Allerdings muss man fähig und willens sein, eine Gruppe von 15 - 30 Kindern oder Jugendlichen anzuleiten, zu motivieren, zu disziplinieren (ja, auch das) .... Das kommt vermutlich längst nicht für alle in Frage.
In der Realität könnte man die obengenannte Folge vielerorts sogar umdrehen: der größte Teil des energetischen Aufwands der Lehrkraft geht nicht für Vermittlung von Inhalten und Kenntnissen drauf, sondern dafür, erst einmal in der Bude für Ruhe zu sorgen. Dass das längst nicht jeder gerne macht, ist sicherlich nachzuvollziehen.
Ein wichtiger Aspekt wurde noch nicht thematisiert: kann sich die oder der Einzelne die Entscheidung für eine Existenz als freiberuflicher Musiker überhaupt leisten? Sicherlich genau dann nicht, wenn man als Alleinverdiener oder mit ebenfalls nur dürftigem Einkommen von Lebenspartner(in) das Auskommen einer Familie sicherstellen soll. Mehrere Kinder, ein (gut-)bürgerlicher Lebensstandard, Wohneigentum, regelmäßige Urlaube, Motorisiert-Sein und was alles noch sonst machen Einkommensperspektiven erforderlich, die weit jenseits des Freiberuflerstatus' als Künstler liegen - oder man muss alles an Aufträgen zwanghaft ergeiern, was irgendwie zum Füllen der eigenen Brieftasche taugt. Und das in einem Beruf, den die Bevölkerungsmehrheit als reine Hobbytätigkeit geringschätzen. Und nach Aufhebung der Corona-Maßnahmen mögen sich Künstler bereits glücklich schätzen, wenn man ihnen herablassend überhaupt wieder Auftrittsmöglichkeiten zukommen lässt. Sogar für Gratis-Promotion ohne Honorar findet man inzwischen interessierte Künstler.
Müsste ich für sechs Kinder sorgen mit einer ebenfalls wenig Geld verdienenden Partnerin, hätte ich vermutlich noch nicht einmal Musik studiert und mich stattdessen für irgendeinen deutlich lukrativeren Brotberuf entschieden respektive entscheiden müssen.
Vermutlich haben viele den Musikerberuf auch in der Hoffnung gewählt, eines Tages zu den Topverdienern der Branche zu gehören. Wer dann mit vielleicht dreißig, fünfunddreißig, vierzig oder noch mehr Lebensjahren die Erkenntnis an sich heranlässt, niemals zum im Geld schwimmenden Weltstar werden zu können - was hat er dann noch an Möglichkeiten? In einem bürgerlichen Beruf auf dem Niveau eines ungelernten Hilfsarbeiters ohne jegliche Qualifikation nochmal bei Null anfangen? Sich als endgültig im Leben Gescheiterter selbiges zu nehmen erfordert Mut - tut also auch längst nicht jeder in dieser Situation. Bleibt den am Lehramt absolut nicht interessierten Kandidat(inn)en nur noch die Möglichkeit, weiter zu murksen und zu wurschteln wie zuvor mit dem Leben von der Hand in den Mund. Vielleicht wird man ja doch noch spät entdeckt und in hohem Alter nochmal zum Star - die Hoffnung stirbt zuletzt:
LG von Rheinkultur