Tastatur widerstand klaviertaur

Mich treibt noch eine Frage um. Da ich 90% der Zeit mit Kopfhörern spielen werde: gibt es dafür bessere und schlechtere Geräte? Hat da ein Gerät oder eine Serie vielleicht besondere Features, damit der Klang -- was weiß ich -- besser für Kopfhörer aufbereitet wird?

Kopfhörer sind ein Notnagel. Eine brauchbare Klangvorstellung entwickelt man damit nicht.

Die besseren Yamahas haben binaurale Samples. Das haben die anderen Hersteller meines Wissens (noch) nicht.

Allerdings mit Ausnahme der CLP-700-Serie nur mit einem Velocity-Layer, also zum Klavierüben eher ungeeignet (genau wie ganze Preisklasse unter 1.000 €).

Ich kann nur nochmal betonen: Musikmachen hat zu allererst mit Hören zu tun und nie wenig mit Bluetooth und anderem Blingbling. Deswegen sind Instrumente akustisch. Da kann man sich mit Kopfhörern und billigen Digitalpianos richtig übel handicappen.

Ein Yamaha P-45 hat beispielsweise gerade mal 29 Klavier-Samples (ein Kawai ES110 immerhin schon 88). Das ist also alles, was man hört, wenn auf der einfachen Tischhupe "GRAND PIANO" einstellt und übt: eins von 29 Samples, auf Pitch gezogen und in ein bißchen in der Lautstärke variiert. Das Gehirn (er)kennt diese Samples natürlich relativ schnell (wieder), merkt sie sich und lernt dann nichts mehr. Legt man 1.000 € drauf, verzehnfacht sich die Anzahl und Üben ergibt dann tatsächlich einen Sinn: Wenn man einen Akkord aus drei Tönen nicht immer aus den gleich zwei (!) Samples zusammenbaut, sondern zum Beispiel sowas wie Voicing auch mal sinnvoll üben kann.

Ähnliches gilt für Kopfhöher: Der Klang eines Instrumentes interagiert mit dem Raum und ein sehr wichtiger Teil des Klavierübens besteht darin, in diesem Kontext das Pedal richtig einzusetzen. Auf Kopfhörern hört man nur den reinen ungefilterten Klavierklang mit primitiven digitalen Halleffekten unterlegt - Da lernt man das nicht.
 
Das höre ich genau anders herum. Ohne Kopfhörer hat man immer die Soße aus digitalem Hall und Raumhall.
Mit Kopfhörern (oder mit Monitoren in einer Art Studio-Setting) lässt sich der Klang immerhin im virtuellen Raum gut gestalten. Das machen eigentlich auch alle, die VSTs nutzen so. Die funktionieren nämlich über die verbauten Lautsprecher eines Digitalpianos wegen der räumlichen Abbildung leider nicht gut.

Das Kawai NV10 soll sich dieser Problematik von virtuellem und tatsächlichen Raum mit unterschiedlichen Soundprofilen ja irgendwie annehmen, aber um das lässt sich im Laden wohl nicht testen.
 
Digitaler "Hall" ist einfach nur Teil des Instrumentenklanges, und dient vornehmlich dazu, dessen Probleme zu verwischen.

Der echte Raumklang ist das, womit der Musiker arbeitet.
 
Ich wette Mal, dass auch Aufnahmen von Profi-Pianisten mit Digitalhall bearbeitet werden.
 
Der echte Raumklang ist das, womit der Musiker arbeitet.

Digitale Klaviere sind immer Annäherungen an akustische Klaviere – sie sind keine eigene Instrumentenart (wie ein elektronisches Keyboard), sondern sie versuchen, das akustische Klavier so gut als möglich zu imitieren und dabei eigene Vorteile hinzuzufügen (Kopfhörer, leise stellen, mehrere Instrumente in einem etc.).

Solange also wir in analogen Absolutismen denken, ist die einzige Lösung: Finger weg vom Digitalen.

Die eigentliche Frage ist nicht: kann ein Digi den "echten" Raumklang abbilden? Sondern: wie gut kann es das, bzw. wie tragbar ist der Kompromiss bei meinen Ansprüchen?

Alles relativ, heutzutage.
 
Ich wette Mal, dass auch Aufnahmen von Profi-Pianisten mit Digitalhall bearbeitet werden.

Aufnahmen werden vielfältig bearbeitet, weil ein Instrument vom Aufnahmeraum in den Abhörraum des Käufers der Aufnahme transplantiert werden muß. Das ist meisten Fällen heutzutage ein Kraftfahrzeug und das wird dann bei der Abmischung entsprechend berücksichtigt - ansonsten gibt es noch die Ohrstöpsel vom Smartphone.

Kommen wir zurück zum Thema @inception möchte Klavier und nicht Keyboard lernen und dazu gehört das Instrument nahe der Original-Lautstärke zu spielen, den Klang an der Spielerposition zu hören und damit zu arbeiten. Man erkennt viele "Digitalpianisten" nämlich genau daran, daß sie schlicht nichts hören und sie einfach weiter ihren Stiefel abspulen, wenn man ihnen den Ton abdreht.

Die eigentliche Frage ist nicht: kann ein Digi den "echten" Raumklang abbilden? Sondern: wie gut kann es das, bzw. wie tragbar ist der Kompromiss bei meinen Ansprüchen?
Raumklang ist etwas, das SFX-Studios bei millionen-teuren Kinofilmproduktionen so halbwegs hinbekommen. Nichts was eine Tischhupe oder irgendeine 08/15-Software mal so eben ausrechnet. Das, was unter "Reverb" läuft, ist schlicht ein Weichzeichner-Effekt, der analog zum Wegpolieren von Hautunreinheiten in Fotos den Klang weichzeichnet, so daß der Höreindruck sich zu "klingt besser" verschiebt.

Sprich: Wer vernünftig Klavier üben will, schaltet den Reverb aus.
 
Du liest Dich wie einer, der sagt, wenn das Geld oder was immer nicht für den Flügel reicht, dann kann man lieber gleich die Finger vom Klavierspiel lassen. Das halte ich für Blödsinn. Die digitalen Klaviere haben sich in den letzten Jahrzehnten zu passablen Instrumenten entwickelt. Jedem Digitalspieler ist klar, dass er nicht auf einem echten Klavier spielt. Dafür erschafft das Digi vielfach überhaupt erst die Möglichkeit, Klavier zu spielen. Sei es wegen des Preises oder wegen der Möglichkeit mit Kopfhörern für andere unhörbar zu spielen oder beides. Den perfekten Raumklang für den großen Saal muss man nicht üben, wenn man ohnehin nie Konzerte geben will. Stümper, deren Gehör so rein gar nichts hört, gibt es auf analogen Instrumenten ebenso und nicht nur auf Klavieren das dem Kopfhörer zuzuschieben ist eine billige Ausrede.

Mein Digi, ein CLP535, liefert über den Kopfhörer einen gefühlt angenehmeren Klang, aber auch über Lautsprecher ist das annehmbar. Unterricht habe ich auf einem akustischen Klavier - ja, klingt anders. Logisch. Dennoch kann ich nicht behaupten, dass ich auf dem akustischen Instrument nur Mist zusammenspiele, weil ich ja über Kopfhörer angeblich keine Klangvorstellung ausdrücken kann.
 
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Obwohl es hier eigentlich nicht um Raumklang geht, möchte ich trotzdem mal darauf eingehen.

Der "Raumklang" an sich ist negativ behaftet.

Findet ein akustisches Ereignis in einem geschlossenen Raum statt, so beeinflusst der Raum das akustische Geschehen massiv.

Das jetzt hier näher auszuführen würde deutlich zu weit gehen.

Spielt man nun in irgendeinem Raum ein Instrument, so muss sich der Spieler auf die gegebene Akustik einstellen.

Da nur die wenigsten Menschen einen akustisch optimierten Raum zur Verfügung haben, ist das "Schallereignis" meist suboptimal.

Das was digitale Geräte versuchen zu simulieren sind akustische Besonderheiten, wie z.B. der extreme Nachhall einer Kirche.
Natürlich ist es dann wünschenswert, wenn diese Akustik in einem Einzimmerappartement, auf der Heimorgel, ähnlich klingt.
Kopfhörer leiden grundsätzlich nicht unter schlechter Raumakustik und spielen eigentlich präziser, sofern sie gut klingen. In der Regel wird guter Klang durch Linearität definiert.

Viele Grüße
 
Okay. Danke für die reichlichen Beiträge. Ich muss nochmal betonen, dass ich kein Konzertpianist werden möchte. Ich bin Elektroingenieur und will das auch bleiben. Das Digitalpiano soll eigentlich nur dazu dienen, nebenher ein wenig Musik zu machen, als Hobby, ohne Auftritte. Ich kenne aus meinem Bekanntenkreis Keyboards von früher und genau das will ich eben nicht. Ich möchte schon mit Anschlagdynamik spielen (das meinte ich mit "ich will Klavier lernen"). Ich habe gelernt, dass es heutzutage eigentlich nur noch solche Digitalpianos gibt -- also mit Anschlagdynamik. Bei den ganzen Reviews in der Preisklasse um 1.000 Euro bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es als Anfänger und bei meiner Intention eigentlich total egal ist, was ich kaufe. Hier sind die Features ausschlaggebender, z. B. Aufnahmefunktion für linke Hand, rechte Hand separat üben und sich quasi selber begleiten, oder Tastatur teilen fürs gemeinsame Spiel, oder zusätzliche App. Bei der Diskussion zum Ton oben muss ich sagen, dass mir das zu weit geht. Ich freue mich, sobald ich mal ein paar Töne richtig treffe, ob da jetzt ein besonderer Halleffekt dabei ist oder nicht, darüber sollte ich mir glaube ich keine Gedanken machen (wie gesagt: Ingenieur, nicht Konzertpianist).

Wisst ihr, wie das mit der Bluetooth Midi Funktion ist? Kann ich z. B. beim Kawai CN17 auch ein Android Gerät verbinden? In den Reviews sehe ich immer nur die iOS App für Apple Geräte.
 
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Bei der Diskussion zum Ton oben muss ich sagen, dass mir das zu weit geht

Mein Post sollte eigentlich nur verdeutlichen, dass die Raumakustik eh unausweichlich ist, egal ob man nun einen Konzertflügel, oder ein Digitalpiano spielt, beide reagieren im gleichen Maße auf die räumliche Akustik. Also lass dich nicht verrückt machen, solange du nicht in einem völlig gekachelten Raum ohne irgendeine Dämpfung spielst, wirst du keine Probleme bekommen.

Viel Spaß beim Spielen!
 

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