Fehlinterpretierte Stellen und/oder Werke

3. Satz Waldstein-Sonate: das "Allegretto moderato" wird oft viel zu schnell gespielt und das "Prestissimo" am Schluss verliert dann seine Wirkung. Auch die Pedalangaben werden widersprüchlich gestaltet. :D
Die Pedalangaben gelten allerdings für Instrumente aus Beethovens Zeit, auf denen die Töne sehr viel schneller verklingen als auf modernen Flügeln. Von daher halte ich es gar nicht unbedingt für sinnvoll, die Angaben minutiös zu befolgen.
 
Ich habe vor ein paar Jahren die Waldstein mehrfach gespielt und im letzten Satz sowohl das Pedal wie von Beethoven angegeben unten gehalten, als auch sonst ohne jegliches Pedal gespielt!
War architektonisch hochinteressant, ich weiss aber nicht, ob ich es jetzt wieder so machen würde!
 
Die Pedalangaben gelten allerdings für Instrumente aus Beethovens Zeit, auf denen die Töne sehr viel schneller verklingen als auf modernen Flügeln. Von daher halte ich es gar nicht unbedingt für sinnvoll, die Angaben minutiös zu befolgen.

Lieber mick,

habe ich auch nicht behauptet. :006: Ich persönlich bin der Meinung, dass man auf keinen Fall vollkommen sauber Pedal treten sollte, weil der Klang dann anders ist, als es Beethoven notiert hat! Das hört man aber immer wieder mal.

Die Töne sollten schon ineinander verschwimmen, aber natürlich wird man in den seltensten Fällen stoisch den Bleifuss unten lassen bis zum Ende der Pedalanweisung. :003: Unter minutiös befolgen verstehe ich also den Klang, nicht die Pedalvorschrift. Je nach Raum, Instrument etc. kann man z.B. mehr oder weniger kleine Pedaltritte (natürlich Pedal nicht bis oben kommen lassen) einbauen, damit Reh, Preiselbeeren und Apfelmus nicht in einer Soße schwimmen (sorry, bin gerade bei der Weihnachtsessensplanung :004:), sondern alles sanft leuchtend sich in köstlichsten Aromen, Dissonanzen und Konsonanzen ergänzt. :004:

Liebe Grüße

chiarina
 
Die Chopin-Fantaisie op. 49: Lässt sich die üblicherweise von Pianisten gewählte Tempogestaltung beim Übergang vom einleitenden langsamen zum schnellen Tempo irgendwie aus Chopins Notentext ableiten? Ich meine den Abschnitt ab "poco a poco doppio movimento", z.B. hier ab Minute 3:16:

View: https://www.youtube.com/watch?v=kDP3QJyun0I


Die meisten Pianisten beschleunigen (unter Berücksichtigung der Fermaten und diverser sinnvoller Rubati) innerhalb der ersten ca. 6 Takte dieses Abschnitts auf ein ziemlich schnelles Tempo, was dann weitere ca. 5 Takte bis zur Fermate auf der ganzen Note B durchgehalten wird (ritardando auf die Fermate hin). Dann taucht keine Tempoangabe auf, aber wieder das selbe Motiv wie 11 Takte zuvor. Und auch ohne irgendeine Tempoangabe springt so ziemlich jeder Interpret wieder auf das langsame "halbe" Ausgangstempo zurück, nimmt das Tempo (und die Dynamik) dann bei der Motivwiederholung in Ges-Dur erst mal sogar noch etwas weiter zurück und beschleunigt erst danach endgültig ins schnelle Tempo hinein.

Musikalisch ist diese üblicherweise gewählte Tempogestaltung absolut logisch, aber in den Noten steht da nix drin, insbesondere keine Tempohalbierung nach besagter Fermate. War da Chopin schlampig beim Tempi notieren, oder interpretiert das einfach jeder "falsch"?
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei einigen Stellen ist sowieso die Frage, ob der Komponist wirklich gemeint hat "hier Pedal die ganze Zeit bleifußmäßig unten lassen", oder ob er nicht vielmehr gemeint hat "hier Pedal benutzen, ich schreibe das mal nicht detailliert auf, du weißt schon Bescheid, wann du es zwischendurch nochmal aufheben musst". Also ein "Ped.", das de facto eigentlich "con ped." oder so bedeutet.
 
Die Pedalangaben gelten allerdings für Instrumente aus Beethovens Zeit, auf denen die Töne sehr viel schneller verklingen als auf modernen Flügeln.

Das ist nur bedingt richtig! Ich habe in den letzten Jahren immer wieder auf period instruments gespielt und festgestellt, dass in der Tat die Töne weniger lange nachklingen, andererseits aber die hohen Geräuschanteile und die kleinere Dynamik eine ähnliche (auf jeden Fall nicht wesentlich säuberlichere!) Wirkung ergeben wie auf modernen Instrumenten.
Mir ist für diese Stellen bei Beethoven ein gut regulierter moderner Flügel mit einem deutlichen nicht zu weichen Klangbild am liebsten!
 
Bei einigen Stellen ist sowieso die Frage, ob der Komponist wirklich gemeint hat "hier Pedal die ganze Zeit bleifußmäßig unten lassen", oder ob er nicht vielmehr gemeint hat "hier Pedal benutzen, ich schreibe das mal nicht detailliert au

Liszt/Wagner Tannhäuser Ouvertüre : da schrieb er sinngemäß: verständiger Pedalgebrauch wird vorausgesetzt!
Bei Beethoven tendiere ich etwas zum Fundamentalismus!
 
Die Pedalangaben gelten allerdings für Instrumente aus Beethovens Zeit, auf denen die Töne sehr viel schneller verklingen als auf modernen Flügeln. Von daher halte ich es gar nicht unbedingt für sinnvoll, die Angaben minutiös zu befolgen.

und

Ich habe vor ein paar Jahren die Waldstein mehrfach gespielt und im letzten Satz sowohl das Pedal wie von Beethoven angegeben unten gehalten, als auch sonst ohne jegliches Pedal gespielt!
War architektonisch hochinteressant, ich weiss aber nicht, ob ich es jetzt wieder so machen würde!

Ihr beide habt verkannt, dass Beethoven zur Zeit der Komposition von Op. 53 einen Broadwood-Flügel hatte. Dessen Dämpferleiste war zweigeteilt, so dass man im Bass einen Ton halten konnte, im Diskant aber pedalisierte Harmoniewechsel vornahm, sozusagen eine Vorform des 3. Steinway-Pedals.

Wenn man sich vor diesem Hintergrund noch einmal die Waldstein-Sonate anschaut, dann ergeben die Pedalangaen plötzlich einen Sinn.
 
und



Ihr beide habt verkannt, dass Beethoven zur Zeit der Komposition von Op. 53 einen Broadwood-Flügel hatte. Dessen Dämpferleiste war zweigeteilt, so dass man im Bass einen Ton halten konnte, im Diskant aber pedalisierte Harmoniewechsel vornahm, sozusagen eine Vorform des 3. Steinway-Pedals.

Wenn man sich vor diesem Hintergrund noch einmal die Waldstein-Sonate anschaut, dann ergeben die Pedalangaen plötzlich einen Sinn.

Die solchen Broadwood-Flügel, von denen ich weiß, haben die Pedalteilung um c'. Also kann man darauf bei der erwähnten Stelle in der Waldstein-Sonate nicht den Bass und die Harmonie getrennt pedalisieren. Auch im letzten Satz von Op58 funktioniert es nicht ganz sauber. Gibt es Hinweise auf ein Instrument mit einer Pedalteilung noch weiter unten?
 
kaum ein guter Klavierspieler achtet auf die genauen Pedalanweisungen von Liszt
@kitium das wäre ein prima eigenes Thema: Liszts originale Pedalanweisungen!!!

Es gibt eine (möglicherweise resignierte?) Pedalanweisung von Liszt, die man guten Gewissens in restlos jedes Klavierstück drucken sollte:
verständiger [sic!] Pedalgebrauch wird vorausgesetzt.
sie findet sich in der 1848 entstandenen aber wohl erst in den 1860ern publizierten Transkription der Tannhäuser Ouvertüre.
:-)
Liszts Pedalanweisungen sind ein weites Feld... manchmal notiert er exotische Pedalflächen und -effekte (Les Funerailles, Mephistowalzer, Parsifalmarsch), manchmal notiert er pauschal ("taktweise Pedal" in der Ständchentranskription, was dort zu viel Klangmatsch bewirkt, wenn man es so macht), manchmal notiert er gar keins (die überwältigende Mehrheit der Takte der Sonate hat keine Anweisungen (was nicht heißt, dass man sie ohne spielen soll)) ---- Liszts Pedalanweisungen sind je nach Schaffensphase unterschiedlich...
...die sinnvollste siehe Tannhäuser
 

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