Wenn man den Begriff der Imitation differenziert, haben hier vielleicht alle Recht!
Imitation ist durchaus ein wichtiges Handwerkszeug auf dem Weg des Klavierspielen und -lernens. Altenmüller weist in dem Zusammenhang auf unsere Spiegelneuronen hin:
"In Tierexperimenten konnte ein so genanntes „SpiegelneuronNetzwerk“ nachgewiesen werden. Wenn Affen ihren Artgenossen bei Bewegungen zusahen, entstanden auch bei den beobachtenden Tieren Aktivierungen der sensomotorischen Zentren, ohne dass sich diese Tiere bewegten. Auch beim Menschen findet man diese Spiegelneurone. Professionelle Pianisten, die in einem Video stumme pianistische Fingerbewegungen auf einer Klaviertastatur beobachteten, zeigten eine starke Aktivitätszunahme der sensomotorischen Handregion des Frontallappens, der sekundären auditiven Regionen des Schläfenlappens und des Kleinhirns, ohne dass sie selbst die Finger bewegten (Abb. 4b, Haslinger et al. 2005). In die Praxis umgesetzt bedeutet dies, dass man als Musiker auch durch sorgfältiges Beobachten anderer Musiker übt, sei es im Unterricht oder bei Konzerten!" -
https://www.immm.hmtm-hannover.de/f...kationen/Altenmueller_Handbuch_UEben_2005.pdf
Ein Anfänger weiß in der Regel noch nicht, was klanglich auf und mit dem Klavier möglich ist. Wenn ich ihm dann vormache, wie es klingen kann und sollte, versucht der Schüler, den Klang und die Bewegung zu imitieren. Es ist erstaunlich, dass das fast immer gelingt und dass der Anfänger dabei sogar die Bewegungen nach seinen individuellen physiologischen Gegebenheiten anpasst.
Natürlich wird der Lehrer vorher oder nachher Klang und Bewegung erklären, reflektieren, vielleicht mit dem Schüler eine Übung entwickeln etc.. Aber gerade das Vormachen-Nachmachen, die Imitation, ist wichtig, um erst einmal ein Handwerkszeug zu erlangen.
Was nach meinem Verständnis
@Alter Tastendrücker meint, betrifft die Interpretation. Und da bin ich seiner Meinung. Man spielt ein Stück auch als Amateur ganz anders, wenn man es aus sich selbst heraus hört und entwickelt. Spielt der Lehrer immer vor nach dem Motto "so sollst du es spielen/interpretieren", wird das Spiel des Schülers wenig Eigenes besitzen und ein Abklatsch des Spiels des Lehrers sein.
Ich gebe dem Schüler viel lieber Übestrategien an die Hand, die eine Imitation des Spiels des Lehrers gänzlich überflüssig machen. Mir ist es sehr wichtig, dass der Schüler seine Persönlichkeit in seinem Spiel ausdrückt und in der hörenden und fühlenden Auseinandersetzung mit dem Stück selbst entdeckt, wie er es spielen möchte!
Im Übrigen ist die Imitation auch für die Hände selbst sehr nützlich: die schwächere oder ungeübtere Hand imitiert die Hand, die etwas schon besser umsetzt. So lernt die eine Hand von der anderen.
Und manchmal je nach Robustheit des armen Schülers kann der böse Lehrer auch in humorvoller Weise den Schüler imitieren und dabei unzweckmäßige Angewohnheiten hör- und sichtbar machen. :D Sollte man aber nur sehr sporadisch oder gar nicht einsetzen. :)
Liebe Grüße
chiarina