an diesem Tag nur mit dem Bauch zu spielen. Und dann wurde mir erst das Instrument so bewusst, wie ich es oben geschrieben habe. Es bereitet die pure Freude darauf zu spielen. Die schwarzen Tasten herrlich griffig. Ein entspanntes erhabenes Genießen. Das zweite V-125 in der Ausstellung war nicht annähernd so brilliant und klar, wie das von mir gespielte und präferierte. Viel dumpfer, weicher. Ein anderer Charakter. (Übrigens das 132er von Steinway ist nicht mehr so gutmütig wie das V-125. Das größere kriegt man dann doch schon mal übersteuert und da ist mir zu viel Hall drin.) Beim 2. Besuch habe ich mich dann also ins V-125 verliebt. Konditionen erfragt, Klavierbank, Stimmung nach 3 Monaten und komplette „Überarbeitung“/Durchsicht nach 1 Jahr inkl. Aber wie bekomme ich noch meine Vernunft mit ins Boot? O.k.: Motorrad wird verkauft, darauf soll mein derzeit 1-jähriger Sohn mich eh nie sehen und das Klavier entsprechend upgegradet.
Gestern dann der 3. Besuch: Diesmal war meine Frau dabei. Sie musste ich ja auch noch klanglich überzeugen. Sie hat auch (als musikalischer Laie) den überragenden Klang wahrgenommen und konnte sogar die Unterschiede zum 2. ausgestellten V-125 benennen. Ich mach es kurz: Es ist ein tolles Geburtstagsgeschenk und wird am 14.09.2009 geliefert. Das Klavier ist designtechnisch ein „Solitär“ und bekommt wahrscheinlich auch noch ein passendes Bild darüber verpasst. Danke Fisherman für diesen „Solitär-Gedanken und überhaupt für den feinsinnigen Input! An alle anderen Forumsteilnehmer: Danke auch an Euch, für Eure Gedanken und keine Sorge: Nur weil ich (bald) ein V-125 besitze, habe ich nicht vor so viel zu posten wie Fisherman!
Sorry Fisherman, den Gag konnte ich mir nicht verkneifen!
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