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koelnklavier
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Da die Diskussion um die Ausführung des Praller / Pralltriller öfters geführt wird, lohnt sich vielleicht ein eigener Thread …
Als Literaturhinweis nochmals:
Isolde Ahlgrimm: Ornamentik der Musik für Tasteninstrumente. Ein Kompendium, gesammelt und zusammengestellt von Isolde Ahlgrimm. Bd. 1 (Deutschsprachige Quellen). Hrsg. von Helga Scholz-Michelitsch. Graz (Akad. Druck- u. Verlagsanstalt 2005. ISBN 3-201-01820-1
Die "Große Glaubensfrage" beim Praller: Beginne ich mit der Hauptnote (d.h. spiele ich drei Töne) oder beginne ich mit der oberen Nebennote (d.h. spiele ich vier Töne)?
Bei Ahlgrimm finden sich etliche Belege für die eine wie die andere Variante. Auffallend bei den meisten Quellen: Es wird ausschließlich der "Sonderfall" beschrieben, daß dem Praller die obere Sekund vorausgeht. Hier herrscht einigermaßen der Konsens, daß diese vorausgehende Sekund erst einmal gehalten wird, der Praller also verspätet mit der Hauptnote einsetzt. Auch CPE Bach beschreibt ausschließlich diesen Sonderfall und spricht von der "nöthigen Schleiffung" (Überbindung).
In der ersten Auflage (Berlin 1753) heißt es S. 81:
§. 30. Der halbe oder Prall=Triller, welcher durch seine Schärffe oder Kürtze sich von den übrigen Trillern unterscheidet, wird von den Clavier=Spielern der bey Tab. iv, Fig. 45 befindlichen Abbildung gemäß bezeichnet. Wir finden allda auch seine Ausnahme vorgestellt. Ohngeachtet sich bey dieser der oberste Bogen vom Anfange biß zu Ende erstreckt, so werden doch alle Noten bis auf das letzte f angeschlagen, welches durch einen neuen Bogen so gebunden ist, daß es ohne Anschlag liegen bleiben muß. Dieser grosse Bogen bedeutet also bloß die nöthige Schleiffung.
§. 31. Durch diesen Triller wird die vorhergehende Note an die folgende gezogen, also kömmt er niemahls bey gestossenen Noten vor. Er stellt in der Kürtze einen durch einen Vorschlag oder durch eine Haupt=Note an die folgende angeschlossenen Triller ohne Nachschlag vor.
In der zweiten Auflage (Berlin 1759) bringt er folgende Textkorrektur (S. 72):
Ohngeachtet sich bey dieser der oberste Bogen vom Anfange bis zu Ende streckt, so werden doch alle Noten bis auf das zweyte g [Hervorhebung von mir; man beachte im Notenbeispiel oben den C-Schlüssel!] und letzte f angeschlagen, welche durch einen neuen Bogen so gebunden sind, daß sie ohne Anschlag liegen bleiben müssen."
Die Notenbeispiele wurden für die zweite Auflage nicht neu gestochen, so daß auch diesmal wieder der Haltebogen zwischen den beiden g fehlt. Eben dieses fehlerhafte Notenbeispiel ohne die Kenntnis des Textes der Auflage 2/1759 führt dann zu den bekannten Mißverständnissen um die Ausführung des Prallers.
Stellt sich aber immer noch die Frage: Wie wird der Praller ausgeführt, wenn er frei einsetzt, also ohne eine vorausgehende Sekund (ein Sachverhalt, der bei JS Bach häufig vorkommt)? Hier bleiben die meisten Quellen, auch CPE Bach, eine Antwort schuldig ...
Als Literaturhinweis nochmals:
Isolde Ahlgrimm: Ornamentik der Musik für Tasteninstrumente. Ein Kompendium, gesammelt und zusammengestellt von Isolde Ahlgrimm. Bd. 1 (Deutschsprachige Quellen). Hrsg. von Helga Scholz-Michelitsch. Graz (Akad. Druck- u. Verlagsanstalt 2005. ISBN 3-201-01820-1
Die "Große Glaubensfrage" beim Praller: Beginne ich mit der Hauptnote (d.h. spiele ich drei Töne) oder beginne ich mit der oberen Nebennote (d.h. spiele ich vier Töne)?
Bei Ahlgrimm finden sich etliche Belege für die eine wie die andere Variante. Auffallend bei den meisten Quellen: Es wird ausschließlich der "Sonderfall" beschrieben, daß dem Praller die obere Sekund vorausgeht. Hier herrscht einigermaßen der Konsens, daß diese vorausgehende Sekund erst einmal gehalten wird, der Praller also verspätet mit der Hauptnote einsetzt. Auch CPE Bach beschreibt ausschließlich diesen Sonderfall und spricht von der "nöthigen Schleiffung" (Überbindung).
In der ersten Auflage (Berlin 1753) heißt es S. 81:
§. 30. Der halbe oder Prall=Triller, welcher durch seine Schärffe oder Kürtze sich von den übrigen Trillern unterscheidet, wird von den Clavier=Spielern der bey Tab. iv, Fig. 45 befindlichen Abbildung gemäß bezeichnet. Wir finden allda auch seine Ausnahme vorgestellt. Ohngeachtet sich bey dieser der oberste Bogen vom Anfange biß zu Ende erstreckt, so werden doch alle Noten bis auf das letzte f angeschlagen, welches durch einen neuen Bogen so gebunden ist, daß es ohne Anschlag liegen bleiben muß. Dieser grosse Bogen bedeutet also bloß die nöthige Schleiffung.
§. 31. Durch diesen Triller wird die vorhergehende Note an die folgende gezogen, also kömmt er niemahls bey gestossenen Noten vor. Er stellt in der Kürtze einen durch einen Vorschlag oder durch eine Haupt=Note an die folgende angeschlossenen Triller ohne Nachschlag vor.
In der zweiten Auflage (Berlin 1759) bringt er folgende Textkorrektur (S. 72):
Ohngeachtet sich bey dieser der oberste Bogen vom Anfange bis zu Ende streckt, so werden doch alle Noten bis auf das zweyte g [Hervorhebung von mir; man beachte im Notenbeispiel oben den C-Schlüssel!] und letzte f angeschlagen, welche durch einen neuen Bogen so gebunden sind, daß sie ohne Anschlag liegen bleiben müssen."
Die Notenbeispiele wurden für die zweite Auflage nicht neu gestochen, so daß auch diesmal wieder der Haltebogen zwischen den beiden g fehlt. Eben dieses fehlerhafte Notenbeispiel ohne die Kenntnis des Textes der Auflage 2/1759 führt dann zu den bekannten Mißverständnissen um die Ausführung des Prallers.
Stellt sich aber immer noch die Frage: Wie wird der Praller ausgeführt, wenn er frei einsetzt, also ohne eine vorausgehende Sekund (ein Sachverhalt, der bei JS Bach häufig vorkommt)? Hier bleiben die meisten Quellen, auch CPE Bach, eine Antwort schuldig ...