Eine traurige Entwicklung

Er blendet Lebensfreude in der Musik nicht aus, er sagt sie ist falsch. Das ist doch explizit sein Thema! Das falsche Versprechen der Wunscherfüllung, dass die Leute sich schon damit abfinden, niemals wirklich glücklich zu sein. Aber in einer Gesellschaft in der alles Warenform annimmt, gibt es diese Wunscherfüllung/Freude nicht. Menschliche Zustände sollen erst herbeigeführt werden, dann ist auch die Lebensfreude wieder möglich. ("Auf dem Wasser liegen und friedlich in den Himmel schauen" oder so ähnlich)

Didaktisch kann man über seinen Ansatz gerne streiten, das was du hier nennst würde ich auch nicht unterstützen, aber dann bleibt die Frage, in wie weit das mit dem "Gesamtwerk" überhaupt in Verbindung steht und ausschließen würde, dass er nicht woanders Recht hat?

Welches Gefühl erwartet Du: Erbauung, Ehrfurcht, ...?
Die "Erkenntnis" der Kulturindustriethese/Auseinandersetzung mit Jazz bringt wohl eher Frustration, das Nicht-heraus-kommen, Depression mit sich. Dann kann man sich wieder die Ästhetische Theorie anschauen und fragen was Kunst eigentlich kann und soll und ob sie es heute noch kann? (Das wird evtl. mein Dissertationsprojekt (in Bezug auf Musik) und das stelle ich dann gern etwa 2028 vor, ich hoffe bis dahin etwas mehr von Musik zu verstehen haha)

Du darfst aber gerne den fehlenden Kontext ergänzen, wenn Du magst.

Grüße
Häretiker

Und ich muss dich @Häretiker um ein paar Stunden bestimmt vertrösten, ich arbeite nochmal die Texte durch, das lag sowieso an, und melde mich dann zurück :)
 
Die "Erkenntnis" der Kulturindustriethese/Auseinandersetzung mit Jazz bringt wohl eher Frustration, das Nicht-heraus-kommen, Depression mit sich.

Nun, ich beschäftige mich mit Jazz seit über 30 Jahren und kann weder das eine (Frustration) noch das andere (Nicht-heraus-kommen) nachvollziehen. Mache ich da was falsch?

Heute ist man doch eher in der "Jazz ist noch nicht tot, er riecht nur merkwürdig"-Phase. Kulturindustrie, wenn ich mir dan Anteil vom Jazz anschaue ... 2% oder so. Kommerziell ist das unter 'ferner liefen'.

Und ich muss dich @Häretiker um ein paar Stunden bestimmt vertrösten, ich arbeite nochmal die Texte durch, das lag sowieso an, und melde mich dann zurück :)

Würde mich interessieren, danke!


Es gibt da so eine bestimmte Art Leute, bei denen habe ich immer das Gefühl, die Rezeption und Verarbeitung von Musik hört unter dem Hals auf. Bloss nix Körperliches, nix Rhythmisches, Groove ist verpönt. Ich sehe das anders, meine Wenigkeit hört nicht unter dem Hals auf, das was da unten am Hals dran hängt, das gehört auch zu mir. Und ohne dem, was unten dran hängt, würde der obere Teil ganz schnell sterben. Der obere kann also nicht ohne den unteren. Aber, .... wir schweifen ab. Da könnten wir einen eigenden Fred aufmachen.

Grüße
Häretiker
 
Zuletzt bearbeitet:
das Gefühl, die Rezeption und Verarbeitung von Musik hört unter dem Hals auf. Bloss nix Körperliches, nix Rhythmisches, Groove ist verpönt. Ich sehe das anders
Hört eine Beethoven Sonate, eine Chopin Etüde am Hals auf?
Ein großer Teil der (Klavier)Musik ist doch hörend wie spielend Ganzkörper-Musik! Das muss noch nicht einmal zu exzessiven Bewegungen führen, kann sogar kaum sichtbar sein, aber wer eine gute Interpretation der Appassionata steif wie ein Stock rezipiert, ...
 
Die „Meistersinger“ und die „Zauberflöte“ sind von der Lebenswelt eines Jugendlichen nicht weiter entfernt als binomische Formeln oder Differentialgleichung. Mit demselben Argument kann man letztlich jedes Thema aus dem schulischen Fächerkanon kegeln.
 
Hört eine Beethoven Sonate, eine Chopin Etüde am Hals auf?

Kommt auf den Rezipienten an. Deswegen schrieb ich 'Es gibt da so eine bestimmte Art Leute' und nicht 'Es gibt da so eine bestimmte Art Musik'.

Ein großer Teil der (Klavier)Musik ist doch hörend wie spielend Ganzkörper-Musik!

Siehe oben, das kommt auf den Rezipienten an. Insbesondere seit ich Saxophon spiele und ein paar jahre Gesangsunterricht hatte, habe ich gemerkt, wie sehr Musik und Musik Machen eine Ganzkörpererfahrung ist.

Vielleicht hat Adorno nie gesungen, wer weiß!?

Grüße
Häretiker
 
. Klassische Musik ist ohnehin zum größten Teil ein Privileg gehobener Bevölkerungs- und Bildungsschichten und entwickelt sich durch solche Entwicklungen noch weiter dahin, so beklagenswert das sein mag. Der vielfältige Jazz wird zwar über alle Schichten konsumiert, hat aber nicht den Stellenwert der anderen Genres.
Ich habe mich schon oft gefragt, warum in der Schulmusik so viel über die Bedürfnisse der (mehrheitlich noch ungebildeten!) Schüler raisonniert wird. Ich habe nicht in Erinnerung, dass unser Mathematikkehrer uns fragte, ob wir lieber über die Natur unserer Lieblingszahl diskutieren wollen, oder lieber quadratische Gleichungen lösen wollen.
Warum macht sich die Schulmusik so klein, statt Kenntnisse über Musik (aller Musik, die mit Wissen angemessener zu rezipieren ist von der Renaissance bis zum Jazz) zu vermitteln. Und zwar allen Schülern, und ja auch denen, die keine Klavierstunden nehmen.
Ergänzend finde ich es ein Armutszeugnis, dass Schüler ihre Musiknoten mit Instrumentalen und/oder vokalen Leistungen verbessern können, an deren Zustandekommen die deutsche Regelschule keinen Anteil hat.

Dann könnte man ja auch mal darüber nachdenken, was Schule letztlich vermitteln soll! Ausschließlich Zuarbeit zur Employability künftiger Arbeitnehmer, oder Spaß, oder auch Bildung (was auch immr man im Lande der Dichter und Denker darunter verstehen will!?)
 
Die Frage die sich mir stellt - ist Musikunterricht an der Schule zwingend?

Es ist zum einen kein versetzungsrelevantes Fach und vorwiegend geht es ja auch um Musikgeschichtliches so wie das Analysieren von Werken.

Sangesfreudige kommen im Musikunterricht eh zu kurz, aber da gibt es die kostenlosen Möglichkeiten in Chören und Gesangsvereinen mitzuwirken.

Wenn ich noch an die 5.Klasse zurückdenke - Meistersinger wurd da behandelt - für so Kleinjugendliche die eher für ABBA, Stones usw. zu begeistern waren, schon eine etwas unverdauliche Kost.

Ich denke, Musikunterricht an den Schulen sollte fakultativ angeboten werden, ebenso wie Kunsterziehung.

Wenn Schüler für so etwas nicht zu begeistern sind, ist ein solcher Unterricht für die Katz.

-3-
1. Einleitung
Die positive Wirkung von Musik wird niemand bestreiten. Sie entspannt, regt an, hilft Gefühle auszudrücken, verbindet Menschen und Kulturen miteinander, schafft Solidari- tät, stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Auch ist allgemein akzeptiert, dass der Umgang mit Musik, das Erlernen eines Instruments, das Musizieren im Chor, in einem Orchester, in einer Kapelle oder einer Band förderlich für die Entwicklung von Kindern und Jugend- lichen ist. Allerdings liegen bisher nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen und Studien vor, die positive Auswirkungen des Musizierens kausal belegen.
Der in der Öffentlichkeit oft diskutierte “Mozart Effekt“, der eine intelligenzfördernde Wirkung der Musik beschreibt, ist kaum wissenschaftlich nachweisbar. Jedoch liegen Ergebnisse vor, die positive Auswirkungen musikalischer Aktivitäten bei Schülern im emotionalen und sozialen Bereich aufzeigen, auch in Verbindung mit Motivations- und Leistungssteigerungen. Große Aufmerksamkeit erlangte in diesem Zusammenhang das durch den Dokumentarfilm „Rhythm is it“ bekannt gewordene Bildungsprojekt, in dem 250 Hauptschüler unter Leitung von Sir Simon Rattle ein von den Berliner Philharmo- nikern gespieltes Ballett probten und aufführten. Dabei war es offensichtlich gelungen, zunächst wenig motivierte Kinder und Jugendliche zu Disziplin und erstaunlichen Leis- tungen zu bringen. Ähnliche Projekte im Rahmen von Anstrengungen zur Gewaltprä- vention an Schulen erscheinen ebenfalls erfolgversprechend.

Quelle:

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Bei Schulmusikern ist es üblich dass sie nur Musik unterrichten, da das Studium kaum Zeit für ein Zweitfach lässt. Allerdings sind Schulmusiker rar, deshalb unterrichten viele fachfremd Musik. Bei mir an der Schule gabs jedenfalls immer diese zwei Typen von Musiklehrern.
Der Quereinstieg ins Schul-Beamtentum war schon immer mit hohen Hürden verbunden. Deshalb unterrichtet eher ein Physik-Lehrer fachfremd Musik, als dass ein Musiker als Lehrer geholt wird. Diese Hürden werden aber bröckeln bei zunehmendem Lehrermangel.

Abgesehen davon: Ich hab von der Musiktheorie in der Schule absolut nichts mitgenommen, da ich mich erst mit Mitte 20 durchs freie Klavierspielen dafür interessierte. Unsere Lehrer haben es nie geschafft die Theorie mit Praxis zu vermitteln. Fand ich immer schade, da man mit Musik doch eigentlich jeden abholen kann. Und sei es durch Metal- oder Hip-Hop-Songs. Was die Schüler halt grad so hören.

An 3 Punkten Widerspruch:
In Bayern war Musik als Doppelfach üblich, woanders eher nicht.
Wie hoch die Hürden sind, liegt am Bundesland und am jeweiligen Bedarf.
Jeden Schüler mitnehmen halte ich für unrealistisch. Und wir machen inhaltlich eben nicht, was wir wollen.
 

Dadurch, daß man dieses „Vorurteil“ gebetsmühlenartig wiederholt, wird es auch nicht richtiger. Die „gehobenen Bevölkerungsschichten“ finden sich heutzutage eher auf den Tennis- und Golfplätzen als in den Kammermusiksälen.
Freude an Musikkonsum und -ausübung setzt natürlich nur bedingt einen finanziellen Background voraus, mit dem gehobene Bevölkerungsschichten häufig vereinfacht definiert werden, aber sehr wohl einen Bildungshintergrund (das schließt Hörerfahrung ausdrücklich mit ein). Da Bildung zunehmend in diesem Bereich der privaten Initiative überlassen bleibt, wird der finanzielle Aspekt immer bedeutsamer. Das Internet, das mit dem Wort ''umsonst'' gleichgesetzt wird, liefert leider zu viel Ausschuss und ersetzt die kostenintensiveren Aspekte der Ausbildung nur zu einem geringen Teil. Hochwertiges und solches von besonderem Interesse sind auch hier meist nur für bares zu haben.
Die Schule (Grundschule und weiterführende Schulen, einzelne spezialisierte Institutionen ausgenommen) liefert ohnehin nur eine musikalische Grundausbildung. Will man mehr, muss man Instrumentalunterricht fördern. Ein Modell könnte vielleicht ''El Sistema'' in dem jetzt etwas heruntergekommenen Venezuela sein. Die Motivation dieses Projektes, die Zielsetzungen und die zu Grunde liegende Ideologie davon passen natürlich nicht hierher, aber grundsätzlich fand ich die Resultate ziemlich beeindruckend.
Diejenigen, die sich heute mehr oder weniger exquisite musikalische Erziehung für ihren Nachwuchs leisten, werden das auch weiterhin tun, selbst in einer Gesellschaft, der breites musikalisches Analphabetentum nichts bedeutet und die sich nicht mehr über ihre Kultur definiert, sondern über die persönlichen Fuhrparks ihrer Individuen und andere stumpfe Statussymbole.
 
Sondern hast dir lieber Gelaber über Bach und gregorianische Gesänge gegeben? (oder wen oder was auch immer, ich erinnere mich schon gar nicht mehr was wir durchgenommen haben).
95 % jeder Klasse schlafen dir da doch in den ersten 5 Minuten ein.

Man muss es ja nicht "zerquatschen", aber die künstliche Trennung zwischen "U- und E-Musik" habe ich noch nie verstanden. Da kann man doch fließend drüber gehen und elegant bei Bach laden. Für die meisten meiner Musiklehrer war U-Musik aber keine richtige Musik. Die Spannung von Dominante und Auflösung einer Tonika zu hören, kann man quasi an jedem beliebigen Stück zeigen. Das hätte mir mehr gebracht als jeder Quintenzirkel.
Elegant bei Bach landen? Und dann finden es die SuS interessanter?
Das Problem dabei, die Spannung zwischen Tonika und Dominante zu hören ist doch, dass man erst mal wissen muss, was das ist. Und dann steht der Zirkel im Raum.
 
die Spannung zwischen Tonika und Dominante zu hören ist doch, dass man erst mal wissen muss, was das ist.

Eben nicht. Für Hörerfahrungen braucht man keinerlei Musiktheoretische (oder gar Musikgeschichtliche) Vorkenntnisse. Schüler können allein aus der Hörerfahrung auch Moll- und Dur-Akkorde unterscheiden lernen, ohne zu wissen was das überhaupt ist. Erst mit dieser Praxis (Musik!) ergibt die Theorie überhaupt irgendeinen Sinn, nicht umgekehrt.
 
Ist schon wieder bildungsbürgerliche Woche des Kulturpessimismus? ;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
Die „Meistersinger“ und die „Zauberflöte“ sind von der Lebenswelt eines Jugendlichen nicht weiter entfernt als binomische Formeln oder Differentialgleichung.
Und deshalb muss z.B. auch der mathematikunterricht eigentlich auf die Realwelt des Teenagers zugeschnitten werden. Habe das selbst erlebt: Mathunterricht nach Lehrpaln abstrakt: 5.
Matheunterricht mit Realitätsbezug: 1.
 
Schüler können allein aus der Hörerfahrung auch Moll- und Dur-Akkorde unterscheiden lernen, ohne zu wissen was das überhaupt ist.
Ich war ziemlich erstaunt, wie viele von meinen Mitschülern im Oberstufengymnasium nicht einmal zwischen Dur- und Mollakkorden unterscheiden konnten, die von der Lehrerin auf dem Klavier vorgespielt worden waren, und das im sogenannten musikalischen Zweig, d. h. alle Schüler bekamen Instrumentalunterricht.
 
Ich war ziemlich erstaunt, wie viele von meinen Mitschülern im Oberstufengymnasium nicht einmal zwischen Dur- und Mollakkorden unterscheiden konnten, die von der Lehrerin auf dem Klavier vorgespielt worden waren, und das im sogenannten musikalischen Zweig, d. h. alle Schüler bekamen Instrumentalunterricht.

So ein Kandidat war ich auch. Ok, Dur oder Moll vielleicht gerade noch...ansonsten Bestand mein Instrumentalunterricht aus mechanisch nach Noten spielen, und im Musikunterricht habe ich mathematische Konstrukte für die Klassenarbeit auswendig gelernt. Haken dahinter.
Gehörbildung und Spaß am Musik spielen hab ich mir später selbst beigebracht. Und plötzlich ergab die Musiktheorie Sinn!
 

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