Nachdem ich schon beim Auftakt-Konzert 2016 dabei sein durfte, habe ich auch diesmal wieder ein paar wundervolle Tage in Freiburg verbracht, diesmal in Begleitung meines Großen (10). Die Herbstferien lagen so, dass wir alle angesetzten Konzerte in der ersten Woche wahrnehmen konnten. Wir sind schon am Donnerstag angereist, da es ja eine lange Anfahrt von uns bis nach Freiburg ist.
Am Freitag haben wir zwei uns am Vormittag erst einmal Freiburg angesehen. Mein Großer wollte unbedingt ins Archäologische Museum im Colombischlösschen, da er sich sehr für Geschichte interessiert, zur Zeit hat es ihm besonders das Römische Reich angetan. Er ist also zwei Stunden durch die Ausstellung spaziert, hat Fragen gestellt, Videos geschaut und die Mitmachstationen für Kinder wahrgenommen. Dabei ist er auch einmal in die Knie gegangen, das war, als er ein richtiges Kettenhemd anprobieren durfte - nicht eines aus Plastikringen hergestellt sondern eines aus richtigem Metall. Das war so schwer, dass er Hilfe beim An- und Ausziehen brauchte - allein hätte er es nicht fertiggebracht. Als heutiger verwöhnter, untrainierter Zeitgenosse mit unserer leichten Kleidung kann man es sich gar nicht richtig vorstellen, was es heißt, Kleidung über viele Stunden zu tragen, die einen Großteil von einem selber wiegt. Er gab jedenfalls zu, dass er damit kaum stehen, geschweige denn rennen oder gar angreifen kann trotz oder gerade wegen der Ausstattung mit Schild und Schwert.
Nachher waren wir noch im Naturkundemuseum und haben uns Gesteine und Mineralien und Exponate aus Flora und Fauna angesehen. Die Ausstellung war auch sehr schön gemacht und hat ihm gut gefallen. Einige Fossilien hat er ja bereits zu Hause in seiner eigenen Sammlung.
Am späten Nachmittag haben wir uns dann mit @Destenay, seinem Sohn und anderen alten und neuen Bekannten zum Klavierabend im Historischen Rathaus mit Jörg Demus getroffen. Ich weiß noch, dass ich schon das letzte Mal Destenays Kinder in mein Herz geschlossen hatte und dieser liebenswürdige Eindruck hatte sich sofort wieder bestätigt. Auch mein Großer hat sich mit seinem Sohn trotz des Altersunterschiedes sofort angefreundet. Beide haben nebeneinander gesessen und sich richtig gut verstanden.
Als Jörg Demus dann die Bühne betrat, herrschte sofort erwartungsvolle Stille. Er spielte drei Sonaten von Beethoven, Opus 109, 110, 111.
Und er spielte durchdacht, wählte sorgsam die von ihm gewünschten Klangfarben aus, schuf feinste Nuancen, die das Publikum von Beginn an in seinen Bann zogen und hielten. Langeweile - keine Rede. Alltägliche Interpretation - nicht mit ihm. Das Herz erreichen - das immer.
Das Publikum war hingerissen. Es gab stehende Ovationen und es war ganz deutlich zu merken: Alle waren absolut begeistert und hätten am liebsten das ganze Konzert noch einmal von vorn genossen. Und viele Menschen ließen es sich nicht nehmen, ihre Wertschätzung gegenüber Jörg Demus ihm nach dem Konzert noch einmal persönlich auszusprechen.
Nachher haben wir den Abend gemeinsam bei einem guten Essen und mit vielen interessanten Gesprächen im Restaurant ausklingen lassen. @Fips7 war ganz lieb und hat uns dann noch nach Mitternacht in unsere Ferienwohnung gefahren. Dafür möchten wir beide ihm noch einmal ganz herzlich danken.
Am Sonnabend waren zwei Konzerte angesetzt, eines schon am Nachmittag und eines am Abend. Ich hatte ja angenommen, dass mein Kind, nachdem er so spät ins Bett gefallen ist, ausschlafen will, aber er war so aufgeregt, dass er noch vor 7 Uhr wieder aus dem Bett gehüpft ist. Wir sind wieder durch die ganzen kleinen Gassen der Innenstadt von Freiburg gelaufen, haben diesmal das Freiburger Münster ausgiebig besichtigt und waren anschließend auf Wunsch meines Großen im Museum für Stadtgeschichte. Dort gab es auch mehrere Modelle von Freiburg, die die Entwicklung der Stadt vom Mittelalter bis zur Gegenwart zeigten.
Im Konzerthaus angekommen, hat mein Großer sich bereiterklärt, nachmittags den CD-Verkauf zu übernehmen. Weil ihm das solchen Spaß gemacht hat, durfte er dann auch abends helfen und kassieren. Und er durfte auch beide Male die Blumen überreichen. Ach, war er stolz und glücklich darüber. Die hervorragenden Darbietungen, die Blumenübergabe, die Freundlichkeit der Künstler und dass er helfen durfte, wird er sicher sein Leben nicht vergessen.
Nachmittags spielte die junge Pianistin Elena Fischer-Dieskau Werke von Schubert, Rachmaninov und Kapustin. Es war ein sehr anspruchsvolles Programm, welches kraftvoll und konzentriert bis zum Ende gespielt wurde. Sie verband Virtuosität mit Persönlichkeit, Klangfarbenbreite mit Musikalität. Ich hoffe sehr, dass wir von dieser jungen Künstlerin noch viel hören werden.
Abends spielte dann Jörg Demus Werke von Robert Schumann auf einem Blüthner Konzertflügel von 1856, dem Todesjahr Schumanns. Es war eine Freude, diesen einzigartigen Pianisten auf einem historischen Instrument zu erleben. Der Blüthner-Flügel legte über die ausgezeichnet gespielten Schumann-Werke einen ganz eigenen romantischen Zauber, auch wenn er leider den Anforderungen des zweiten Satzes der Fantasie nicht ganz genügte, weshalb Jörg Demus darauf verzichtete, diesen Satz zu spielen. Auch an diesem Klavierabend ist die große Meisterschaft, Genialität und Emotionalität vom Spiel von Jörg Demus zu hören. Das Publikum dankte wieder mit stehenden Ovationen, Bravorufen und Fußgetrappel. Und seufzte, weil es leider schon wieder zu Ende war.
Wir saßen dann wieder im Anschluss zusammen im Restaurant, um den Abend gemeinsam ausklingen zu lassen. Dort wurde mein Großer aber dann plötzlich so müde, dass wir eher aufgebrochen sind. Am Sonntag war dann die Heimreise und am Montag musste er wieder in die Schule.
Er schwärmt immer noch vom unserer Konzertreise und will beim nächste Mal unbedingt wieder dabeisein. Seine Jörg-Demus-CD mit persönlicher Widmung wird wie ein Schatz gehütet, und er kann es kaum erwarten, bis Elena Fischer-Dieskau ihre Debüt-CD veröffentlicht und er dann auch ein Autogramm von ihr erhält, wie sie es ihm versprochen hat. Von dieser jungen Künstlerin ist er immer noch richtig hingerissen, auch weil sie so freundlich und natürlich ist. Und ich habe herausgefunden, dass er ein Rachmaninov-Fan ist. Da wird er allerdings noch eine ganze Weile üben müssen, bis er auch mal etwas von Rachmaninov auf dem Klavier spielen kann. Und er hofft sehr, dass Jörg Demus noch viele Jahre auftritt und er ihn noch einmal erleben kann. Mal sehen, wann es möglich ist, diesen Traum zu erfüllen.
Ganz am Rande noch eine Beobachtung. Wir waren ja nun zu den ersten drei Konzerten, aber mein Kind war jedesmal das einzige Kind. Für mich waren auch als Kind regelmäßige Konzertbesuche selbstverständlich. Dass sonst kein Kind da war, hat mich doch etwas traurig gemacht.