Klavierspielen und Meditation

Sind das nicht sogar zwei Bände?
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Grüße
Häretiker
 
Ich hatte schon einmal erwähnt, dass im Studium von vielen Professoren das Buch "Zen in der Kunst des Bogenschießens" von Herrigel empfohlen wurde. Mich hat besonders der Moment des Loslassens beeindruckt in dem Buch. Ich müsste es noch einmal nachlesen, aber es wurde von der Absichtslosigkeit gesprochen, die im Augenblick des Loslassens des gespannten Pfeils nötig ist.

Warum empfehlen ausgerechnet Instrumentalprofessoren dieses Buch? Weil die Absichtslosigkeit ein wichtiges Element ist, um musizieren zu können! Ganz im Hier und Jetzt sein, dem Klang in der Gegenwart zuzuhören und diesem Klang folgen ohne Absicht kann ein sehr überwältigendes musikalisches Erlebnis zur Folge haben.

Natürlich entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass man mit einer (didaktischen) Absicht ein Buch empfiehlt, das Absichtlosigkeit zum Thema hat. Aber irgendwo muss man ja mal anfangen.

Du hast mal geschrieben, dass in einer Aufführung, einem Konzert, versucht wird, das Geübte möglichst gut oder lebendig wiederzugeben. Das ist allerdings nur die Notwendigkeit eines Auftritts. Wenn möglich, sollte ein Auftritt über das Notwendige hinausgehen. In Wirklichkeit gibt es ja nicht nur ein 100%, sondern ganz viele! Das zeigen sehr viele herausragende Interpretationen des gleichen Stücks.

Wenn man auftritt, musiziert man. Diesem Musizieren sollte immer etwas Spontanes innewohnen, sonst wird es leicht zur leblosen Reproduktion. Das sehr, sehr Schwierige ist, das Geübte unter Lampenfieber und einer Konzertsituation nun in etwas aus sich selbst heraus Entwickelndes zu verwandeln. Dazu den Fokus auf das gerade Klingende zu lenken anstatt auf das zukünftig Klingende, also eine Form der Absichtslosigkeit und feinen Wahrnehmung zu etablieren, kann sehr befruchtend und musikalisch sein.
In meinen gerade zu Ende gehenden Ferien habe ich Eugen Herrigel, „Zen in der Kunst des Bogenschiessens“ gelesen. Wie hier öfters empfohlen, mit Blick auf das Klavierspiel, nicht auf Zen oder Bogenschiessen. Das hat mir sehr gut gefallen und ich konnte „andocken“. Der Wikipedia-Artikel zu Herrigel hat mich danach ziemlich ernüchtert. @chiarina, deren Beitrag dazu ich oben schon zitiert habe, hat hier noch zwei gute Links gesetzt:
Hier ist eine Art Zusammenfassung - eine andere habe ich nicht gefunden -, die vielleicht deutlicher macht, was Herrigel in seinem Unterricht in der Kunst des Bogenschießens erfahren hat. Daraus:

Den Anhang 30107 betrachten

Nebenbei hier ein kritischer Beitrag zum Zen-Begriff und der Person Herrigels.

Interessanterweise verweist Herrigel wiederum auf Heinrich von Kleists kurzen Essay „Über das Marionettentheater“, der sich dem gleichen Thema von gänzlich anderer Seite nähere. Dieser Text wurde hier im Forum zwar schon erwähnt, aber noch nicht verlinkt - daher nachzulesen hier:
 
Ich habe tatsächlich den Kleist zum ersten Mal gelesen: Großartig! Vielen Dank für den Hinweis, @Wiedereinsteigerin38 !
 

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