Musik und psychische Störungen

  • Ersteller des Themas Cheval blanc
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Die meisten Menschen, die etwas "künstlerisches" mit Herzblut tun, sind emotional tiefer empfindend. In allen Bereichen.
So wird's wohl sein und nicht umgekehrt.
Curt Cobain wurde nicht depressiv weil er als Jugendlicher anfing, Musik zu machen sondern fand in der Musik eher ein Ventil.
Die platte Schlussfolgerung "Aktive Beschäftigung mit Musik macht depressiv" ist hanebüchen.
 
Für Depression???
Eher im Gegenteil!
Vor allem die späten Werke sind überwiegend positiv oder wenigstens mit einem sehr auffälligen Happyend ausestattet! Nur in f-Moll (opp. 49, 52, ...) gibt es dann noch depressives.
In seinen mittleren Jahren gab es mehr Negatives!
Das wäre ein eigenes Thema wert?
 
Dass Schumann hier seine persönliche Befindlichkeit komponiert hätte, halte ich für eine sehr gewagte These. Welche Befindlichkeit soll das denn sein - bei einem Werk, dessen Komposition sich über einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren hinzog und in dem so ziemlich alle Affekte äußerst genau kalkuliert aneinandergereiht sind, die der musikalische Werkzeugkasten so aufbot?
 
Für Depression???
Eher im Gegenteil!
Vor allem die späten Werke sind überwiegend positiv oder wenigstens mit einem sehr auffälligen Happyend ausestattet! Nur in f-Moll (opp. 49, 52, ...) gibt es dann noch depressives.
In seinen mittleren Jahren gab es mehr Negatives!
Das wäre ein eigenes Thema wert?
Es gibt eine schöne Biographie über F. Chopin von Christoph Rueger, und nachdem ich das Buch gelesen habe, muss ich ganz klar schlussfolgern, dass Chopin nicht der Glücklichste war: Vor allem in seinen letzten Jahren hatte er vermehrt mit depressiven Zuständen zu kämpfen, verursacht u. a. durch verschiedene Krankheiten aber auch alleine aufgrund seiner „Zartheit“. Wenn der Komponist etwas in dur komponiert, heißt es doch noch lange nicht, dass es dem Komponisten gut geht und er glücklich ist… Siehe anderen Künsteler „Charlie Chaplin“, er war zeitlebens hoch depressiv und hat ausschließlich nur komische (im Sinne von erheiternd) Charaktere gespielt.
 
@Henry Sicherlich auch das. Zumindest lässt sich feststellen, dass das subjektive Empfinden hier - ob echt empfunden oder sentimental - hier eine größere Rolle spielt als in früheren Epochen.
 
Immerhin schrieb Schumann in einem Brief an Clara Wieck, diese Sonate sei „ein einziger Herzensschrei nach dir“. Was soll das denn anderes sein als persönliche Befindlichkeit?
Als Schumann die Komposition der Sonate begann, war er noch mit Ernestine von Fricken verlobt. Die Beziehung zu Clara Wieck begann im November 1835 - da war die Sonate schon fertig.
 
Als Schumann die Komposition der Sonate begann, war er noch mit Ernestine von Fricken verlobt. Die Beziehung zu Clara Wieck begann im November 1835 - da war die Sonate schon fertig.
Dann ist der Satz in dem Brief ja offenbar Betrug. ;-)

Aber das Recyceln von bereits bestehenden Kompositionen für neue Zwecke ist ja sogar im Hause Wagner üblich gewesen, wie man an der Geschichte des Siegfried-Idylls sehen kann.
 
Als Schumann die Komposition der Sonate begann, war er noch mit Ernestine von Fricken verlobt.
Der Nachname war ja auf jeden Fall schon mal vielversprechender als der Claras.
In Wirklichkeit wollte Schumann immer die schwedische Sängerin Astrid Viggen, die wollte ihn aber nicht. Daher war er ab da immer so schlecht drauf.
 

Irgendwann zwischen 1836 und 1839 hat er "das Klavierwerk Nr. 1 für Depressive" komponiert: op. 28 Nr. 4.
Das hat er sich damals angeblich - unter anderem - für seine Beerdigungsfeier als musikalische Untermalung gewünscht. Ich mag dieses Werk - wegen seiner zu deutlich vordergründig "depressiven" Art - nicht. Und am Ende "smorzando" lässt endgültig keinen Raum für Interpretation mehr.
(Es gibt bei Youtube ein Jazz-Arrangement, das ich sehr nett finde, aber stelle das lieber nicht ein, ich befürchte Haue...)

Leider gibt es ein Werk, das leider zum "Schlager" verkommen ist und auf schlimmste Weise "arrangiert" wurde: (Op 28) Nr 15. Dieses Stück ist sehr, sehr düster, auch der Des-Dur-Teil hat aufgrund der Ostinati einen Charakter, der die heitere Stimmung infrage stellt. Und trotzdem ist dieser Teil nach dem Cis-moll-Part eine Erholung, aber mit "Fragezeichen".
 
Irgendwann zwischen 1836 und 1839 hat er "das Klavierwerk Nr. 1 für Depressive" komponiert: op. 28 Nr. 4.

So jedenfalls hat es eine Bekannte - sie ist KL - formuliert. Und hinzugefügt: "Die Hälfte meiner Schüler flennt beim Vorspielen".


Von op.28/4 gibt es eine beeindruckende Hommage von Harold Budd namens "Among Fields Of Crystal" (Auf der CD "Ambient 2" mit Brian Eno). Kennt die noch jemand hier? Ich hab mir das mal rausgehört und spiele es seither lieber als das "Original" ... ;-)
 
Das Bild vom weinenden Clown kenne ich schon von Kindheit an.
Es bildet meiner Meinung nach sehr gut das ab, was einen Künstler ausmacht.
Ich möchte die These wagen, dass jemand, der nicht weiß - aus welchen Gründen auch immer - wie sich Trauer, Unglück, Schmerz anfühlt, es nie in der Kunst ausdrücken können wird, egal, ob Interpret oder Komponist oder Maler oderwasauchimmer.
In der Kunst drücken wir Gefühle aus, die jeder von uns kennt, sonst könnte man z.B. Musik nicht überall verstehen. Und das sind sehr empfindsame Gebilde.
Dazu kommt die enorme Absturzgefahr eines jeden bühnentätigen Künstlers. Du gibst alles auf der Bühne, das Publikum ist völlig begeistert, Trampeln, Klatschen, Zugabe brüllen, du feierst ein Fest mit ihnen. Dann ist es vorbei, der Raum ist plötzlich leer, ein schnöder Saal mit Stühlen. Du gehst nach Hause und dort wartet die Waschmaschine, nichts von dem, was vorher war, hat dann noch Relevanz, zumindest kann es so scheinen.
Wenn ich ein tragisches Stück komponiere, bin ich extrem dünnhäutig, weil ich die schnöde Realität dann oft nicht aushalten kann.
Es ist, wie wenn man krank ist. Wenn man Fieber hat, soll man liegen und nicht zur Arbeit gehen.
So ist es auch, wenn das Kompositionsvirus dich erfasst hat.
 
Aus dem Artikel geht für mich klar hervor, dass es starke Hinweise darauf gibt, dass Musikalität und Anfälligkeit für Depressionen zwar von den gleichen Genen beeinflusst werden. Eine Kausalität zwischen "Instrument spielen" und "Depression kriegen" wurde hingegen nicht festgestellt. Der entscheidende Satz ist hier für mich:

Gleichzeitig wurde festgestellt, dass Personen mit stärkerer genetischer Veranlagung zur Musikalität ein im Durchschnitt etwas höheres Risiko hatten, eine Depression zu entwickeln – gleichgültig, ob sie wirklich ein Musikinstrument spielten oder nicht.
Also ruhig weiter ran ans Instrument.
 
Ein altes statistisches Problem. Wir haben Korrelation festgestellt. Gibt es Kausalität? Wenn ja, in welche Richtung?
Oder haben beide Beobachtungen keinen kausalen Zusammenhang, sondern eine gemeinsame Ursache? (in diesem Fall wohl das Wahrscheinlichste)
Oder ist es überhaupt nur Zufall. In der Statistik kann man nie ganz sicher sein... ;)
 
Irgendwann zwischen 1836 und 1839 hat er "das Klavierwerk Nr. 1 für Depressive" komponiert: op. 28 Nr. 4.
Leider gibt es ein Werk, das leider zum "Schlager" verkommen ist und auf schlimmste Weise "arrangiert" wurde: (Op 28) Nr 15. Dieses Stück ist sehr, sehr düster,
...wenn jetzt die 24 Preludes als Symptome für hobbypsychologische Befunde herhalten müssen, dann ist das bissel Depression in e-moll noch die harmloseste Diagnose:
b-moll - aggressive Tobsucht
d-moll - manischer Bellizismus mit Kanonenschlägen
a-moll - klangliche Perversion (ein musikal. Krafft-Ebing würde den Frederic kaltbaden und wegsperren)
Addieren wir noch den langsamen Satz der 2. Sonate hinzu: akute Suizidgefahr, der Typ suhlt sich obendrein in Todessehnsucht...
Tja, da sammeln sich so viele "Krankheitsbilder", dass man den Kerl als multiplel psychisch gestört einordnen müsste.
;-) :-D:teufel:

Wo kann man sich das fürchterliche Arrangement des meteorologischen Des-Dur Preludes anhören?
 
@rolf ich hab nix hobbypsychologisch analysiert, denn das führt zu nichts. Ich habe nur geschrieben, wie ich das Stück empfinde.

Bzgl Frage:
Ich lasse jetzt mal die existierenden grusligen zuckerüberzogenen Performances weg und präsentiere dieses Arrangement für Sänger.
Die Sopranistin (und alle anderen) gibt wirklich ihr bestes:


(Aber vielleicht bin ich ja nur eine Banausin und das ist eigentlich ganz toll)


In der Kunst drücken wir Gefühle aus, die jeder von uns kennt, sonst könnte man z.B. Musik nicht überall verstehen. Und das sind sehr empfindsame Gebilde.
Dazu kommt die enorme Absturzgefahr eines jeden bühnentätigen Künstlers. Du gibst alles auf der Bühne, das Publikum ist völlig begeistert, Trampeln, Klatschen, Zugabe brüllen, du feierst ein Fest mit ihnen. Dann ist es vorbei, der Raum ist plötzlich leer, ein schnöder Saal mit Stühlen.
Um dem zu entgehen haben so manche (Hard)rocker ihre Groopies und Aftershowpartys mit Drogen aller Art. Sollten vielleicht andere Genres auch einführen. ;-)

Ähnliches Problem haben andere Künstler auch. Steve Martin hat den Höhepunkt seiner Karriere als den einsamsten Punkt beschrieben. Und nach der Show war er auf dem Hotel-Zimmer, "nothing to look but inward"...
 
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