... Flügelkauf ...

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Dissonanzio

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21. Apr. 2017
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Hallo liebe Forumsmitglieder,

ich bin neu hier (habe die letzte Zeit hier schon viel gelesen und viel gelernt - dafür bedanke ich mich gleich mal) und möchte mich erstmal kurz vorstellen:
ich habe als Kind/Jugendlicher einige Jahre Klavieruntericht genossen und habe mit mehr oder weniger Freude geübt, je nachdem, welches Stück ich gerade lernen musste/durfte. Nach Beendigung des Unterichts habe ich dann autodidaktisch weitergelernt, wobei erst dann eine wirkliche Leidenschaft fürs Spielen entstand. Mein Niveau war für die auserkorenen Stücke meist zu niedrig, so dass ich kaum etwas fehlerfrei von vorne bis hinten spielen konnte. Aber es hat mir viel Spass gemacht :-)
Geübt habe ich auf einem kleinen Schimmelklavier, das zwar einen schönen Klang hatte, aber recht schwergängig war.
Nach Auszug von daheim Anfang der 90er Jahre habe ich mir ein Korg C3500 zugelegt. Es war aber unmöglich, darauf vernünftig zu spielen, mit dem Anschlagverhalten und dem mit extremen Samplerauschen unterlegten Klang kam ich nicht zurecht, und ich spielte nur mehr selten, wenn ich mal die Eltern besucht habe. Da ich recht oft umgezogen bin (immer, wenn ich mich irgendwo nicht mehr so besonders wohlgefühlt habe), wollte ich kein richtiges Klavier kaufen. Den Spass daran habe ich mir jedoch bis heute bewahrt.

Und nun zum Thema. Ich will mir einen Flügel zulegen. Größe bis max. 180 cm, größer geht nicht um die Ecke am Hauseingang, und zu laut solls auch nicht werden.
Ist schon länger ein Traum, und jetzt habe ich genügend Platz dafür und möchte auch so schnell nicht mehr umziehen.
Damit ich ein kleines Repertoire zur Verfügung habe, um die Objekte der Begierde anspielen und testen zu können, hab ich mir in das alte Korg einen kleinen Rechner mit pianoteq reingebastelt und so konfiguriert, dass beim Einschalten alles automatisch hochfährt. Damit kann ich nun mit einigermaßen Freude ein paar Stücke von früher wieder einüben, zB. ein für mich halbwegs spielbares Rachmanoff-Prelude um den Bassbereich zu testen, und Claire de Lune und andere für die Mittellage und Diskant.

Ich habe nun schon einige angespielt, von Privat und vom Händler, und habe festgestellt, dass mich eigentlich nur wenige begeistert haben.
Neue oder junge gebrauchte von Yamaha und Kawai blieben mir irgendwie fremd, ein neuer Schimmel war schon besser, jedoch ist mir ein neuer deutscher Flügel zu teuer. Restaurierte Flügel von deutschen Traditionsunternehmen jüngerer Baujahre (60er-80er Jahre) vom Händler waren mir für das Gebotene auch zu teuer bzw. habe ich sie nur aus Interesse angespielt, da sie zum Teil wegen der Größe ausschieden
Extrem war ein gebrauchter Flügel mit der Aufschrift 'Astor'. Furchtbarer Klang, schlecht spielbar. Der Händler meinte, das sei ein chinesischer Flügel und wollte ca. 5900€ dafür.... hm.
Ein schöner Förster-Flügel für 3900€ von privat, wohl im Vorkriegs-Tschechien gebaut, hat mir eigentlich gut gefallen, war angeblich auch teilrestauriert, aber merkwürdig leise und die Hammerfilze in den oberen Oktaven waren irgendwie sehr dünn. Weiß nicht, ob das normal ist oder ob sie einmal zuviel abgezogen wurden.
Ebenso hat mir ein ca. 100jähriger Schiedmayer für etwas über 3000€ gefallen, gut spielbar, schöner Klang, Hammerfilze sahen recht neu aus. Aber: ich bin manchmal mit den Fingern zwischen 2 schwarzen Tasten steckengeblieben.
Die Klaviatur war ca. 4 cm schmäler als normal, und das hat anscheinend gereicht, dass es mir zu eng wird. der Flügel war vielleicht mal für höhere Töchter mit schmalen Fingerchen gebaut worden??

Und nun endlich zum Punkt:
Aktuell habe ich einen Blüthner im Auge, mit dem ich mich gleich wohl gefühlt habe. Schön zu spielen (Blüthner-Patentmechanik), wunderbarer Klang. Einige Töne kamen etwas schrill, das könnten aber Reflexionen vom danebenstehenden Glasschrank und Raumresonanzen sein. Die Bässe sind etwas leise, aber gefallen mir vom Klang her. Der Verkäufer hat den Flügel geerbt und spielt selbst nicht.
Baujahr ist ca. 1913, Länge 180 cm, 85 Tasten. Da ich die fehlenden 3 Tasten bisher noch nie gebraucht habe, stört mich das nicht weiter.
Die optische Erscheinung ist nicht mehr so toll, er hat 2 tiefe Schrammen an einer Seite, wohl Transportschaden, Lack teils rissig, der Lack auf dem Deckel ist auch stellenweise unschön, Tastenbelag etwas gelblich.
Er wurde von einer Klavierbauerin im Auftrag des Verkäufers begutachtet. Von ihr habe ich folgende Auskünfte bekommen:
Der Flügel wurde vor ca. 20 Jahren oder länger, mindestens aber 17 Jahren, umfangreich instandgesetzt. Resonanzboden ausgespänt, neue Saiten, neue Hammerfilze, neue Stimmwirbel. Würde man das heute neu machen lassen, würde dies 12000 € kosten.
Er sei nicht besonders gut reguliert, da die Besonderheiten der Blüthner-Mechanik nicht genügend beachtet wurden. Na ja, für mein Können hat's ja gereicht, auch wenn mir aufgefallen ist, daß einige Tasten bei Wiederanschlag, wenn die Taste vorher nicht genügend hoch kam, blockiert haben, dies war unterschiedlich stark ausgeprägt.
Und es sei ein sehr schönes Instrument. Einen konkreten Wert wollte sie mir leider nicht sagen.
Und deshalb nun eine Frage in die illustre Clavio-Gemeinde, wie sie schon sehr oft gestellt wurde:
Ist der Wunschpreis des Verkäufers von 8900 € angemessen?
Ich schätze es etwa so ein:
- Wert nach mehr als 70 Jahren, falls nie überholt, markenunabhängig: 0 €
- Überholung vor ca. 20 Jahren für 12000€ nach heutigen Preisen. Der Flügel war frisch überholt also wieder 12000 € wert. Nach 20 Jahren bleiben davon nach der BdK-Bewertungstabelle noch 5400 € übrig, falls man 'oberste' Qualitätsklasse zugrunde legt. Legt man 'gehobene' Klasse zugrunde, wären es nur noch 3600 €
- Dann noch etwas Abschlag aufgrund der optischen Mängel (die mich nicht stören).
Dann blieben vielleich noch 3000 - 5000 € übrig.

Wie schätzt ihr das ein? Kann man die Rechnung so machen, und ist Blüthner der 'gehobenen' oder der 'obersten' Qualitätsklasse zuzuordnen?

Vielen Dank im Voraus für eure Kommentare.

Schöne Grüße, Bernhard
 
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Hi,

willkommen. Interessante Geschichte.
Bei Deiner Rechnung fällt mir nur auf, dass man nicht 12000 Euro Wert ansetzen kann, nur weil der Flügel mal für ein Äquivalent von 12000 Euro überholt wurde.

Wenn man ein altes Rostlauben-Auto für 2000 Euro wieder fahrbar macht, ist die Rostlaube dann trotzdem keine 2000 Euro mehr wert (zumindest kaufts keiner dafür). Das man den Totalschaden wieder fahrtüchtig gemacht hat, war das eigene Vergnügen und nicht zwingend wirtschaftlich.

Damit will ich nicht sagen, dass der Flügel vor 20 Jahren die 12000 nicht Wert gewesen sei! Bei überholten Premium-Oldtimer-Autos tritt ja auch schnell der gegenteilige Effekt ein, man steckt weniger rein als es danach plötzlich wieder wert ist. Ich sag mit dem Beispiel nur, dass mir diese Rechnungsweise etwas suspekt vorkommt.

Ein spielbarer Blüthner-Flügel der Größe / in dem Alter, der dir eigentlich gefällt und in Ordnung ist - dort musst Du doch ansetzen, was dir das Wert ist und wo sich das im Markt-Umfeld einordnet.

Wenn Du so zweifelst, dann ists evtl. auch noch nicht wirklich der richtige Flügel? Wenn man sich so ein Monstrum ins Haus holt, sollte das schon mit absoluter Begeisterung für des gefundene Schmuckstück erfolgen. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin kein Profi, habe aber die Preise von Instrumenten seit vielen Monaten beobachtet und auch einige Instrumente angespielt. Würde der Flügel von einem Händler gut intoniert, gut reguliert und mit einer Garantie verkauft, wäre der Preis wohl in Ordnung.
Für einen 100jährigen Flügel von privat mit nur 85 Tasten, der nicht sauber reguliert ist und zudem optische Mängel hat, scheint mir der Preis doch viel zu hoch. Falls die Klavierbauerin der Meinung wäre, dass der Preis wirklich gut ist, hätte sie Dir dies angedeutet. Die Reaktion der Klavierbauerin würde ich so deuten: Schönes Instrument, aber zu teuer.

Ich würde dem Verkäufer mitteilen, dass Dir das Instrument gefällt, Du den Preis aber viel zu hoch findest und ihm Deine Kontaktdaten hinterlassen für den Fall, dass er bereit ist den Preis zu senken. Die Chancen sind klein, dass er das Instrument zu diesem Preis verkauft.

Dann weitersuchen, weiter anspielen, bis Du etwas passendes findest. Nicht zu selten gibt es Verkäufer, die ihr Instrument bis zu einen gewissen Termin loswerden müssen - da hast Du dann eine sehr gute Verhandlungsposition.
 
Die Chancen sind klein, dass er das Instrument zu diesem Preis verkauft.
Sehe ich auch so. Mein Flügel wurde über Monate für 3.500 angeboten, dann für 2.500. Weg ging er für 3.900, weil sich zwei Interessenten gleichzeitig gemeldet haben (beide von Klavierbauern beraten). Wenn Du über längere Zeit der einzige Interessent bist, gibt es bestimmt einen großen Spielraum nach unten.
 
Hallo @Dissonanzio und willkommen erst mal hier im Forum!
Was mich (uns) auch interessieren würde:
Hast Du Dir ein Limit gesetzt, was die Kosten angeht und bei welchem Betrag ist die Grenze? Und noch eine Frage: In welcher Gegend (Bundesland) suchst Du? Clavio ist ja international aufgestellt und die Chancen stehen nicht schlecht, dass man Dir vielleicht den einen oder anderen Händler empfehlen kann.

Wenn Dir neue deutsche Instrumente (noch) zu teuer erscheinen, hast Du schon mal über einen Mietkauf nachgedacht? Das wäre evtl. eine Alternative. Oder Du finanzierst Dein Instrument. Beim derzeitigen Zinsgefüge wäre auch dies evtl. eine Option. Der Vorteil eines neuen Instrumentes wäre halt eine mehrjährige Garantie, der kostenlose Transport und eine kostenlose Erststimmung. Und beim Preis lässt sich sicherlich auch noch was machen. Du gibst ja nichts in Zahlung. Dann hast Du ein sorgenfreies Trauminstrument zuhause stehen, das Dich Dein Leben lang begleiten wird.

Lass einfach mal alles sacken und genieße die Zeit des Suchens. Irgendwann wird Dich Dein Flügel finden.
 
Hallo Zusammen, danke für eure Antworten

@Andre73
Ich bin ja begeisterst über das 'Monstrum', zweifle nicht ob das der richtige ist, nur will ich nicht unbedingt einen vom Verkäufer vielleicht willkürlich angesetzten Preis zahlen, da muß auch ein halbwegs realistischer Wert dahinterstehen. Wenn Wert und Preis zusammenpassen, zahl ich gerne die 8900 €. Aber gefühlsmaßig passt es nicht ganz.

@ marhof
So sehe ich das auch. Verglichen mit anderen Angeboten und aufgrund der Reaktion der Klavierbauerin ist das zu teuer.
Ich habe dem Verkäufer gesagt, ich melde mich nochmal, sobald ich einen realistischen Preis für mich gefunden habe.
Vielleicht präsentiere ich ihm meine Wertfindung anhand der Tabelle, und wir treffen uns in der Mitte.

Was ich noch zu erwähnen vergaß: Von sich aus hat der Verkäufer das Angebot gemacht, daß er die noch die Kosten für Regulierung, Intonation und Stimmung vor Ort übernimmt. Was würde das ungefähr ausmachen? Intonieren ist für mein Empfinden noch nicht nötig, es sei denn, für die wenigen schrilleren Töne sind die Hämmer und nicht der Raum verantwortlich.

@thinman
ich suche im Raum München bzw. im Umkreis 100 km um Bad Tölz.
Limit: für mich bezahlbar wäre schon auch ein neues deutsches Fabrikat normaler Qualität so um die 170cm, ich wollte auch keineswegs sagen, dass die ihren Preis nicht wert wären, aber für mein Talent ist das einfach nicht notwendig.

Außerdem faszinieren mich die ganz alten 100jährigen, die haben eine ganz eigene Ausstrahlung, die haben gelebt und könnten bestimmt viele Geschichten erzählen... auf sowas zu spielen, reizt mich viel mehr, falls der Flügel in guter Verfassung ist, als auf einem neuen Hochglanz-Flügel.
Mir kommt es auch so vor, dass viele neue Flügel deutlich lauter sind als die alten. Da ich in einem hellhörigen Zweifamilienhaus wohne, spielt das auch eine Rolle.

@joeach, danke! Ich kannte nur die Anzeige bei pianova, bin gar nicht auf die Idee gekommen, bei ebay danach zu suchen!
 
@joeach, mit der Klavierbauerin habe ich telefoniert, sie wollte den Wert nicht beziffern, hat aber wertvolle Hinweise gegeben.
Was ich an der Ebayanzeige vor allem unschön finde, ist, dass der Verkäufer nicht erwähnt, dass die Überholung schon 20 Jahre her ist. Mir gegenüber hat er sich auch unwissend gegeben. Ich denke, die Klavierbauerin hat ihm das bestimmt gesagt
 
Ich hab's gekauft! Nächsten Donnerstag steht es bei mir :-), bin schon total aufgeregt und voller Vorfreude :-)
Ich habe dem Verkäufer obige Wertberechnung vorgelegt und ihm dann 5000 € angeboten. Hat er akzeptiert. Ich bin damit zufrieden, und der Verkäufer darf auch zufrieden sein.
 
Glückwunsch :-)
 
Gratulation! Ich wünsche Dir viel Freude mit dem Instrument, das du nun zu einem fairen Preis kaufen konntest.
 
Auch von mir herzlichen Glückwunsch zum Flügel. Viel Spaß damit!
 

Vielen Dank für eure Glückwünsche!
 

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