Im Schatten von Chopin, Debussy und Ravel

Charles Widor hat auch Werke für Klavier geschrieben. Geh doch mal die Liste der romantischen Konzerte bei Hyperion durch. Da findest du bestimmt einiges!
 
Ich möchte ja kein Konzert, sondern Solomusik. Konzerte spiele ich schon genug im Moment, wie du weißt :lol:
 
Geheimtipp unter den spätimpressionistischen Franzosen: Florent Schmitt (1870-1958), der nicht nur von seiner Tragédie de Salomé (es gibt eine Aufnahme mit ihm selbst am Dirigentenpult) eine Klavierfassung angefertigt, sondern einiges an Originalwerken geschrieben hat. Das Suchen lohnt sich, versprochen!

Ein anderer Franzose der gleichen Generation spielt hier selbst:



Zumindest französische Wurzeln besaß auch Frank Martin, der für Dinu Lipatti 1948 Acht Préludes schrieb, die er später als exzellenter Klaviersolist und Liedbegleiter auch auf Schallplatte einspielte. Er unterrichtete einige Jahre an der Kölner Musikhochschule, wo beispielsweise Karlheinz Stockhausen sein Schüler war.

LG von Rheinkultur
 
Charles Widor hat auch Werke für Klavier geschrieben. Geh doch mal die Liste der romantischen Konzerte bei Hyperion durch. Da findest du bestimmt einiges!

Bist Du da so sicher? Ich habe mal ein Klavierkonzert von Widor gehört. Obwohl Bernd Glemser es brillant gespielt hat, fand ich es stinklangweilig. Stilistisch klar erkennbar an Saint-Saëns angelehnt, aber meilenweit weg von dessen Originalität. Für Soloklavier kenne ich nichts von Widor, aber ich bin da eher skeptisch, was die musikalische Qualität angeht.

LG, Mick
 
Bist Du da so sicher? Ich habe mal ein Klavierkonzert von Widor gehört. Obwohl Bernd Glemser es brillant gespielt hat, fand ich es stinklangweilig. Stilistisch klar erkennbar an Saint-Saëns angelehnt, aber meilenweit weg von dessen Originalität.
ähnliches könnte man auch vom Klavierkonzert Es-Dur von Jules Massenet sagen (obwohl ich das Konzert mag), aber ok, es gibt zahlreiche romantisch-spätromantische Klavierkonzerte, die man nicht unbedingt zu kennen braucht...
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in #1 war Klavier solo, romantisch-impressionistisch, vorwiegend französisch (aber auch anderes) erfragt - hier wurde vielerlei aus der ersten Hälfte des 20. Jhs. genannt... vielleicht sollte man doch zu spätromantisch-impressionistisch zurückkehren? Wenn ja, dann wird´s schier unüberschaubar (de Falla, Albeniz, Skrjabin, Medtner und tausenderlei...) - deshalb ein Hinweis auf das Klavierwerk eines Nichtfranzosen, den man sehr wohl zum Impressionismus in der Musik zählen kann: Cyril Scott - hier spielt er selber sein "Lotus Land"

sehr schön ist auch der Zyklus "Impressions from the Jungle Book" (!!)
 
@rolf . Cyril Scott kannte ich gar nicht, das Lotus Land gefällt mir sehr gut. Kennst Du die Klavierwerke von John Ireland (wahrscheinlich rhetorische Frage:blöd:) und wenn ja, wie würdest Du sie in qualitativer Hinsicht beurteilen?
 
von John Ireland kenne ich gar nichts... Bildungslücke, buhu...
 

von John Ireland kenne ich gar nichts... Bildungslücke, buhu...
Einer der Lehrer von Benjamin Britten und Vertreter des "englischen Impressionismus" hier in eigener Sache:



Stilistisch in der gleichen Umgebung wie ein weiterer Lehrer Brittens, nämlich Frank Bridge - dessen Unterricht Britten als prägender empfand. Immerhin hat er ihn auch thematisch nochmals aufgegriffen:



LG von Rheinkultur
 
Arthur Lourié ist zwar trotz seines Namens russischer Abstammung, passt aber auch gut in diesen Faden...


Er lebte übrigens fast zwanzig Jahre in Paris, wo zeitweise Strawinsky zu seinen Freunden gehörte. Ebenso wie dieser siedelte er in die USA über, ohne sich im Gegensatz zu seinem bekannteren Fachkollegen etablieren zu können.

Franck: die drei Zyklen: Prélude, Chorale et Fuge - Prélude, Aria et Final - Prélude, Fugue et Variation op.18, letzteres eigentlich für Orgel, gibt's aber in einer kongenialen Klavierbearbeitung von fremder Hand

1 x Fauré rauf und runter: die Préludes, Impromptus, Barcarolles und Nocturnes. Neben Debussy und Ravel (der Faurés Schüler war) eine ganz eigenständige Musik, harmonisch oft ganz rätselhaft in der Kombination von sehr eigenwilliger Funktionsharmonik, Modalität und Chromatik.

Chabrier: vor allem die "Pièces pittoresques", die im Tonfall viel von Debussy, Ravel und Poulenc vorwegnehmen
Das animiert mich, mehr im spätromantischen als im impressionistischen Umfeld Impulse zu setzen und zwei Kandidaten mit eher kleinem, aber beeindruckendem Lebenswerk auszusuchen:



Dieser Zyklus des im I. Weltkrieg auf tragische Weise ums Leben gekommenen Komponisten umfasst sieben Stücke, die man sich durchaus mal vornehmen könnte (sein Opus 1, Drei Stücke für Klavier, kenne ich leider nicht). Ebenfalls recht selbstkritisch agierte ein weiterer (mit Liedern und Kammermusik bekannter gewordener) Franzose:



Neben der gelegentlich noch gespielten Paysage op. 38 leider meines Wissens nach das einzige, was Chausson dem (Solo-)Klavier zugedacht hat. Schade.

Beide Komponisten waren wirtschaftlich anderweitig abgesichert und konnten sich ein eher unbequemes Auftreten im Kreise potenzieller Förderer und Unterstützer erlauben - fanden aber im Musikbetrieb entsprechend wenig Beachtung. Wer als Pianist zwischendurch das Besondere liebt, hat hier durchaus die eine oder andere interessante Aufgabe. Warum eigentlich nicht?

LG von Rheinkultur
 
Da gäbe es auch noch die Klaviersonate von Paul Dukas, die allerdings sehr schwierig zu spielen sein dürfte:


Wenn es ein Italiener sein darf, dessen Stücke zwar nicht rein impressionistisch sind, aber durchaus zum Teil impressionistisch angehaucht sind, dann könnten die "Tre preludi sopra melodie gregoriane" von Ottorino Respighi eventuell für dich ebenfalls interessant sein:


 
...hat Werke für Klavier solo komponiert? Das hat er:
http://imslp.org/wiki/List_of_works_by_Charles-Marie_Widor

Subjektive Einschätzung meinerseits: Die entsprechende Literatur bleibt deutlich hinter den etablierten Orgelwerken zurück, die er zu einem kleinen Bruchteil in hohem Alter sogar noch auf Schallplatte eingespielt hat.



Immerhin war er zum Zeitpunkt der Aufnahme beinahe neunzig Jahre alt - auch von Saint-Saëns (der auch ein hervorragender Organist gewesen sein soll) existieren späte Einspielungen, allerdings ausschließlich als Pianist.

LG von Rheinkultur
 
Wer mir gerade noch einfällt ist Eric Satie. Viele Menschen, auch ansonsten sehr bewanderte Musiker, reduzieren ihn gerne auf seine Gymnopedies und Gnossiennes, und kennen garnicht sein doch recht umfangreiches und geistreiches weiteres Werk, wie z.B. seine Nocturnes, seine "Embryons desséchés", die Sonatine Buerocratique (die einfach nur genial ist!), seine "vorletzten Gedanken", Walzer, Märsche, und noch viel, viel mehr.
 
Wer mir gerade noch einfällt ist Eric Satie. Viele Menschen, auch ansonsten sehr bewanderte Musiker, reduzieren ihn gerne auf seine Gymnopedies und Gnossiennes
Reduktion geht bei ihm oftmals einher mit Geringschätzung. In bereits fortgeschrittenem Alter unterzog er sich strengen und handwerklich fundierten Studien bei d'Indy und Roussel an der Pariser Schola Cantorum, die ihm hervorragendes Können und umfassende Kenntnisse der Materie bescheinigten. Nach akademischer Einschätzung also ein Außenseiter wie Mussorgsky - bezeichnend ist aber ein Blick auf Manuskripte aus deren Hand: Präziser, sauberer und klarer sind selten Noten geschrieben worden. So schreiben nicht dem Alkohol verfallene Idioten und Nichtskönner, sondern Naturen mit ganz klaren Vorstellungen und handwerklichem Vorgehen, das nun mal nicht in die bekannten Schubladen passt. Es hat schon seinen Grund, dass man einen Notentext von Mussorgsky nicht mehr so ohne weiteres nach Überarbeitung von Rimsky-Korsakow erarbeitet, sondern Ausschau nach der Urfassung hält.

Dass ein John Cage mit Stücken wie "Cheap Imitation" und in der regen Verwendung kryptischer Texte unverkennbar in einem ähnlichen Umfeld ansetzt, kann demnach kein Zufall sein.

LG von Rheinkultur
 

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