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Felix
(ehemals Datenvegetarier)
- Dabei seit
- 9. Aug. 2016
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Liebe Klavierfreunde,
ich habe ein neues Instrument angeschafft. Der Akt steht allmählich vor dem Abschluß, es wird Zeit für einen Bericht. Für die mangelnde Form bitte ich um Entschuldigung, die Informationen sind aber irgendwo da drin.
Nach etwas Geklimper in der Jugend spielte ich zwanzig Jahre kein Klavier. Im Herbst 2016 änderte sich das, ich wollte wieder. Allerdings nicht zu viel Geld ausgeben, denn ich war mir ganz und gar nicht sicher, ob nach dem Kauf auch wirklich fleißig geübt und das neue Hobby gebührend gepflegt werden würde. Ich beschloß also herumzufahren und viel auszuprobieren, um am Ende vielleicht vor einem tollen und günstigen Gebrauchtinstrument zu stehen.
An einem Gebrauchten reizte mich neben dem Preis die Vorstellung, Geschichte zu kaufen, gewachsene, gespielte Stimmung, darin widerhallend die Geister der Vorbesitzer, das Greinen der gezwungenen, die Jauchzer der freiwilligen.
Der mutige Gedanke an ein U1 oder U3 kam bereits etwas verwegen daher und rötete mir die Wangen, wurde aber überraschend bald noch zur Seite gefegt von der plötzlichen Lust und dem Übermut: warum kein Flügel! Luxus. Dekadenz. Die Lust setzte sich fest und brachte Farbe ins Spiel.
Auf Erkundung „spielte“ ich haufenweise alte Steinways, die schlecht oder gar nicht restauriert waren, oder mir aus anderweitigen Gründen nicht gefielen. Ich kannte mich nicht aus, mußte mich also nicht mit Fachbegriffen plagen, sondern setzte Tastendrücke hier und da und erlangte einen kristallin subjektiven Eindruck, den ich in einem Heft vermerkte. Dann hops zum nächsten. Mit der Zeit kam da ein ordentliches Werk zusammen, worin beispielsweise geschrieben stand, daß mir ein Seiler 200 cm gut gefiel, ein paar C3 aus den 70ern und 80ern ok waren und den miesen S&S nicht nachstanden. Besonders beeindruckten mich allerdings eine Reihe älterer Bechsteiner, deren Spielgefühl vor allem, aber zu teuer. Bösendorfer ließ mich kalt, Kawai fand ich dumpf, usw.
Ein Stochern im Nebel. Ich bekam keinen Überblick, fand nicht zu Sicherheit in meinem Urteil und schwirrte im Zickzack von Blüte zu Blüte. Eine der Blüten duftete schließlich besonders stark, das Spielgefühl war leichtfüßig, der Klang wuchtig, der Preis niedrig, und was mich wunderte – es war wieder ein Kawai. Ein anderer allerdings, ein GS-50 von 1983. Damalige Konzertserie, brillanter und lauter als die Heimserie – Marketingattribute, die ich mir später aus dem Internet zusammenklaubte. Jedenfalls gefiel mir der Flügel, ich hatte einige Tage Autobahnzeit angesammelt, und war froh, endlich fündig geworden zu sein.
Der GS war auch froh und wurde die nächsten vier Jahre ordentlich rangenommen. Nach und nach begriff ich, was ich da überhaupt tat und damit einhergehend fielen mir kleine Macken am guten K. Kawai auf, die mich anfangs überhaupt nicht, dann wenig, später mehr und mehr störten. Er hatte brettharte Hämmer und war äußest brillant intoniert, was mehrere Klavierbauer nicht entscheidend bessern konnten. Die Mechanik war in Ordnung, man konnte es richtig gewittern lassen; Regentropfen hingegen gingen nicht, das wurden Hagelkörner.
Die Macken machten, daß heimlich leise die schier unmögliche Idee keimte, irgendwann doch noch einmal das Instrument zu tauschen. Um die Unvernunft zu bremsen und die unverschämte Idee gleichsam ins Feenreich zu versetzen, errichtete ich Hürden. Ein neues Instrument wäre erst drin, wenn ich entweder a) Chopins op. 53 spielen konnte, b) mindestens einen Euro mit einem öffentlichen Auftritt verdient hatte, oder c) 50 Jahre alt war.
Gute Regeln, die dann recht bald über Bord gingen.
Mit dem GS-50 hatte ich Glück. Hier ist die Anzeige von damals. Einer meiner Freunde spielt selbst Klavier und Orgel und hat sich die digitale Dynamik der Orgel angewöhnt. Ihn störte das mangelnde piano des GS nicht, denn ohnehin spielt er nie piano. Er war oft bei mir, um den tollen Baß zu erleben, den sägezarten Sopran, kurzum, die beiden paßten besser zusammen, und wir machten einen Deal. Sein eigener Flügel (der Vogel aus o.g. Anzeige) fand ebenfalls einen Abnehmer, die Transporte wurden organisiert und mein Musikzimmer war nach vier Jahren wieder leer.
Damals las ich eure wunderbaren Berichte hier im Forum. Ich schaute, was auf dem Flügelmarkt los war, und der Wunsch aufs Neue festigte sich. Ja, ein neues Instrument, diesmal kein gebrauchtes mehr. Keine Macken, keine unbekannte Vorgeschichte. Keine Romantik.
Reinheit, Reduktion. Ein Werkzeug.
Nach den vier Jahren wußte ich, ich war wohl nicht der Typ, der eines Tages SEINEM FLÜGEL begegnet, und die Energie schlägt dann über vom herrlich polierten Finish mit blaugrünen Funken, und die Tasten bewegen sich von selbst, wie Sahne die Tasten, und Musik ist da, auf einmal diese Musik, und das Grinsen wird breiter, wird zum Lachen, zum Grölen, wird zum ...
Nein, ich sitze halt so da. Mein Geschmack hatte sich allerhöchstens ein kleines bisschen entwickelt, und steckte noch immer in den Kinderschuhen. Ich las mir also ein paar Marken an – es war mitten in Corona – und legte mich anhand der Meinungen anderer Leute auf die Erstvisite fest: Shigeru Kawai, August Förster, Yamaha S. Ich wollte zudem offen bleiben, für alles, nur neue Steinway, Fazioli, Steingräber und die anderen Spitzenpreisklassen kamen nicht in Frage.
Den GS mit seinen 206 cm hatte ich in meinem 20 qm Zimmer immer als zu laut empfunden. Sein Nachfolger sollte auf jeden Fall kleiner sein. Denn das war ja ein handfestes Problem: Instrumente, die beim Händler wundervoll klingen, lassen mit Pech in den eigenen vier Wänden die Sau raus. Erschlagen von Glas und kahlen Oberflächen, Raummoden, Früh- und Spätreflektionen, unter- oder überdämpft und verzerrt, kann es sein, daß das große Glück zur großen Belastung wird.
Wie damit umgehen? Lieber etwas kleiner kaufen. Dann war das Risiko einer unangenehmen Überraschung ebenfalls kleiner, so meine Überlegung.
Ich vereinbarte ein paar Termine und fuhr los. Die erste Tour führte nach Frankfurt. Piano Atzert war übersichtlicher, als ich es mir vorgestellt hatte. Eine sehr freundliche Dame empfing mich und stellte mir die verschiedenen Instrumente vor. Leider war es in dem schnuckeligen Lädchen nie möglich, richtig alleine zu sein, der Blick über die Schultern stets präsent, was mich doch hemmte. Ich spielte nacheinander einen Kawai GL-30 (mulmig und doch grell, kein schöner Klang, angenehme Spielbarkeit), einen jungen gebrauchten Steinway B (langweilig, unauffällig), einen Shigeru SK-2 (unauffällig, gut spielbar, deutlich besser als der GL, aber keine Offenbarung), sowie eine Reihe von August Förster Klavieren (klanglich warm und für die Größe sehr baßstark, aber etwas wummerig und dick auftragend). Insgesamt hatte ich nicht das Gefühl, daß mich der Besuch hier bereits in eine bestimmte Richtung gebracht hätte. Wir verblieben unverbindlich, und ich fuhr ein paar Straßen weiter.
Stollenwerk scheint sich auf den Verleih, das Gestellen und die Betreuung rund um Konzerte spezialisiert zu haben, verkauft die Instrumente aber auch. Die Chefin vereinbarte ein Treffen im Industriegebiet, wo sie eine Lagerhalle aufsperrte, mir kurz die Flügel erläuterte und mich alleine ließ, ich sollte Bescheid geben, wenn ich fertig war. Das gefiel mir. Ich spielte einen Yamaha S6 von 2015 (schöner runder Klang, toller Baß, milder Diskant, gute Spielweise), einen S3X (etwas stimmte nicht, schepperte, Diskant grell, kaum Baß, wohl absolut neu und noch nicht vorbereitet), einen C3 (ausgewogen, schön, etwas zu hell, unspektakulär, aber gut), einen F6 („was ist das denn für einer?“, „oh, da ist das C abgefallen“, aus Gestellung, weicher Anschlag, klanglich und spielerisch aus meiner Sicht aber kein Vorteil ggü. dem S6). Ein angenehmer Kontakt, einige wirklich gute Instrumente, die mein Herz für Yamaha nun ein wenig höher schlagen ließen, wenn auch noch kein echter Kracher dabei gewesen war.
Anderntags ging es nach Fürth, wo mich Herr Kreisel schraubend und intonierend an den von mir gewünschten Probeexemplaren erwartete. Ich traf erstmals auf perfekt vorbereitete Instrumente, wurde alleine gelassen und konnte mir in Ruhe ein Bild machen. Die Flügel stehen in einer riesigen Halle mit knapp zehn Meter hohen Decken, was eine Akustik erzeugt, die ich aus meinem Räumchen absolut nicht gewöhnt bin. Es wallte und hallte, und der Direktschall war nicht eindeutig zu beurteilen, zumindest nicht mit meiner mangelnden Erfahrung in solchen Umgebungen. Ich spielte August Förster 190 und 215 (warmes, wuchtiges Klangbild mit vollen Bässen, gerade im Vergleich zu den folgenden Shigeru aber nicht so fein auflösend, etwas verwaschen, Spielbarkeit angenehm und allenfalls ein klein wenig schwammig), Shigeru SK-2 (Baß kernig, aber undifferenziert, Mittellage sehr präsent, Diskant grell, Spielbarkeit herrlich, wie auch die folgenden SK), SK-3 (Baß deutlicher, Mitten scharf intoniert, Diskant gut), SK-6 (Baß kräftig und klarer, in dem Raum für mich immer noch leicht verwaschen, von allen Instrumenten bislang aber am saubersten, Mitten und Höhen ausgewogen und schön). Herr Kreisel stand jederzeit für Fragen zu Verfügung, und bei einem Kaffee sprachen wir über meine Räumlichkeiten und die avisierte Flügellänge. Er bestätigte meine Vorsicht und riet eindeutig vom SK-6 ab, meinte, er favorisiere den 3er, der biete den besten Kompromiß zwischen Inharmonizität und Heimverträglichkeit. Ein Besuch, der sich lohnte, denn Shigeru war in Fürth auf Platz eins gerückt. Das Spielgefühl! Federleicht und tonnenschwer, präzise, sauber, trocken-kühl und viele weitere Adjektive passen da hinein. Nur klanglich war ich noch nicht zufrieden, schob das auf den ungewohnten Hall. August Förster war raus, wunderwarme Wuchtbrummen, die dummerweise neben den SK standen und dem direkten Vergleich nicht entgehen konnten.
ich habe ein neues Instrument angeschafft. Der Akt steht allmählich vor dem Abschluß, es wird Zeit für einen Bericht. Für die mangelnde Form bitte ich um Entschuldigung, die Informationen sind aber irgendwo da drin.
Nach etwas Geklimper in der Jugend spielte ich zwanzig Jahre kein Klavier. Im Herbst 2016 änderte sich das, ich wollte wieder. Allerdings nicht zu viel Geld ausgeben, denn ich war mir ganz und gar nicht sicher, ob nach dem Kauf auch wirklich fleißig geübt und das neue Hobby gebührend gepflegt werden würde. Ich beschloß also herumzufahren und viel auszuprobieren, um am Ende vielleicht vor einem tollen und günstigen Gebrauchtinstrument zu stehen.
An einem Gebrauchten reizte mich neben dem Preis die Vorstellung, Geschichte zu kaufen, gewachsene, gespielte Stimmung, darin widerhallend die Geister der Vorbesitzer, das Greinen der gezwungenen, die Jauchzer der freiwilligen.
Der mutige Gedanke an ein U1 oder U3 kam bereits etwas verwegen daher und rötete mir die Wangen, wurde aber überraschend bald noch zur Seite gefegt von der plötzlichen Lust und dem Übermut: warum kein Flügel! Luxus. Dekadenz. Die Lust setzte sich fest und brachte Farbe ins Spiel.
Auf Erkundung „spielte“ ich haufenweise alte Steinways, die schlecht oder gar nicht restauriert waren, oder mir aus anderweitigen Gründen nicht gefielen. Ich kannte mich nicht aus, mußte mich also nicht mit Fachbegriffen plagen, sondern setzte Tastendrücke hier und da und erlangte einen kristallin subjektiven Eindruck, den ich in einem Heft vermerkte. Dann hops zum nächsten. Mit der Zeit kam da ein ordentliches Werk zusammen, worin beispielsweise geschrieben stand, daß mir ein Seiler 200 cm gut gefiel, ein paar C3 aus den 70ern und 80ern ok waren und den miesen S&S nicht nachstanden. Besonders beeindruckten mich allerdings eine Reihe älterer Bechsteiner, deren Spielgefühl vor allem, aber zu teuer. Bösendorfer ließ mich kalt, Kawai fand ich dumpf, usw.
Ein Stochern im Nebel. Ich bekam keinen Überblick, fand nicht zu Sicherheit in meinem Urteil und schwirrte im Zickzack von Blüte zu Blüte. Eine der Blüten duftete schließlich besonders stark, das Spielgefühl war leichtfüßig, der Klang wuchtig, der Preis niedrig, und was mich wunderte – es war wieder ein Kawai. Ein anderer allerdings, ein GS-50 von 1983. Damalige Konzertserie, brillanter und lauter als die Heimserie – Marketingattribute, die ich mir später aus dem Internet zusammenklaubte. Jedenfalls gefiel mir der Flügel, ich hatte einige Tage Autobahnzeit angesammelt, und war froh, endlich fündig geworden zu sein.
Der GS war auch froh und wurde die nächsten vier Jahre ordentlich rangenommen. Nach und nach begriff ich, was ich da überhaupt tat und damit einhergehend fielen mir kleine Macken am guten K. Kawai auf, die mich anfangs überhaupt nicht, dann wenig, später mehr und mehr störten. Er hatte brettharte Hämmer und war äußest brillant intoniert, was mehrere Klavierbauer nicht entscheidend bessern konnten. Die Mechanik war in Ordnung, man konnte es richtig gewittern lassen; Regentropfen hingegen gingen nicht, das wurden Hagelkörner.
Die Macken machten, daß heimlich leise die schier unmögliche Idee keimte, irgendwann doch noch einmal das Instrument zu tauschen. Um die Unvernunft zu bremsen und die unverschämte Idee gleichsam ins Feenreich zu versetzen, errichtete ich Hürden. Ein neues Instrument wäre erst drin, wenn ich entweder a) Chopins op. 53 spielen konnte, b) mindestens einen Euro mit einem öffentlichen Auftritt verdient hatte, oder c) 50 Jahre alt war.
Gute Regeln, die dann recht bald über Bord gingen.
Mit dem GS-50 hatte ich Glück. Hier ist die Anzeige von damals. Einer meiner Freunde spielt selbst Klavier und Orgel und hat sich die digitale Dynamik der Orgel angewöhnt. Ihn störte das mangelnde piano des GS nicht, denn ohnehin spielt er nie piano. Er war oft bei mir, um den tollen Baß zu erleben, den sägezarten Sopran, kurzum, die beiden paßten besser zusammen, und wir machten einen Deal. Sein eigener Flügel (der Vogel aus o.g. Anzeige) fand ebenfalls einen Abnehmer, die Transporte wurden organisiert und mein Musikzimmer war nach vier Jahren wieder leer.
Damals las ich eure wunderbaren Berichte hier im Forum. Ich schaute, was auf dem Flügelmarkt los war, und der Wunsch aufs Neue festigte sich. Ja, ein neues Instrument, diesmal kein gebrauchtes mehr. Keine Macken, keine unbekannte Vorgeschichte. Keine Romantik.
Reinheit, Reduktion. Ein Werkzeug.
Nach den vier Jahren wußte ich, ich war wohl nicht der Typ, der eines Tages SEINEM FLÜGEL begegnet, und die Energie schlägt dann über vom herrlich polierten Finish mit blaugrünen Funken, und die Tasten bewegen sich von selbst, wie Sahne die Tasten, und Musik ist da, auf einmal diese Musik, und das Grinsen wird breiter, wird zum Lachen, zum Grölen, wird zum ...
Nein, ich sitze halt so da. Mein Geschmack hatte sich allerhöchstens ein kleines bisschen entwickelt, und steckte noch immer in den Kinderschuhen. Ich las mir also ein paar Marken an – es war mitten in Corona – und legte mich anhand der Meinungen anderer Leute auf die Erstvisite fest: Shigeru Kawai, August Förster, Yamaha S. Ich wollte zudem offen bleiben, für alles, nur neue Steinway, Fazioli, Steingräber und die anderen Spitzenpreisklassen kamen nicht in Frage.
Den GS mit seinen 206 cm hatte ich in meinem 20 qm Zimmer immer als zu laut empfunden. Sein Nachfolger sollte auf jeden Fall kleiner sein. Denn das war ja ein handfestes Problem: Instrumente, die beim Händler wundervoll klingen, lassen mit Pech in den eigenen vier Wänden die Sau raus. Erschlagen von Glas und kahlen Oberflächen, Raummoden, Früh- und Spätreflektionen, unter- oder überdämpft und verzerrt, kann es sein, daß das große Glück zur großen Belastung wird.
Wie damit umgehen? Lieber etwas kleiner kaufen. Dann war das Risiko einer unangenehmen Überraschung ebenfalls kleiner, so meine Überlegung.
Ich vereinbarte ein paar Termine und fuhr los. Die erste Tour führte nach Frankfurt. Piano Atzert war übersichtlicher, als ich es mir vorgestellt hatte. Eine sehr freundliche Dame empfing mich und stellte mir die verschiedenen Instrumente vor. Leider war es in dem schnuckeligen Lädchen nie möglich, richtig alleine zu sein, der Blick über die Schultern stets präsent, was mich doch hemmte. Ich spielte nacheinander einen Kawai GL-30 (mulmig und doch grell, kein schöner Klang, angenehme Spielbarkeit), einen jungen gebrauchten Steinway B (langweilig, unauffällig), einen Shigeru SK-2 (unauffällig, gut spielbar, deutlich besser als der GL, aber keine Offenbarung), sowie eine Reihe von August Förster Klavieren (klanglich warm und für die Größe sehr baßstark, aber etwas wummerig und dick auftragend). Insgesamt hatte ich nicht das Gefühl, daß mich der Besuch hier bereits in eine bestimmte Richtung gebracht hätte. Wir verblieben unverbindlich, und ich fuhr ein paar Straßen weiter.
Stollenwerk scheint sich auf den Verleih, das Gestellen und die Betreuung rund um Konzerte spezialisiert zu haben, verkauft die Instrumente aber auch. Die Chefin vereinbarte ein Treffen im Industriegebiet, wo sie eine Lagerhalle aufsperrte, mir kurz die Flügel erläuterte und mich alleine ließ, ich sollte Bescheid geben, wenn ich fertig war. Das gefiel mir. Ich spielte einen Yamaha S6 von 2015 (schöner runder Klang, toller Baß, milder Diskant, gute Spielweise), einen S3X (etwas stimmte nicht, schepperte, Diskant grell, kaum Baß, wohl absolut neu und noch nicht vorbereitet), einen C3 (ausgewogen, schön, etwas zu hell, unspektakulär, aber gut), einen F6 („was ist das denn für einer?“, „oh, da ist das C abgefallen“, aus Gestellung, weicher Anschlag, klanglich und spielerisch aus meiner Sicht aber kein Vorteil ggü. dem S6). Ein angenehmer Kontakt, einige wirklich gute Instrumente, die mein Herz für Yamaha nun ein wenig höher schlagen ließen, wenn auch noch kein echter Kracher dabei gewesen war.
Anderntags ging es nach Fürth, wo mich Herr Kreisel schraubend und intonierend an den von mir gewünschten Probeexemplaren erwartete. Ich traf erstmals auf perfekt vorbereitete Instrumente, wurde alleine gelassen und konnte mir in Ruhe ein Bild machen. Die Flügel stehen in einer riesigen Halle mit knapp zehn Meter hohen Decken, was eine Akustik erzeugt, die ich aus meinem Räumchen absolut nicht gewöhnt bin. Es wallte und hallte, und der Direktschall war nicht eindeutig zu beurteilen, zumindest nicht mit meiner mangelnden Erfahrung in solchen Umgebungen. Ich spielte August Förster 190 und 215 (warmes, wuchtiges Klangbild mit vollen Bässen, gerade im Vergleich zu den folgenden Shigeru aber nicht so fein auflösend, etwas verwaschen, Spielbarkeit angenehm und allenfalls ein klein wenig schwammig), Shigeru SK-2 (Baß kernig, aber undifferenziert, Mittellage sehr präsent, Diskant grell, Spielbarkeit herrlich, wie auch die folgenden SK), SK-3 (Baß deutlicher, Mitten scharf intoniert, Diskant gut), SK-6 (Baß kräftig und klarer, in dem Raum für mich immer noch leicht verwaschen, von allen Instrumenten bislang aber am saubersten, Mitten und Höhen ausgewogen und schön). Herr Kreisel stand jederzeit für Fragen zu Verfügung, und bei einem Kaffee sprachen wir über meine Räumlichkeiten und die avisierte Flügellänge. Er bestätigte meine Vorsicht und riet eindeutig vom SK-6 ab, meinte, er favorisiere den 3er, der biete den besten Kompromiß zwischen Inharmonizität und Heimverträglichkeit. Ein Besuch, der sich lohnte, denn Shigeru war in Fürth auf Platz eins gerückt. Das Spielgefühl! Federleicht und tonnenschwer, präzise, sauber, trocken-kühl und viele weitere Adjektive passen da hinein. Nur klanglich war ich noch nicht zufrieden, schob das auf den ungewohnten Hall. August Förster war raus, wunderwarme Wuchtbrummen, die dummerweise neben den SK standen und dem direkten Vergleich nicht entgehen konnten.