Ich darf hier glücklicherweise ja in Präsenz unterrichten und habe Online-Unterricht nur kurz im letzten Frühjahr gegeben. Das war absolut furchtbar, weil ich meine Vorstellungen von einem guten Unterricht nicht verwirklichen konnte.
Durch die schlechte Internetverbindung konnte ich nichts hören - spielte der Schüler beispielsweise eine Sekunde c''-b'. hörte ich c''-b'-a'. Bei mehr als zwei Tönen gleichzeitig hörte ich nur einen undefinierbaren Lärm. Daher konnte ich überhaupt nicht am Stück arbeiten, auch nicht an Details. Von den vielen Abbrüchen rede ich gar nicht.
Ich empfand es als absolut schrecklich, durch einen Bildschirm mit meinen Schülern zu kommunizieren - jegliche Sinnlichkeit, Körperlichkeit, die mir so wichtige physische Präsenz ging verloren.
Besonders mag ich am Unterricht, mit dem Schüler gemeinsam etwas zu erarbeiten und zusammen in Musik oder einer spannenden Problemlösung zu versinken. Dieser Flow, dieses konzentrierte Arbeiten an etwas, ist für mich online nicht möglich, da die Kommunikation als Lehrer viel direktiver funktioniert. Man fordert auf oder fragt - das ist sehr einseitig. Es fehlt das Vor-/Nachspielen, es fehlt die körpersprachliche und non-verbale Kommunikation, es fehlt das miteinander Musizieren, es fehlt das umfassende Feedback des Schülers ... . Im Präsenzunterricht entsteht eine Atmosphäre, die online fehlt. Im Präsenzunterricht kann ich viel besser erkennen, warum etwas nicht funktioniert, weil ich den Schüler wesentlich umfassender und aufmerksamer wahrnehmen kann.
Durch die schlechte Klangqualität kann ich auch nicht an Details arbeiten. Ich kann normalerweise direkt am Klang hören, ob der Schüler überflüssige Verspannungen hat, ob etwas nicht in Ordnung ist, warum etwas nicht gut klingt. Das alles geht online nicht.
Die Arbeit, wie ich sie liebe und als wesentlich für die Qualität von Klavierunterricht empfinde, ist online also nicht möglich. Trotzdem ist online anderes möglich, wie ich
hier beschrieben habe.
Was wirklich ganz gut funktioniert, ist die Zusendung von Videos. Ich habe eine Schülerin so auch auf ihr Abi vorbereitet.
Ich habe bei fortgeschrittenen (und erwachsenen) Schülern auch gute Erfahrungen mit schriftlicher Rückmeldung gemacht (ggf. im Wechsel mit Online-Live-Unterricht). D.h., die Schüler schicken mir Video oder Tonaufnahme, ich höre sie an und gebe dann anhand von Taktzahlen oder Minuten:Sekunden Angaben der Aufnahme eine schriftliche Rückmeldung. Das hat den Vorteil, dass die Schüler immer wieder nachlesen können, was ich "zu sagen" hatte, und die Kritik oder das Lob auch anhand ihrer eigenen Aufnahme nachvollziehen können.
Dabei hat sich auch als sehr nützlich erwiesen, dass ich auf die Videos von Schülern ein eigenes Video erstellt habe. Ich konnte so auch Dinge zeigen und vorspielen und ich habe dafür sehr positives Feedback bekommen.
Aber das ist natürlich kein Online-Unterricht im eigentlichen Sinne, sondern eher die Nutzung digitaler Medien, die auch sonst im Klavierunterricht nützlich ist.
Insgesamt kann ich diesem
also keinesfalls zustimmen.
Liebe Grüße
chiarina