Also, ihren Schwerpunkt sieht sie im Jazz. War mir vorher nicht bewusst. Die Abneigung gegenüber Klassik ist daher wohl persönlicher Natur. Lohnt sich das Lernen dort für mich prinzipiell trotzdem? Also grundlegende Klavierkenntnisse, um dann später zur Klassik zu wechseln?
Nein. Lohnt sich nicht.
Und zwar aus drei Gründen:
1. Sie kann Klassik nicht. Wer zudem Klassik auch noch nicht mag, kann kein guter Klavierlehrer sein. Ich weiss wovon ich rede, ich leite seit über 15 Jahren eine grössere Musikschule und war auch im Vorstand des Musikschulverbandes tätig. Ich habe sehr viele Lehrer und "Lehrer" gesehen.
Du willst Klassik. Sie kann das nicht und will das nicht. Also geh sofort. Du brauchst nicht später zur Klassik zu wechseln. Warum später? Worauf warten? Und was ist "später"? Nach dem letzten Band Terzibaschitsch? Vergiss es. Du wirst dort nichts lernen, was dich weiter bringt. Und schon gar keine grundlegenden Klavierkenntnisse.
2. Sie hat keine Ausbildung (wie du schriebst). Also kann sie auch Jazz nicht wirklich gut unterrichten. Zudem sind Jazzer
in vielen Fällen schlicht didaktisch zu wenig gut ausgebildet bzw. motiviert bzw. haben zu wenig Basisrüstzeug, um
wirklich gut zu unterrichten. *
Hasenbein hats in Post 22 schön beschrieben und trifft den Nagel auf den Kopf.
3. Sie "sieht" ihren Schwerpunkt im Jazz. Okay. Sag mal, kann sie es wirklich? Hast du sie schon wirklich gut spielen gehört? Kannst du das beurteilen? Oder spielt sie einfach nett "River Flows In You"?
Hast du denn schon Scales bei ihr gelernt? Chords? Lefthand Voicings? Reharmonisationen? Einfache Kadenzen? Modulationen? Ich bin mir sicher, sie kanns nicht. Weder klassisch noch Jazz. Wie erwähnt kenne ich die Hefte von Terzibaschitsch sehr gut. Als Jazzpiano Schule wären die mir jetzt noch nicht aufgefallen... Habt ihr eine Art Konzept, hat sie Ziele gesetzt, oder gehts einfach im Heft immer weiter?
Im Übrigen haben sich alle wirklich guten mir bekannten Jazzer, die tolle Klavierlehrer sind, intensiv mit Klassik beschäftigt und verstehen auch davon einiges.
Also, um ehrlich zu sein: Die Dame mag ja nett sein und sich vielleicht einige Mühe geben. Aber lass das bleiben. Du hast Ambitionen, welche diese Dame niemals auch nur ansatzweise befriedigen kann. Da brauchst du gar nicht zu warten, da kommt auch nix, wenn du noch etliche Lektionen bleibst.
* Liebe Kollegen von der Jazzfront: Ich habe grosse Zuneigung zur Jazzerfraktion, und ich habe selber in Jazz-/Funk-/Popbands gespielt und bin auch an Jazz- und Bluesfestivals aufgetreten. Ich bin also auch ein wenig einer von euch.
Aber ich habe seit vielen Jahren die Erfahrung gemacht, dass die meisten Kollegen, welche eine moderne Ausbildung gemacht hatten, schlicht zu wenig Erfahrung, Können und Musse hatten, um sich im gleichen Masse zu einem Pädagogen zu entwickeln wie diverse klassische Kollegen, die ich kenne. Dies eben, weil die guten Jazzer viel mehr Gigs spielen, während die Klassiker halt mehr Zeit haben, sich mit der Methodik von Anfänger- und Fortgeschrittenenunterricht zu beschäftigen (siehe Post von Hasenbein). Ich kenne viele Jazzer, die sind super Lehrer für fortgeschrittene Erwachsene. Aber die Grundlagenarbeit mit Kindern und Anfängern ist oft weniger verwurzelt. Das ist meine Beobachtung.