Interview mit Franz Danksagmüller bei katholisch.de

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Damit es hier im Orgel-Forum nicht immer nur darum geht, was überall schlecht ist und wer da jetzt wo zu viel Geld ausgegeben oder sich bei der Orgeleinweihung wie oft verspielt hat oder warum alles grundsätzlich doof ist, was mit Kirchens zu tun hat, möchte ich mal ein, wie ich finde, interessantes Interview mit Franz Danksagmüller teilen:

Er sagt u.a.
Der größte Trend ist weiterhin, einfach historische Musik zu spielen, zum Beispiel von Bach oder Schütz. Nichts gegen diese Komponisten. Aber ich finde es zu kurz gegriffen, da nicht weiterzugehen. Wir müssen wieder eine aktuelle, originäre und authentische Klangsprache finden.
und
Ich kann diejenigen gut verstehen, die keine Orgel oder alten Choräle mehr wollen, sondern etwas Neues. Aber stattdessen einfach Gospel, Pop oder Jazz in der Kirche anzubieten, kann auch nicht die Lösung sein.

Besonders interessant fand ich auch diese Aussage, die man fast losgelöst von der Kirchenmusikfrage betrachten könnte:
Die Kirchen bieten eine Infrastruktur, die Konzerte in der Fläche ermöglicht. So viele Konzertsäle können wir gar nicht bauen, um das zu ersetzen.

Es lohnt sich, das Interview komplett zu lesen - ich wollte es nur nicht im Ganzen zitieren. ;-)
 
Ja, wenn doch nur wieder in den Städten oder auf dem Land die Väter kommen würden, mit der Bitte, der Tochter zur Hochzeit eigene Werke zu komponieren! Die A-B-C-und Laienmusiker würden sich bestimmt sehr freuen, oder gar vor Freude in Ohnmacht fallen. Endlich einer, der es mal sagt. Darauf haben doch alle nur gewartet. Ich stelle mir das lebhaft vor. Du fragst: Mit Orgel? Nein, nein, mehr so Pop oder so. Oder Hip Hop, oder Höhner, oder so. Und irgendwas mit Blumen. Na gut, die neue Generation von Kirchenmusikern mit A+++ Examen und 24 Semestern Studium macht das ja gern. Wir müssen wieder auf die Bedürfnisse hören. Ist ja auch unglaublich neu, dieser Gedanke. Hat es noch nie gegeben. Endlich mal ganz neue Formen. Ach, welche eigentlich? NGL, Gospels, Pop, Rock, soll es ja dann wohl doch nicht sein. Wir machen etwas ganz Neues. Wir schaffen das! Dann platzen die Kirchen nur so aus den Nähten, wer braucht da noch Strukturreformen, synodale Strukturen, Frauen in geistlichen Ämtern, Freistellung des Zölibat, Glaubwürdigkeit der Verkünder? Wie kommt es eigentlich, dass Kinder, Jugendliche und Kirchenferne oftmals von den ältesten Weihnachtsliedern und sogar vom gregorianischen Choral, den sie aus Versehen bei einer Abteibesichtigung mitbekommen haben, so fasziniert sind? Ob durch diese Musik doch Spiritualität vermittelt wird, weil sie transparent wird für das, was die Verkündigung der Kirche in Worte fasst? Gute Kirchenmusiker bieten nach Bedarf und Möglichkeit ein breites Spektrum an musikalischen Formen, aber keine widersprüchlichen, utopischen und abstrakten Forderungen.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Stephan ich kann einige deiner Kritikpunkte durchaus nachvollziehen.

Dass (manche) Kirchenmusikanten und Orgelspieler gut darin sind, über alles mögliche zu möppern und Haare in den musikalischen und sonstigen Suppen zu finden, ist mir bekannt (und sehen wir ja auch hier bei Clavio).

Meine Intention mit der Verlinkung des Interviews war nicht, alles einfach nur gut zu finden, was da gesagt wurde und Probleme, die es in der Fläche ja gibt, zu negieren; tatsächlich hatte ich eine gewisse Hoffnung, dass wir hier vielleicht versuchen könnten, positiv weiterzudenken oder wenigstens mutmachende Beispiele oder auch Gegenbeispiele zu den Thesen aus dem Interview zu finden - so wie Deine Anmerkung zur Faszination, die von (gregorianischen) Chorälen ausgehen kann.

Wenn es darum geht, ein Thema mal anders anzugehen als bisher, oder neue Wege zu beschreiten, muss meiner Meinung nach nicht immer sofort *die* neue, tolle, allumfassende Lösung gefunden werden (und wenn einem die nicht gleich einfällt, ist alles perdu), sondern man kann sich doch einzelne Punkte nehmen und schauen, was da gehen könnte. Auch da, wo Laien den musikalischen Dienst versehen.
 
, ja sicher, dann müssen die Visionen aber realisierbar, also realistisch sein, sonst fehlt ihnen die Lösungsorientierung. Es ist wie in der Politik: abstrakte, unumsetzbare Ideale führen zu nichts.
 
Das ist mir zu problemorientiert.
Und zu stark darauf fokussiert, dass es einen "großen Wurf" oder die "perfekte Vision" braucht.
 
Außer Spesen nicht viel gewesen. Zumindest kann ich nichts ernsthaft Weiterführendes oder Neues herauslesen. Aber so einige dumme Lösungen, wie das "Kirche" aus der Musik zu streichen... Nun ja, wie man nicht nur an den nicht existenten Anmeldezahlen für Köln sieht, sind die jungen Leute gewarnt. Gut so.
 
Ja, wenn doch nur wieder in den Städten oder auf dem Land die Väter kommen würden, mit der Bitte, der Tochter zur Hochzeit eigene Werke zu komponieren! Die A-B-C-und Laienmusiker würden sich bestimmt sehr freuen, oder gar vor Freude in Ohnmacht fallen. Endlich einer, der es mal sagt. Darauf haben doch alle nur gewartet. Ich stelle mir das lebhaft vor. Du fragst: Mit Orgel? Nein, nein, mehr so Pop oder so. Oder Hip Hop, oder Höhner, oder so. Und irgendwas mit Blumen. Na gut, die neue Generation von Kirchenmusikern mit A+++ Examen und 24 Semestern Studium macht das ja gern. Wir müssen wieder auf die Bedürfnisse hören. Ist ja auch unglaublich neu, dieser Gedanke. Hat es noch nie gegeben. Endlich mal ganz neue Formen. Ach, welche eigentlich? NGL, Gospels, Pop, Rock, soll es ja dann wohl doch nicht sein. Wir machen etwas ganz Neues. Wir schaffen das! Dann platzen die Kirchen nur so aus den Nähten, wer braucht da noch Strukturreformen, synodale Strukturen, Frauen in geistlichen Ämtern, Freistellung des Zölibat, Glaubwürdigkeit der Verkünder? Wie kommt es eigentlich, dass Kinder, Jugendliche und Kirchenferne oftmals von den ältesten Weihnachtsliedern und sogar vom gregorianischen Choral, den sie aus Versehen bei einer Abteibesichtigung mitbekommen haben, so fasziniert sind? Ob durch diese Musik doch Spiritualität vermittelt wird, weil sie transparent wird für das, was die Verkündigung der Kirche in Worte fasst? Gute Kirchenmusiker bieten nach Bedarf und Möglichkeit ein breites Spektrum an musikalischen Formen, aber keine widersprüchlichen, utopischen und abstrakten Forderungen.
Das "Problem" ist doch eher, dass die Kirche als Organisation christlichen Glaubens einfach fertig ist, und das wird wohl nicht mehr zu reparieren sein. Und das liegt ganz sicher nicht an der Musik, die gespielt wird, sondern an der allgemeinen Unglaubwürdigkeit die über Jahrhunderte "erarbeitet" wurde. Wer soll die schon ernstnehmen?
 
Zuletzt bearbeitet:
...dabei haben sie allen Grund, ernst genommen zu werden. Auf dem christlich-jüdischen Menschenbild beruht unser Grundgesetz und unsere ethischen, kulturellen und sozialen Vorstellungen. Die notwendigen Reformen, die ausbleiben, sollten jedoch lösungsorientiert, und nicht utopisch sein, und nicht den Ball übermäßig der Kirchenmusik zuspielen. Davon abgesehen, dass es sehr viel ambitionierte und wirklich gute Kirchenmusiker gibt, gibt es auch hervorragende und glaubwürdige Seelsorger(innen) und andere kirchliche Mitarbeiter, die gute Arbeit leisten, die unverzichtbar sind für unsere Gesellschaft, und denen man mit Generalisierungen Unrecht tut. Auffallen tun immer die Schlechten, die Katastrophen, und die Unseriösen prägen dabei pauschal das Bild.
 
Demian, so, wie Du das schreibst, klingt es, als ob es zwei differente kulturelle Strömungen gab, die den "Vätern" des Grundgesetzes im Einzelnen bewußt waren. Davon würde ich mal nicht ausgehen, sondern von der Teilsymbiose von antiker Kultur und Christentum in der damaligen wie heutigen Zeit. Da gibt es unendlich viele Verschmelzungen, angefangen beim Bau der christlichen Basiliken nach römischem Vorbild, über die philosphischen Grundlagen der Theologie die bei Platon und Aristoteles (Augustinus und Thomas v. Auquin), reichen, bis hin zu Ktesibios, dem griechischen Ingenieur, ohne dessen hydraulische Orgel es ja vielleicht nie zum Orgelbau gekommen wäre. Die christlichen Wurzeln aber bleiben nicht nur Geschichte, sondern wirken (vergangenen) Allmachtsphantasien von Regierungen wirksam entgegen, und begründen und motivieren Ethik. Sollten alle ehemaligen kulturellen Einflüsse berücksichtigt werden, wären ja auch schließlich noch die Araber zu nennen. Aber darum ging es hier ja auch nicht.
 
Einverstanden. "Christlich-jüdisches Menmschenbild" klang jedoch so, als wenn du beispielsweise die griechische Philosophie und die römische Rechtssprechung als Grundpfeiler unserer Ethik außer Acht ließest. Aber das hat sich ja jetzt geklärt.
 

"... Vor allem Meinungs- und Religionsfreiheit waren der Kirche lange ein Dorn im Auge ..."

Alles nicht so einfach. :-)

Zum Thema:
Neue Musik, wer will die hören? Irgendwann nach den Spätromantikern hat sich die Klassik (oder E-Musik oder wie immer man das nennen möchte) und der Großteil der Zuhörerschaft getrennt. Mozart und Beethoven geht immer, wer will schon Kagel oder Xenakis hören? Und Reich und Co. ... ja, das hat Leute vielleicht noch eher erreicht, aber ob das das ist, was die Leute in der Kirche hören wollen?

War ja beim Jazz auch: Bebop haben schon diverse Leute nicht verstanden, bei Free Jazz hört's dann bei den meisten auf.

Wie die Musik denn beschaffen sein soll, die neu und authentisch Kirchenmusik ist? Meine Freundin sagte schon mal, das (hält mir Noten hin) ist so ein typisches Orgelwerk aus den 60ern/70ern. Bloss nix Gefälliges, muss schräg klingen. Kam aber auf Dauer nicht an.
(Und mit NGL kann man mich sowieso jagen.)

Also, ich habe keine Ahnung, wie diese (neue Kirchen-)Musik aussehen könnte.

Grüße
Häretiker
 
"Leute (Kunden?) hören wollen"... Wer's mag. Die anderen können auch ganz unaufgeregt instrumenten-(!) und "fähigkeitsgerechte" Musik anbieten, im Gegensatz zu Herrn Danksagmüller und so manchen seiner SchülerInnen gerne *ohne* das ganze Elektronikzeugs. Hab' ich eigentlich was übersehen oder wo gibt.es eine ordentliche Zusammenfassung/Tagungsband für die Allgemeinheit. Woanders ist das selbstverständlich. Sollte erst recht für die (zu) zahlreichen superteuren Musikhochschulen gelten.
 
<Meine Freundin sagte schon mal, das (hält mir Noten hin) ist so ein typisches Orgelwerk aus den 60ern/70ern. Bloss nix Gefälliges, muss schräg klingen. Kam aber auf Dauer nicht an.

Welcher Komponist? Und was heißt eigentlich schräg klingen? Man sieht doch mittlerweile, dass die tradierte Harmonik ausgelutscht ist ("alles schon mal dagewesen"), eine Erweiterung überfällig. Und das haben die doch gut und konsequent gemacht, ohne große (Elektronik-)Materialschlacht, und auch nachvollziehbar, auch für kleine Verhältnisse. Wenn es also z.B Micheelsen & Co. war, wo soll da der Schrecken sein? Und wer kennt Bornefelds Kantoreipraxis oder die zahlreichen Choralbearbeitungen? Es stimmt aber, dass das niemand mehr hören will. Mir selbst ist die Mühe dafür mittlerweile zu schade, ich spiele das nur für mich privat. Bin mir viel zu schade, mich andauernd von Laien (z.B.mit Vorliebe "Kastelruther Spatzen") anpöbeln zu lassen) und andauernd qualitative Arbeit zu einem Assi-Lohn zu verrichten . Und man würde nie Unterstützung der sog. "Fachberater" bekommen, dazu sind die großteils viel zu feige. Die heutigen Protagonisten Neuer Musik können damit irgendwie auch nicht viel anfangen, vermute ich, habe selbst aber auch nichts Besseres zu bieten (verallgemeinert, aber für mich tendenziell so) und veranstalten stattdessen eine Materialschlacht. Was soll daran besser sein, wenn "Omas Staubsauger" vorgeschrieben ist oder ein riesiger Elektronikpark (auch Gefahr der Abstumpfung)? Und zu NGL gehört auch ein spezieller "Wind in der Gesellschaft", den es schon lange nicht mehr gibt. O.G. Blarr aus Düsseldorf hat das mal gut beschrieben. Heute wirkt das alles nur infantil..
(Und mit NGL kann man mich sowieso jagen.)

Also, ich habe keine Ahnung, wie diese (neue Kirchen-)Musik aussehen könnte.

Grüße
Häretiker
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Kann ich sie fragen. Orgelkomponisten als nicht-orgespielender Atheist sind mit nicht geläufig.

Und was heißt eigentlich schräg klingen?

Im Sinne von 'am Schönklang vorbei', aber so, dass es gewollt wirkt.

Die längere Passage über 'tradierte Harmonik' kannste Dir m.E. gerne schenken, ich habe schon Musik gehört und gespielt jenseits 'tradierter Harmonik'. Wobei ... zählst Du Debussy darunter? Tradition im Sinne von 'überliefern' stimmt ja, es ist halt nur nicht grundsätzlich funktionsharmonisch.

Grüße
Häretiker
 
Danke, @Häretiker , dass Du versuchst, Dich als
ergebnisoffen zu beteiligen.

Also, ich habe keine Ahnung, wie diese (neue Kirchen-)Musik aussehen könnte.
Ich auch nicht, aber ich finde es spannend, darüber nachzudenken und auch mal das ein oder andere auszuprobieren.

Allerdings werde ich das eher in einem anderen Rahmen tun als hier, denn ich scheine mit meinem vorsichtigen Optimismus und meiner positiven Grundstimmung und meinen angenehmen Erlebnissen in meiner Rolle als Organistin aufm Land hier nicht so recht reinzupassen.
 
Debussy (soweit mir bekannt) würde ich jedenfalls nicht unter "Bloss nix Gefälliges, muss schräg klingen." einordnen. Und Sachen abseits "tradierter Harmonik" haben bestimmt schon viele gespielt, allerdings eher seltener in "normalen Kirchenverhältnissen" (man zeige mir gerne Gegenbeispiele), dort werden die Leute immer engstirniger und intoleranter (obwohl abseits der Musik, oder in Richtung Karstadt-/Kommerzgeklimper so ziemlich alles geht). Aber da sind die Kirchenmusiker und Theologen selbst schuld, die haben die Leute über die Jahrzehnte zu musikalischen und theologischen Laien verkommen lassen. Und ausgerechnet die sollen nun Dreh- und Angelpunkt und Wunschgeber sein? Kann ich nicht nachvollziehen...
 
Debussy (soweit mir bekannt) würde ich jedenfalls nicht unter "Bloss nix Gefälliges, muss schräg klingen." einordnen.

Das habe ich ja nicht gefragt. Ich habe gefragt, ob Du Debussy unter 'tradierte Harmonik' einordnest. :-)

Und Sachen abseits "tradierter Harmonik" haben bestimmt schon viele gespielt, allerdings eher seltener in "normalen Kirchenverhältnissen" (man zeige mir gerne Gegenbeispiele),

Da werde ich mal - wie gesagt - meine Freundin fragen müssen.

Grüße
Häretiker
 
Ach so, ja, Impressionismus ist für mich auch "tradierte Harmonik" (einer auch schon länger vergangenen Zeit). Und auch irgendwann ausgewertet.
 

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