Grundsätzlich halte ich eine Verspannung des Daumens für sehr viel problematischer. Ein fester, immer über der Taste oder sogar davor gehaltener Daumen beeinflusst das Klavierspiel sehr negativ. Meistens wird das vom Spieler gar nicht bemerkt. Schau mal, ob der Daumen entspannt an den Tasten auf seinen nächsten Auftrag wartet, oder ob er sich besserwisserisch als Supervisor über die anderen Finger aufspielt. Ansonsten sehe ich es so wie @chiarina.
Und: Mach Dir nicht zu viele Sorgen. Sei wachsam und arbeite daran. Manche Dinge lösen sich mit der Zeit.
Als ich das erste Mal Ski gefahren bin, habe ich Muskeln angespannt, die es gar nicht gibt und die man in jedem Fall nicht für´s Skifahren braucht. Mit der Zeit und der Erfahrung, daß das Instrument einem vertrauter ist, geht das vorüber.
Wie einer meiner Lehrer sagte, vielleicht etwas übersptitzt: alle technischen Probleme sind Daumenprobleme. Die starre Fixierung des Daumens wirkt sich tatsächlich katastrophal aus. Was ich mit Schülern übe: das Spiel unterbrechen, Handposition beibehalten, Daumen hochheben (lassen). Wenn
das der Daumen zulässt und er locker auf die Taste zurückfällt, ist es gut. Ist es meistens aber nicht. Da brauchen Lehrer und Schüler eine Menge Geduld, lohnt sich aber.
Ansonsten dürfen die anderen Finger tanzen. Durch positive Konzentration auf die je aktiven Finger löst sich das Problem i.d. R.von selbst. Vermeiden im Anfangsstadium: Fesselfingerübungen.
Wie schon öfters und auch richtig in verschiedenen Threads erwähnt: ein ausschließlich fingerzentriertes Spiel ist physiologisch nicht praktikabel und führt durch die Überlastung der Fingerbeuger- und Fingerstreckermuskulatur zur Verkrampfung. . Allerdings gibt es auch bei den Verfechtern der Arm- oder Ganzkörperpianistik Auswüche. Wenn man die Klaviertechnik der Breithauptschule konsequent anwenden würde, wäre ein artikuliertes Spiel kaum möglich.
Bei einem Klavierkurs hörte ich einmal Hanns Leygraf zu einer Studentin, die einen sehr unartikulierten Mozart spielte, sagen. " Spielen Sie das von den Fingerspitzen aus". Das war in diesem Moment genau richtig. Es ist schließlich so, dass die Fingerbeere ein sehr sensibles Nervengeflecht beinhaltet, das in der Lage ist, genaue Rückmeldungen über den Anschlag der Taste bzw. das resultierende Ergebnis zu liefern ( wenn es bereits eine Verbindung zwischen Klangvorstellung, Klangkontrolle und Bewegung gibt, was bei einem Anfänger nicht immer der Fall ist).
Ich denke, man sollte überhaupt keinen Gegensatz zwischen Arm-und Fingerspiel konstruieren. Das Armgewicht soll zwischen Schulter und und Fingerspitze je nach Bedarf ausbalanciert werden. Ganz ohne Griffimpuls wird es dabei nicht gehen. Das ist das, was wir vom Säuglingsalter an können.
Die Finger sind i. d.R. nicht bloß die Verlängerung der Arme. Sonst wäre der untere Bereich des Spielapparats nichts weiter als ein gelenkloser Hebel. Den braucht man allerdings mitunter auch.
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