Hey zusammen,
danke erstmal für so viel Feedback. Würde gerne auf jede Nachricht antworten, versuche es aber etwas zusammengefasst:
Einmal zum Allgemeinen
Begriff: Ich finde es schwer diese Begriffe "Neue Musik" und "Zeitgenössische Musik" auseinander zu halten. Jede Musik, die gerade entsteht und nicht gerade eine Bach-Fugen-Kopie ist, entsteht in dieser Zeit, ist aber auch etwas Neues. Auch, wenn man in einem Orchesterstück hört, dass es beeinflusst von Brahms oder Mahler ist, kann trotzdem was eigenes entstehen. Diese strenge zu den Begriffen kam erst im 20 Jhdt., wo man nur nach etwas Neuem sucht. Finde ich p e r s ö n l i c h als großen Fehler, denn bisher hat man sich immer etwas älterem Bedient, gelernt, benutzt und Neues hinzugefügt. Schubert lernt von Beethoven, der von Mozart. Mozart hingegen hat in vielen Stellen viel Ähnlichkeit zu Haydn, nur dann doch durch seinen eigenen Einfluss dann doch anders und der Zeit entsprechend moderner mit oft mehr Raffinessen. Auch wenn Bachs Söhne einen neuen empfindsamen Stil erschaffen, gibt es doch immer wieder Parallelen.
Also was ich mit meiner Musik meine: Sie ist nicht unbedingt zeitgenössisch, wenn man sich die Musikentwicklung der letzten 20-30 Jahre betrachtet. Einfach aus diesem Grund, da sie zu unverständlich scheint, wenn jemand 20 Minuten gegen einen Boxsack schlägt und jeder fünfte Schlag wir mit einem zufälligen Ton auf einem Saxophon vertont. Manchmal finde ich es spannend, es gehört meines Erachtens mehr in die experementelle Richtung, wenn nicht teilweise mehr Experementalphysik, statt Musik. Ich versuche Eigenschaften von älterer Musik zu finden, die aber auf meine Weise zu verarbeiten.
Das Argument, dass z.b. das Sacre du printems in der Uraufführung verschmäht wurde: Es waren auch andere Zeiten. Natürlich muss man sich auf jede neue und zeitgenössische Musik einlassen und sie kann anders wirken, wenn man nur mit Barockmusik großgeworden ist (wie ich es von vielen kenne), oder Harmonisch viel einfacher Musik (meine nicht, dass diese Musik schlecht ist!), wie z.B. Pop Songs. Da kann eine neue Atonalität schon im ersten Moment verschreckend wirken. Damals aber mehr, als heute. Um 1910 als Beispiel, haben die Leute nur das gehört, was sie hören konnten. Die Livemusik. Da kann ein Sacre ein größerer Schock sein, als heutzutage etwas anderes. Auch wenn ich zB in Deutschland wohne, habe ich ein recht gutes Bild, wie die Musik in Australien, Mongolei, Südamerika (und bald vielleicht auf dem Mars) klingt. Jetzt etwas zu hören, was wirklich neu ist, ist tatsächlich schwer, aber möglich. Auch wenn es für mich ein Kompliment ist, wenn man sagt, "in deinem Orchesterstück gibt es Passagen, die ähneln wie Mahler". Trotzdem ist die Musik horizontal atonaler, bedient sich trotzdem vertikaler Akkorde, und Intervalle.
Für mich ist es keine so große Kunst, etwas zu schreiben, was nur ich verstehe. Abstrakt gesagt: Ich hatte einen Fahrradunfall, den ich nun vertone. Das sich noch drehende Rad, als ich schon auf dem Boden lag, ist mir sehr in Erinnerung geblieben, als erst 20 min später der Krankenwagen kam.
Soll ich nun 20 min mit einem Bleistift über Fahrradspeicheln schlagen, nebenbei gibt es zwei Streicher, die mit krassen Dissonanzen immer wieder mal den Schmerz umspielen und am Schluss gibt es eine Quarte als einmal Erlösung, andererseits das Symbol für den Krankenwagen? Natürlich, meine Geschichte, meine Musik, aber: kaum jemand will es hören.
Wieso wird ein Shostakovich, Prokoffiev, Strauß etc. viel mehr gespielt und gemocht, als Anton Webern, oder Cage? Weil sie trotzdem eine eigene Sprache entwickelt haben, die trotzdem verständlicher wirkt. Teilweise haben aus sie entweder aus Zwang, aber auch aus Eigeninteresse geschaut, was der Mensch noch wie aufnimmt. Finde den anderen Weg auch nicht Verkehrt, jedoch ist es nicht meiner, da ich Musik nicht für mich schreibe, sondern auch für andere.
Mit dem Klavierstück finde ich, ist es etwas an der Grenze und finde jede Kritik gut. Heißt nicht, dass ich jede direkt Umsetze, aber nach und nach macht man sich ein Bild, wo man eigene Gedanken mit dem allgemeinen Musikverständnis treffen kann. Es bleibt trotzdem ein eigener Stil. Shostakovich wurde sehr viel von Stalin vorgeschrieben und man hört fast immer nach paar Sekunden, dass es eine seiner Kompositionen ist, und kein älterer Tschaikowskij. Da wir nun heutzutage so die Möglichkeit haben, viel Meinungen und Kritik zu hören, nutze ich es auch.
Kommentare wie, das zeugt von einem mangelnden Selbstwertgefühl, man verkauft sich (oder die Musik), es ist kein eigener Stil, können von daher gespart werden. Nicht böse gemeint, mir ist es aber schon bewusst, wenn ich Leute nach Meinungen frage und setze nicht jeden Satz in die Tat um.
Wenn mir aber oft gesagt wird, man hätte gerne exponiertere Motive, mehr Ruhe etc., kann ich
selber reflektieren, in wie weit es mir auch passt, oder nicht.
Ich kann auch andere Stücke, die klingen sehr nach Filmmusik, fast wie ein Hans Zimmer:
https://soundcloud.com/patrickpreyss/toxicraising?in=patrickpreyss/sets/kurzthemen
Das ist aber an einem Tag gemacht, Musik, mit der ich mich persönlich befasse und sehr viel hinterfrage, dauert aber auch gerne mal ein halbes oder ganzes Jahr. Es geht nicht darum, dass man etwas kann, oder nicht, sondern den Kontakt zwischen einem selbst und dem Publikum zu erhalten.
Und danke übrigens für das Beispiel vom Schulhoff. Das bringt auch viel zu sehen, was einfach komponiert wird und man erweitert sein Repertoire. Das kannte ich noch nicht und finde es auch sehr interessant!
Vielen Dank also nochmal für all die Kritik und hoffe, dass ich mich mit der Zeit immer mehr und mehr eine Meinung und Stil finde. :)