Die Leiden des Musiklehrer Daseins :)

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outcast666

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26. Juni 2023
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Stinknormale Midlife-crisis. Soweit alles normal. Geht mir als Handwerker genauso, da "brennt" schon lange nix mehr.

Hure des Geldes auf Kosten meiner Leidenschaft
Tröste Dich damit, dass Dir das als Rockstar nicht anders ergangen wäre. Die Leidenschaft schwindet halt mit der Routine.
Man kann das auch alles anders sehen:
Leidenschaft ist Suche und Du hast schon gefunden (Routine, Erfolg, ruhiges und finanziell sicheres Leben). Zudem verdienst Du offensichtlich leidenschaftlich gerne Geld. Das ist doch auch was wert.
 
Tja, da kann ich nur raten: besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Wie hoch schätzt Du Deine Lebenserwartung? Wirst Du Dich jemals zur Ruhe setzen können? Oder wirst Du unterrichten müssen, bis Du tot umfällst? Irgendwann werden Deine Schüler ausbleiben: junge Eltern werden ihre Sprößlinge nicht bei Großvater in den Unterricht schicken, zumal bei jugendlich hippen Instrumenten wie Gitarre und Schlagzeug. Und schon gar nicht, wenn Du keine Bühnenpräsenz als Werbeargument ins Feld führen kannst. Fazit: Schleunigst umsatteln, besser heute als morgen.
 
@cheval: so weit denke ich nicht...Irgendetwas wird dann schon passieren :)
Zudem sorge ich vor, das ich nicht ewig arbeiten muss. Privat-Rente ab Ende 60 ist sicher....
 
@Peter: hahahaha...Danke, Deine Statements haben mir den Tag verschönert :)
Ironie des Schicksals....
 
Nach meiner Einschätzung liegt ein großer Teil des Problems in der geballten Ladung an Arbeit, die sich auf 3 Tage der Woche beschränkt, während 3 (bzw. 4) Tage „frei“ sind. Ich habe mir bisher die Leidenschaft zum Musikmachen immer durchgehend erhalten können, was auch daran liegt, dass ich in der Regel an keinem Tag mehr als 6 Stunden mit Unterrichten verbracht habe, weil ich die Arbeit immer möglichst gleichmäßig über die Woche verteile. Da bleibt dann jeden Tag genügend Zeit, um am Instrument weiterzukommen.

Außerdem halte ich Ziele für sehr wichtig: Ins Blaue hinein zu üben, ist nicht unbedingt motivierend. Ich habe immer mal wieder hier und da Auftritte oder setze mir als Ziel eine Aufnahme, die ich dann z.B. hier auf clavio einstelle. Dadurch gibt es bei mir fast durchgängig ein festes Überitual, das ganz selbstverständlich zum Tagesablauf an fast jedem Tag dazugehört. Und das lässt mich meine Haupt-Broterwerbsarbeit mit Freude ausführen, ohne dass ich gelangweilt, frustriert oder Ähnliches bin. Ich kann allerdings negative Begleiterscheinungen des Berufslebens auch ganz gut ignorieren bzw. schnell wieder vergessen.
 
Ich bin kein Lehrer sondern Schülerin. Aber auch ich kenne das, dass nach einem viertel Jahrhundert im Beruf man nicht mehr dafür brennt. Ich fürchte, das ist in jedem Beruf so und wenn man dann wenigstens finanziell einigermaßen klar kommt, ist schon viel gewonnen. Viel schlimmer stelle ich mir das Leben als Rockmusiker vor. Auch da ist die Leidenschaft irgendwann weg, aber bei dem Leben ist es auch schwer Familie und Freunden gerecht zu werden.

Mir hilft immer ein Messebesuch. Viele Menschen, die begeistert sind und Neues vorstellen - am dritten Tag glaubt man denen wieder, dass man eigentlich den geilsten Job der Welt hat.

Eine Anmerkung habe ich noch: mein Lehrer macht zumindest den Eindruck (ob das jetzt echt ist oder professionelle Fassade weiß ich nicht), dass er einfach Freude daran hat, seinen Schülern eine Freude zu machen.

Gefühlt habe ich meine Seele für´s Geld verpfändet, und bin daher nur eine Hure des Geldes auf Kosten meiner Leidenschaft..

Deshalb habe ich mit der Aussage auch Schwierigkeiten. Sie können den Kindern so viel geben, auch denen, die wohl keine Musiker werden.
 
Die Leidenschaft schwindet halt mit der Routine.
Erinnert mich an das, was man oft über längere Beziehungen oder Ehen sagt. Der Witz ist doch: Es geht nur so und nicht anders. Die Beziehungen verändern sich, sowohl zum Partner, als auch zum Beruf. Routine und Gewohnheit sind doch etwas Wunderbares! Sie schaffen nämlich Ruhe, Struktur und Verlässlichkeit. Spätestens dann geht einem auch auf, was man möglicherweise an Partner / Beruf / dem neuen Haus / der neuen Stadt oder was auch immer langweilig, unpassend, störend empfindet, was man vorher nicht wusste oder bemerkt hat. Hoffentlich aber sind diese etwas ungeliebten Eigenschaften aber so gering, dass man sie gut akzeptieren oder wenigstens ignorieren kann.
Wichtig ist natürlich trotzdem, nicht gänzlich stehenzubleiben und sich die Freude weiter zu erhalten. Neue Ideen, neue Orte entdecken, neue Gespräche führen oder Unternehmungen angehen... und sich klarmachen: So wird es immer wieder kommen, auch mit neuen Berufen / Partnern / Wohnumfeld / Hobby.
Man sollte sich Zeit nehmen, echtes Unglück von einer kleinen Unzufriedenheit zu unterscheiden, die dem Lauf der Dinge einfach immer wieder innewohnt.
 
Da kann ich nur raten: Lernt Programmieren!
Dieses Hobby kann man gefahrlos zum Beruf machen.
Das ist dann ein Leben lang wie Bauklötzchenspielen, und man wird dafür noch mit Geld beworfen.
 
Och, ich hab mein Hobby auch zum Beruf gemacht. Ich bereue es selten, und trotzdem haben alle Recht mit ihrer latenten Drohung: Pass auf, wenn du dir dein Hobby zum Beruf machst, denn dann hast du kein Hobby mehr! Was ein Hobby ist, weiß man erst, wenn es nicht mehr da ist, weil man es plötzlich machen muss. Was ich aber im Umkehrschluss nicht weiß ist, wie es sich anfühlt, eine ungeliebte Tätigkeit jeden Tag stundenlang auszuführen (abgesehen von der Schule). Das ist sicher viel ungünstiger.
 

Ich bin zwar kein Musiker, verbringe meine berufliche Zeit mit dem Anleiten von Dingen, die anderen Menschen Vorteile bringen sollen. Auch bei mir gibt es solche und solche.
Als besonders belastend empfand ich es eine Zeit lang, dass ein Teil meiner Kundschaft nicht sonderlich motiviert war - ebenso wie bei dir. Mir fehlte die Akzeptanz dieses Zustandes. Unzufriedenheit durch Nichterreichen meiner Ziele hatte ich oft, obwohl es nicht an mir lag. Ich gab mir die Schuld dass es mir nicht gelungen war diese Menschen zu motivieren. Irgendwann machte es Klick und ich hörte auf zu verkrampfen um andere Leute zu überzeugen. Damit war erst einmal ein großes Potential unnötig verbrauchter Energie aktiviert.

Ich arbeite nun schon fast 30 Jahre selbstständig in meinem Beruf, mit großer Freude, viel viel Arbeitspensum jeden Tag - erfolgreich (glücklicherweise ist mein Beruf gefragt) und es sieht so aus dass das dauerhaft so bleiben wird. Meine Strategie:

  • Dinge nicht ändern zu wollen, die nicht zu ändern sind
  • Dinge, die zu ändern sind zu ändern
  • Offener Umgang damit (ich spreche die Negativ-Aspekte meiner Kundschaft offen an) keine falsche Freundlichkeit oder Heuchelei (tut mir persönlich sehr gut)
  • die dadurch entstandene Ressource (mehr Freude = mehr Energie) in neue Ideen und deren Verwirklichung stecken, nicht bloß träumen
  • ganz wichtig: Im Privatleben aufräumen (wenn´s hier schwierig ist, wie soll es dann im Beruf funktionieren)
  • ganz wichtig: die eigene Gesundheit nicht aus dem Fokus verlieren, ein durch Krankheit gequälter Körper ist weniger belastbar und nimmt dir die Tagesfreude

Viel Glück!
 
Was hast Du für eine Einstellung zu „Schule“? Es gibt keinen größeren Luxus als lernen zu dürfen, neues Wissen aufzunehmen und nicht täglich um sein physisches Überleben kämpfen zu müssen.
Ich habe zur Schule eine positive Einstellung und lerne so gerne, dass ich etwa genauso lange studiert habe, wie ich in der Schule war... ;-) Allerdings waren die Lehrer nur teilweise geeignet, die viele Zeit, die ich in der Schule verbracht habe, angemessen zu füllen. Wenn ein Lehrer sich beispielsweise weigert, im Französisch-Leistungskurs Französisch mit mir zu reden, oder ich beim Geschichtslehrer manchmal nicht kapiert habe, in welches Zeitalter er jetzt gesprungen ist, darf ich die Zeit dort durchaus als verschwendet einordnen.
 
Kritik an manchen Lehrern ist sicherlich angebracht. Aber es ist auch ein Schei…-Job! Einen Sack Flöhe hüten ist sicherlich einfacher. Wie will man es bei 20 Schülern, jeder mit eigener Problembiographie, mit unterschiedlichem Bildungsniveau, mit unterschiedlicher Intelligenz, jedem Recht machen? Daß Ideal: der umfassend gebildete und jederzeit motivierende Hauslehrer für jeden Einzelnen. Der die individuellen Begabungen fördert, aber auch darauf achtet, daß auch die übrigen Wissensbereiche nicht zu kurz kommen. Aber ob ein Hauslehrer der Sozialkompetenz der jungen Menschen zuträglich wäre?
 
Als besonders belastend empfand ich es eine Zeit lang, dass ein Teil meiner Kundschaft nicht sonderlich motiviert war
Ich glaube, das ist in vielen Bereichen so. Ich habe auch einige Kunden in der Beratung, bei denen ich mich manchmal frage, warum sie mir Geld geben, wenn sie eh nicht das umsetzen, was wir gemeinsam erarbeiten. Aber ich ärgere mich nicht darüber. Es ist halt so.

Was Routine angeht, sehe ich das ein Stückweit wie @Stilblüte - es kann sehr angenehm sein, nicht ständig "unter Strom" zu stehen, sondern einfach "nur" in Ruhe zu arbeiten. Impulse, sich weiterzuentwickeln, braucht man aber trotzdem.
 
Als besonders belastend empfand ich es eine Zeit lang, dass ein Teil meiner Kundschaft nicht sonderlich motiviert war …
Statement meines Lehrers (Vorsicht! [IRONIEMODUS AN]): „Meine Schüler bekommen von mir 100%. Wer mehr will, muß entsprechend liefern. Der Schüler hat den Lehrer zu motivieren - nicht umgekehrt.“ [IRONIEMODUS AUS] Wie ich finde, eine gesunde Einstellung, die dem Burnout vorbeugt.
 
Manchmal frage ich mich schon, wie man es aushalten kann, ein Instrument zu unterrichten und sich jeden Tag stundenlang, über Jahre und Jahrzehnte, das Geklimper anzuhören. Mich selbst nervt das ja schon, wenn ich ein Stück nicht richtig spielen kann, wenn es sich einfach nicht so anhören will, wie ich mir das vorstelle. Aber der arme Lehrer oder die arme Lehrerin tut sich das jeden Tag an und hat immer wieder Anfänger, die nur ein paar Töne können. Oder welche, die vielleicht etwas mehr können, aber nicht üben und damit ihr Potenzial nicht ausschöpfen. Ich bewundere es sehr, wenn man das über so lange Zeit durchhält, ohne die Flinte ins Korn zu werfen.
 
Ich musste ja auch mal ne zeit lang unterrichten - mein Ding war es ned.

Die meisten Schüler waren nur im Suff zu ertragen.

Und die Bezahlung war auch eher mangelhaft.
 
Manchmal frage ich mich schon, wie man es aushalten kann, ein Instrument zu unterrichten und sich jeden Tag stundenlang, über Jahre und Jahrzehnte, das Geklimper anzuhören.
Nochmals ein Statement meines Lehrers (diesmal ohne Ironiemodus): „Es ist immer wieder spannend, Anfänger auf ihrer Entdeckungsreise durch die Musik zu begleiten, zu erleben, welche Pfade sie einschlagen und welche Fallstricke sie umgehen.“
 

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