Ich befürchte allerdings, dass mir persönlich Bartoks Mikrokosmos weniger liegen würde - aus einem ganz einfachen Grund:
Ich mag Melodien die ich schon kenne. Dieser Wiedererkennungswert ist für mich sehr wichtig. Im Heumann gibt es zwar auch Eigenkompositionen, aber eben auch (vereinfachte) Stücke wie "Morning has Broken", "Joy to the World", "Amazing Graze" und (vereinfachte) Werke von Bach, Beethoven oder Tschaikowski.
Abschließend habe ich eigentlich nur noch eine Frage:
Wieso ist Bartoks Mikrokosmos 1 "vollwertig" und Heumanns Klavierpielen...Hobby 1 nicht? gibt es dafür objektive Qualitätskriterien, oder ist das einfach eine Frage des Geschmacks?
Ich weiß nicht, wieweit du Argumenten zugänglich bist. Und letztlich muss jeder seine Erfahrungen selbst sammeln. Aber vielleicht hilft ein kleiner Erfahrungsbericht. Dir oder anderen:
Ich habe das Klavierspielen mit der Heumann-Schule angefangen, letztes Jahr im März/April. Seit den Sommerferien letzten Jahres spielen wir anderes, und das ist auch gut so. Letztens habe ich mir aus Interesse Bartóks Mikrokosmos gekauft (bisschen klimpern in den Ferien und mal sehen, was das ist
).
Und, mir scheint, es gibt durchaus Unterschiede zwischen dem Heumann-Heft und dem Mikrokosmos:
Du schreibst irgendwo, der Heumann sei einfach. Das stimmt so nun nicht. Spätestens bei dem von dir zitierten „Morning has broken“ bekommt man als Anfänger die Krise. Ganz zu schweigen von dem höllischen (und echt scheußlichen) „Plaisir D’Amour“.
Im Vergleich dazu bewegt sich der Mikrokosmos 1 fast ausschließlich im 5-Finger-Raum (was nicht heißt, dass sich die Noten auf c’-d’-e’-f’-g’ in der rechten Hand und c’-h-a-g-f mit links beschränken); Achtel und Sechzehntel tauchen im gesamten Band nicht auf.
Nun würd’ ich gern schreiben: „Tjahahaaa, das, was Bartók im Mikrokosmos 1 so lehrt, kann ich schon LANGE!!!“ Aber leider isses nicht so. Tatsächlich gibt es einiges, was man bei Heumann etc. nicht so gut lernt.
Nun hatte man ja bei Heumann gelernt: Rechts spielt die Melodie, und links macht’s „Rumm – ta – ta“. (c – e/g – e/g // d – f/a – f/a // usw. (z.B. bei „Morning has broken“)) :roll:
Im Mikrokosmos 1 werden beide Hände offensichtlich gleichwertig behandelt, technisch wie musikalisch. Das scheint mir recht nützlich zu sein, für die linke Hand. Vor allem aber für das Ohr. Denn gibt es bei „Rumm – ta –ta“ links nicht viel zu hören (außer es geht übel daneben), so verhält es sich akustisch ganz anders, wenn man beispielsweise – wie bei Bartók so oft – mit links einen Kanon spielt, oder zeitversetzt eine Gegenbewegung. Ich zumindest höre dann sehr intensiv, was mit der Bassstimme passiert. Das geht mir bei „Rumm – ta – ta“ gar nicht so.
Dann gibt es im Mikrokosmos 1 Stellen, da hält die rechte Hand einen Ton, während sich die Bassstimme weiterbewegt. Oder umgekehrt. Nun weiß man ja aus dem Heumann: Rechts laut, links leise. Nur tritt der Bass bei Barók ein bisschen auch dann hervor, wenn in der Melodiestimme nichts passiert, im Bass aber durchaus: zum Beispiel weil dort dieselbe Melodie zeitversetzt, oder aber eine umgekehrte Melodie weiter gespielt wir. Ich finde, das regt absolut an dazu, mit „laut“ und „leise“ zu experimentieren und einmal das eine und einmal das andere Element in den Vordergrund treten zu lassen.
Dann kann man noch schauen, im Mikrokosmos, nach den Titeln. Gewiss nicht sehr werbewirksam, das „Frage und Antwort“, die „Imitation und Kontrapunkt“ oder „Imitation und Umkehrung“. Aber wenn man mal guckt, was warum wie heißt, und was dann wann wo passiert, im Notentext: Also, sehr lehrreich isses schon …
Wie auch immer: Einfach mal gucken. Bissel über den Tellerrand hinaus. Und mal schauen, was es überhaupt so alles Spannendes zu entdecken gibt …
Viele Grüße,
Nuri