C
Cubus
- Dabei seit
- 28. Juli 2011
- Beiträge
- 7
- Reaktionen
- 0
Ich habe noch nie im Gottesdienst die Toccata und Fuge d-moll von Bach zum Eingang oder Ausgang gehört. Woran liegt es? Zu lang, zu populär?
Folge dem Video um zu sehen, wie unsere Website als Web-App auf dem Startbildschirm installiert werden kann.
Hinweis: This feature may not be available in some browsers.
Ich habe noch nie im Gottesdienst die Toccata und Fuge d-moll von Bach zum Eingang oder Ausgang gehört. Woran liegt es? Zu lang, zu populär?
Ich vermute, dass die Toccata einfach charakterlich für einen Gottesdienst unpassend ist, zum einen wegen des dramatischen Beginns selbst, zum anderen, weil man das Stück meistens mit irgendwelchen zweitklassigen Gruselfilmen verbindet, in denen entweder Kirche / Friedhof als Gruselkammer verwendet oder die Orgelklänge auch in anderem Zusammenhang als Gruselinstrumentenuntermalung zweckentfremdet werden.
Übrigens ist das Stück vermutlich nicht von Bach, wenn man sich das Fugenthema genauer ansieht, ist das recht schnell einsehbar. Wir haben das mal kurz in Musikgeschichte angeschaut. Da man es aber sonst niemandem zuordnen kann, läuft es halt noch unter "Bach". Es gibt ja auch einen Chopinwalzer, der nicht von Chopin ist... :)
Aber auch die Pianisten, welche das WTK studiert haben sollten das bemerkt haben, oder stellt ihr die Vaterschaft folgender Bachfugen in Frage?
WTK I
Fuge 3, Fuge 11, Fuge 12, Fuge 13, Fuge 16, Fuge 21, Fuge 24
WTK II
Fuge 1, Fuge 2, Fuge 12, Fuge 14, Fuge 15, Fuge 16, Fuge 17, Fuge 20.
Die Argumentation: „Es wär ein leichtes für Bach gewesen, den Comes in der Quinte auftreten zu lassen“ ist m. E. ebenso unrichtig. Das Fugenthema beginnt auf der Dominante und kreist um diese herum, so dass der Comes mit der Tonika einsetzen muss ansonsten das ganze Tongebilde in der Dominante der Dominante enden würde. Nicht jede Fuge ist eine „Schulfuge“ und solche hat Bach ja keine geschrieben.
Weshalb das Pedalsolo für Aufregung sorgt ist mir ein Rätsel. Es gibt mehrere große Präludien von Bach die ausgedehnte Pedalsoli haben: das große in F-Dur, C-Dur, und sogar die „Dorische“.
Im Übrigen wundert es mich, dass einerseits die Toccata und Fuge in einer einzigen zeitnahen Abschrift von J. Ringk zu uns kam (mit J.S.Bach als Autorangabe!), jedoch die populäre Peters-Ausgabe, aus der hunderte von Einspielungen getätigt wurden, in der Toccata eigenmächtig hier und da Töne geändert oder hinzugefügt hat. Finde ich unbegreiflich, und bei den konkreten Stellen eine "Verschlimmbesserung"!
Die Konsequenz, die bei dieser Fuge an den Tag gelegt wird, aufgrund der Besonderheit des Themas eben stattdessen komplett auf der Oberquarte weiterzumachen, quasi als folgerichtige Fortführung der tonalen Beantwortung des Themas, spricht für mich eher für als gegen Bach - wer hätte sonst zu sowas den Mut gehabt?
Bach digital gibt an, dass zur Zeit der ersten Peters-Ausgabe (Griepenkerl, Roitzsch, ca. 1840) noch eine inzwischen verschollene Quelle existiert hat, die möglicherweise von Bachs Schüler Kittel stammte.
Leider ist es, neben anderem, etwas, was gegen Bachs Autorschaft spricht. Denn man darf getrost fragen: Hätte Bach den Mut zu so einem unbrauchbaren Thema gehabt?Die Konsequenz, die bei dieser Fuge an den Tag gelegt wird, aufgrund der Besonderheit des Themas eben stattdessen komplett auf der Oberquarte weiterzumachen, quasi als folgerichtige Fortführung der tonalen Beantwortung des Themas, spricht für mich eher für als gegen Bach - wer hätte sonst zu sowas den Mut gehabt?
Bis vor kurzem galt das Werk ja als Jugendwerk. Wahrscheinlich hat man die Ungereimtheiten schon früh erkannt und, sie deshalb mal bequemer Weise, dem „Leichtsinn der Jugend“ zugeschrieben. Nun aber häufen sich die Stimmen und verlangen eine Richtigstellung: das wird die Musikwissenschaftler wohl noch eine Weile beschäftigen und die Gemüter erhitzen.....