Fehlerfrei üben/spielen/vorspielen

Faszination, wenn der Künstler oder die Künstlerin sich mit der Musik auch selbst zum Ausdruck bringt,
Was interessiert mich die private Befindlichkeit des Musikers? Seine Verdauungsbeschwerden, der Ärger mit Ehefrau oder Geliebten? Der Chopin‘sche oder Beethoven‘sche Trauermarsch muß überzeugend klingen, auch wenn die Pianistin nicht gerade ihren Erbonkel gemeuchelt hat. Musikalische Interpretation (und das gilt sinngemäß auch für’s Theater) ist nicht die Couch des Psychoanalytikers. Daß macht den wahren Künstler aus, daß er sein kleinliches Ego hintanstellt und das Werk zur Geltung bringt.
 
Ich behaupte: keiner von den oben genannten Pianisten würden unterschreiben, dass sie sich mit der Musik zum Ausdruck bringen.
die würden die Frage schon befremdlich finden. So etwas passiert automatisch - unbewußt - aber es ist immer präsent - ein persönlicher unverwechselbarer Stempel, der nichts mit erzwungener Selbstdarstellung zu tun hat.

Wäre die Persönlichkeit des Künstlers, also dieser "göttliche Funke" unerheblich, dann könnte man ja gleich alles programmieren. "Künstliche Intelligenz" heißt das wohl. (Bei manchen "Einspielungen" im Netz habe ich ohnehin den Eindruck, dass die Zukunft schon begonnen hat :lol:)
 
@Debösi : Es geht bei Interpretation nicht um Gefühl und Befindlichkeit, sondern um Ästhetik. Welches Tempo, welche Lautstärke, welche Klangbalance finde ich als Künstler für das Werk angemessen, und kann ich mit meinee Auffassung den Zuhörer überzeugen.
 
Was interessiert mich die private Befindlichkeit des Musikers? Seine Verdauungsbeschwerden, der Ärger mit Ehefrau oder Geliebten? Der Chopin‘sche oder Beethoven‘sche Trauermarsch muß überzeugend klingen, auch wenn die Pianistin nicht gerade ihren Erbonkel gemeuchelt hat. Musikalische Interpretation (und das gilt sinngemäß auch für’s Theater) ist nicht die Couch des Psychoanalytikers. Daß macht den wahren Künstler aus, daß er sein kleinliches Ego hintanstellt und das Werk zur Geltung bringt.
@Debösi : Es geht bei Interpretation nicht um Gefühl und Befindlichkeit, sondern um Ästhetik. Welches Tempo, welche Lautstärke, welche Klangbalance finde ich als Künstler für das Werk angemessen, und kann ich mit meinee Auffassung den Zuhörer überzeugen.

Liebe Cheval blanc,

das stimmt in dieser Ausschließlichkeit nicht. Natürlich spielen die Befindlichkeiten des Interpreten keine Rolle, sehr wohl aber seine Emotionen beim Hören und Spielen des Werks.

Was er empfindet beim Hören der Klänge, Strukturen etc., hängt direkt mit seiner Auffassung und Interpretation zusammen. Bestimmte Wendungen rufen unterschiedliche Gefühle hervor und klingen dann auch unterschiedlich. Welchen Charakter möchte ich dieser Stelle geben, wie wirkt sie auf mich, was steht im Notentext?

Interpretation bedeutet immer eine persönliche Deutung des Notentextes unter Berücksichtigung all dessen, was im Notentext steht und dem, was nicht drin steht, man aber weiß (Stilistik, Musikverständnis ....). Das heißt nicht, dass man den Notentext ausschließlich benutzt, um sich selbst auszudrücken. Das wäre der umgekehrte Fehlschluss. "Persönlich" enthält aber auch das, was einem das Werk sagt, was es in einem selbst auslöst und wie dies darzustellen ist. Das eigene Erleben ist beim Spielen und Musizieren immer dabei und zwingend notwendig!

Liebe Grüße

chiarina
 
Interpretation bedeutet immer eine persönliche Deutung des Notentextes unter Berücksichtigung all dessen, was im Notentext steht und dem, was nicht drin steht, man aber weiß (Stilistik, Musikverständnis ....). Das heißt nicht, dass man den Notentext ausschließlich benutzt, um sich selbst auszudrücken. Das wäre der umgekehrte Fehlschluss. "Persönlich" enthält aber auch das, was einem das Werk sagt, was es in einem selbst auslöst und wie dies darzustellen ist. Das eigene Erleben ist beim Spielen und Musizieren immer dabei und zwingend notwendig!
Vielen Dank liebe @chiarina, dass Du das scheinbar Widersprüchliche so treffend in Worte gegossen hast.
 
Leicht anderes Thema, aber es lohnt sich jetzt nicht, dafür einen eigenen Faden aufzumachen:

Würdet ihr bei einem Musikschulvorspiel mitmachen, obwohl ihr das Gefühl habt, dass Euer Beitrag nicht richtig ausgefeilt ist?

Es geht gar nicht so sehr darum, dass Fehler passieren können (das kommt sowieso, oder auch nicht), sondern die ganze Ausgestaltung ist noch nicht so richtig verdaut, wiedergekäut und verarbeitet. Das hört man. Mein eigener Anspruch ist nicht erfüllt.
Das Vorspiel selbst, um das es geht, ist musikalisch gesehen völlig unwichtig und ist eher ein Anlass, um andere Leute (auch mit anderen Instrumenten) kennen zu lernen. Ich neige dazu, mitzumachen, bin aber nicht so richtig überzeugt, weil ich das Stück noch besser hinkriegen würde, wenn ich länger daran arbeiten bzw. mich überhaupt mal regelmäßig zum Üben hinsetzen würde.
 
Ich neige dazu, mitzumachen, bin aber nicht so richtig überzeugt, weil ich das Stück noch besser hinkriegen würde, wenn ich länger daran arbeiten bzw. mich überhaupt mal regelmäßig zum Üben hinsetzen würde.
Es ist unglaublich, was einem ein erstes - noch etwas unfertiges - Vorspiel eines Stückes an Verbesserungsmöglichkeiten offenbart. Dies selbst dann, wenn man es nicht aufnimmt!
Oder - nach meiner Erinnerung von Bruno-Leonardo Gelber in einem Fonoforum Interview - : man lernt die Noten eines Stückes und in den ersten 10 - 15 Konzerten entwickelt sich dann so etwas wie eine Interpretation ( und wohl auch die technische Sicherheit)!
 
Es ist unglaublich, was einem ein erstes - noch etwas unfertiges - Vorspiel eines Stückes an Verbesserungsmöglichkeiten offenbart. Dies selbst dann, wenn man es nicht aufnimmt!
Danke! Interessanter Hinweis! Das wird ja dann ein kleines Abenteuer :-).

Würdest du denn ohne geplantes Vorspiel ernsthaft an dem Stück arbeiten?
Ja! Das Vorspiel macht mich eher übefauler, was aber nicht heißt, dass ich nicht geistig sehr oft vor mich hin"übe" und mich mit dem Stück beschäftige.
 

Ist das ein Vorspiel, bei dem viele Personen jeweils ein eher kurzes Stück vortragen? Eine Art Klassenabend - oder eher in Richtung Konzert für Musikschulkinder?

Steht das gemeinsame (bzw. nacheinander...) Musizieren im Vordergrund? Eher lockere Atmosphäre?

Wäre es eine Option, ein anderes Stück vorzuspielen?

Etwas zu präsentieren, das nicht den eigenen Ansprüchen genügt, ist unangenehm. Möchtest du das gezielt trainieren bzw. diesbezüglich Erfahrung sammeln?
 
Auch ich kann bestätigen, dass mit dem ersten Auftritt die ernsthafte Arbeit am Werk erst richtig losgeht. Das ist jetzt etwas überspitzt gesagt, aber es ist wirklich interessant, dass über jedes Konzert oder Vorspiel sich das Stück auf eine Weise setzt, wie es mit reinem Üben im stillen Kämmerlein nicht passiert. Manchmal reicht es schon, wenn man einem Freund vorspielt. Man gewinnt eine Distanz zum Stück, hört es gewissermaßen mit den Ohren des Publikums.
 
Etwas zu präsentieren, das nicht den eigenen Ansprüchen genügt, ist unangenehm.
Das finde ich sollte man differenzierter betrachten.

Man kann hohe Ansprüche haben und wissen dass man diese (noch/ oder nie) nicht umsetzen kann. Dann wäre es destruktiv zu sagen „ich spiele nicht vor weil es meinen Ansprüchen nicht genügt“. Man hat immer ein Ideal im Kopf und das wird „wie eine Fata Morgana immer am Horizont stehen. Man erreicht sie nie. Sie wird nur immer schöner je besser man wird.“ ( das Zitat ist nicht von mir)

Man kann mit sich auch im Reinen sein und sagen „ich tat mein Bestes, das muss für jetzt genügen“.

Dann hat man Freude auch wenn es nicht perfekt ist. Voraussetzung man tat wirklich SEIN Bestes!
 
Zuletzt bearbeitet:
Das macht mir „Sorgen“. Das ist selbst Sabotage, bzw. baust du vor für den Fall des „Scheiterns“. Du hältst dir eine Hintertüre offen zu sagen „ach ich hab ja auch nicht viel geübt“. Mutig muss man sein alles zu versuchen (gerade wenn man den Anspruch hat!). Du legst aus Angst vor der Schonungslosen Erhebung deines Ist-Zustands die Basis für eine selbsterfüllende Prophezeiung. Das ist unfair dir selbst gegenüber. Du nimmst dir nicht nur die Chance auf ein Gelingen für den Fall dass du kritisch zu wenig geübst hast, du erhöhst dir Wahrscheinlichkeit für Fehler, du nimmst dir auch noch die Chance auf ein GUTES Gelingen weil du im besten Fall trotzdem zu wenig geübt hast. Also doppelt blöd. Nur um für den Fall X die Alternative „hab auch wenig geübt“ zu haben.

Ich lehn mich weit aus dem Fenster und behaupte, dass du dir nicht vertraust, dass es reicht wenn du gewissenhaft Arbeit reinsteckst.
 
Verrätst Du uns, um welches Stück es sich handelt?
Die "Widmung" von Schumann/Liszt.

Ist das ein Vorspiel, bei dem viele Personen jeweils ein eher kurzes Stück vortragen?
ja genau, total locker, nichts Ernstes. Jeder bringt seine fehlerhaften Stücke ein :-).

Man gewinnt eine Distanz zum Stück, hört es gewissermaßen mit den Ohren des Publikums.
Ja genau!

Man kann hohe Ansprüche haben und wissen dass man diese (noch/ oder nie) nicht umsetzen kann. Dann wäre es destruktiv zu sagen „ich spiele nicht vor weil es meinen Ansprüchen nicht genügt“.
Ganz richtig. Ein Stück genügt meinen Ansprüchen eigentlich dann, wenn ich es so ca. ein Jahr lang mit mir herumgeschleppt habe, es zwischendurch Zeit hatte zum Abhängen und es dann immer wieder aufs Neue aufgewärmt wurde. Solche Stücke kenne ich dann in- und auswendig, sozusagen wie eine Wohnung, in der ich schon lange wohne oder wie ein Mensch, mit dem ich oft zusammen war.

Bei diesem Stück ist es anders, das habe ich erst vor kurzem hier im Forum gefunden, auswenig gelernt und dann in die Klavierstunde mitgebracht. Da ich nur in größeren Abständen Stunden habe, gestaltet sich das so, dass ich Stücke schon in relativ fertiger Form mitbringe, vorspiele und dann dazu Feedback bekomme - musikalisch und zur Technik.

Ich kann das Stück mittlerweile ganz gut, habe es auch schon im privaten Kreis vorgespielt (mit dem von @Tastatula genannten Effekt). Aber es fühlt sich immer noch recht "frisch" an, weil die "Abhängephasen" fehlen.

Das macht mir „Sorgen“. Das ist selbst Sabotage, bzw. baust du vor für den Fall des „Scheiterns“.
Das ist meine Spezialität ;-). Nein, ernsthaft ist es so, dass ich versuche, das Klavierspielen und die "Konzertvorbereitung" kräfteschonend in meinem kräftezehrenden Alltag unterzubringen, um dann halbwegs vorbereitet zu sein, ohne durch die Vorbereitung in Stress zu verfallen. Für ein Hobby ist ein bisschen Selbstsabotage o.k.
 
Etwas zu präsentieren, das nicht den eigenen Ansprüchen genügt, ist unangenehm. Möchtest du das gezielt trainieren bzw. diesbezüglich Erfahrung sammeln?
Eigentlich wurde ich einfach gefragt, ob ich Lust hätte, etwas zu spielen. Außerdem will ich schon ein bisschen aus dem stillen Klavierkämmerlein herauskommen. Allerdings hatte ich mich auf ein Schülerkonzert im Sommer eingestellt, so dass der Dezembertermin jetzt für mich etwas plötzlich kommt. So dachte ich dann: "why not?"

Wenn die Erfahrung allerdings besch... wird, dann kann es natürlich sein, dass ich auf zukünftige Vorspiele dann lieber verzichten möchte. Andererseits habe ich schon ein bisschen Lust, den Flügel zum Klingen und Rauschen zu bringen :-).
 
„übefauler“ hab ich als „weniger als sonst“ interpretiert 😇
Hmmm, ich glaube, dass ich jetzt wenn, dann gezielter an das Stück herangehe und wenn, dann auch wirklich einige Stellen richtig "übe". Vorher habe ich einfach alles immer durchgespielt, zigmal hintereinander, bis ich mit Erschrecken auf die Uhr geschaut habe und gesehen habe, wie spät es ist.
 

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