Zusammenhängende Noten

Kettwiesel

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Liebe Clavio-Freunde,

neulich habe ich ein kleines Menuett von Rameau gespielt. Kurze Zeit später habe ich dasselbe Menuett mit einem "anderen" Notensatz gesehen (siehe Bild):

Rameau.JPG

"Rechnerisch" sind die Achtel in der rechten Hand natürlich alle gleich. Würde ein Komponist aber etwas zum Ausdruck bringen wollen wenn er die Achtel, wie im ersten Beispiel, alle verbindet oder eben, wie im zweiten Beispiel, trennt?
Gefühlsmäßig würde ich im zweiten Beispiel die Zweiergruppen immer etwas absetzen, im ersten Beispiel die Vierergruppe eher binden.

Was meint Ihr?

(Welcher Notensatz im obigen Beispiel jetzt eher das Original von Rameau ist weiß ich jetzt nicht, vielleicht spielt es ja auch gar keine Rolle. Ich hab nur durch dieses Beispiel gemerkt, dass ich mir da noch nie groß Gedanken darüber gemacht habe.)

Übrigens: Ich finde diesen Faden für Anfängerfragen prima, da kann ich mich trauen solche Fragen zu stellen :015:

Mathias
 
Bei Paaren verbalkter Noten wird die zweite staccato gespielt. Kann aber sein, bin mir da nicht sicher und möchte die Feststellung eher als Frage verstanden wissen, dass das nur gilt, wenn die beiden zusätzlich zum Balken auch mit einem Legatobogen versehen sind. Zweiter Notensatz könnte aber auch dem Bestreben geschuldet sein, die Sache für Anfänger leichter lesbar zu gestalten, denn so gibt es drei Spalten pro Takt, welche sich über linke und rechte Hand erstrecken.
 
Achtung, Laienantwort: Es ist ein 3/4-Takt, daher finde ich den zweiten Satz deutlich schlüssiger, verständlicher und logischer, da pro Zählzeit ein Achtel-Paar notiert ist. Der erste Notensatz ergibt für mich im oberen System überhaupt keinen Sinn.

Nachtrag: Wenn ich wetten müsste, dann würde ich tippen, dass Rameau eher den zweiten Satz notiert hätte. Er hätte dann vermutlich auch allein aufgrund der Tatsache, dass es ein Menuett ist, angenommen, der Interpret wird schon wissen, was damit zu tun ist und es nach Belieben variiert. Zumindest gibt mir mein KL bei einem Menuett immer mit auf den Weg, spätestens bei der Wiederholung variieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei Paaren verbalkter Noten wird die zweite staccato gespielt.
Das stimmt nicht! Wenn ein Achtelnoten- Balken wie im Beispiel oben jeweils mit zwei Achtelnoten notiert ist, dann heißt das nicht automatisch, dass man auch jeweils nach zwei Achtelnoten absetzen soll! Ein Achtelnoten- Balken sagt nichts über die Artikulation aus! Dazu dienen Legato- und Phrasierungsbögen!
 
Zuletzt bearbeitet:
Das glaub ich dir gerne, wiewohl ich da selber schon in die Richtung gemunkelt habe, aber die Einzahl von Balken ist Balken.
 
Achtung, Laienantwort: Es ist ein 3/4-Takt, daher finde ich den zweiten Satz deutlich schlüssiger, verständlicher und logischer, da pro Zählzeit ein Achtel-Paar notiert ist. Der erste Notensatz ergibt für mich im oberen System überhaupt keinen Sinn.

Nachtrag: Wenn ich wetten müsste, dann würde ich tippen, dass Rameau eher den zweiten Satz notiert hätte. Er hätte dann vermutlich auch allein aufgrund der Tatsache, dass es ein Menuett ist, angenommen, der Interpret wird schon wissen, was damit zu tun ist und es nach Belieben variiert. Zumindest gibt mir mein KL bei einem Menuett immer mit auf den Weg, spätestens bei der Wiederholung variieren.

Achtung nächste Anfängermeinung:
Für mich ist die erste Notierung leichter zu lesen. Ich finde, da fällt es viel stärker ins Auge, dass es sich um A und A' mit jeweils identischem Anfang handelt und dass es sich im Wesentlichen um Tonleiter rauf und runter mit ein paar Terzen handelt.
Bei der zweiten Notierung erkenne ich das irgendwie schlechter.
 
und dass es sich im Wesentlichen um Tonleiter rauf und runter mit ein paar Terzen handelt.
Und genau das ist es eben meiner Meinung nach nicht. Die zweite Achtel ist immer nur "Zwischennote". Im ersten Takt zum Beispiel verleitet der ersten Notensatz dazu, das als triolischen 2/4-Takt zu spielen, finde ich.
Wird wohl Zeit, dass sich jemand mit wirklich Ahnung meldet. :-)
 
Um dem gutgemeinten, aber wenig hilfreichen Rätselraten mal ein Ende zu bereiten, könnte man einfach den Erstdruck ansehen und feststellen, dass Rameau die Balken offenbar sehr bewusst gesetzt hat. Auch die Fingersätze deuten darauf hin, dass es sich um eine "instruktive" Komposition handelt, an der Schüler grundlegende Dinge erlernen sollten - natürlich auch solche Sachen wie Phrasierung und Artikulation.

Dass die Balkung nichts über die Artikulation aussagt, kann man deshalb kaum so stehen lassen. Das gilt für die abgebildeten "modernen" (aber leider unbrauchbaren Ausgaben), für das Original ganz sicher nicht:

1630179307636.png
 
Zuletzt bearbeitet:
@mick
Vielen Dank!
Wo findet man diese Urtexte? Ist IMSLP da eine gute Quelle?
 
@mick
Vielen Dank!
Wo findet man diese Urtexte? Ist IMSLP da eine gute Quelle?
In diesem Fall findet man das bei IMSLP: https://ks.imslp.info/files/imglnks...ameau_-_Pieces_de_Clavessin_1724_(colour).pdf

Weitere empfehlenswerte Quellen sind die Digitalisate der BSB und vor allem der großen US-Bibliotheken (z.B. Library of Congress).

Die größte Schwierigkeit dabei: Man braucht grundlegendes Wissen, wonach man überhaupt suchen muss.
 

Um dem gutgemeinten, aber wenig hilfreichen Rätselraten mal ein Ende zu bereiten, könnte man einfach den Erstdruck ansehen und feststellen, dass Rameau die Balken offenbar sehr bewusst gesetzt hat. Auch die Fingersätze deuten darauf hin, dass es sich um eine "instruktive" Komposition handelt, an der Schüler grundlegende Dinge erlernen sollten - natürlich auch solche Sachen wie Phrasierung und Artikulation.

Dass die Balkung nichts über die Artikulation aussagt, kann man deshalb kaum so stehen lassen. Das gilt für die abgebildeten "modernen" (aber leider unbrauchbaren Ausgaben), für das Original ganz sicher nicht:

Den Anhang 39285 betrachten
Rameau hat die Balken (fast) immer entsprechend den Notenwerten des Basses gesetzt.

Ob das wirklich aus Phrasierungs-/Artikulationsgründen geschehen ist?

Und warum ist im vorletzten Takt die Balkensetzung plötzlich anders als sie zu erwarten wäre?
 
Es ist bei diesem Beispiel auch noch zu überlegen, ob die Artikulation durch Längen und Kürzen, also durch - für die französische Barockmusik durchaus übliche - Inégal Spielart unterstützt wird.
Noch Beethoven - durchaus kein Franzose! - spricht bei der Behandlung der Cramer Etüden beharrlich von Längen und Kürzen!
 
Außerdem ist es hochinteressant zu beobachten, dass Rameau sich die Mühe gemacht hat bei der eröffnenden Periode Vordersatz und Nachsatz unterschiedlich zu gliedern (2+2+2 oder 4+2).
Es ist ein Jammer, dass viele neuere Ausgaben diese subtilen Unterschiede unterschlagen. Dass im 7. und 8. Takt die Mehrstimmigkeit und damit auch die Synkope platt gemacht wird passt ins Bild!
 
Erstmal vielen Dank für die bisherigen Antworten!
Um nochmal auf meine initiale (Anfänger-)Frage zurückzukommen: Aus den bisherigen Antworten schließe ich, dass es für die Gestaltung durchaus einen Unterschied macht, ob die Noten durch einen Balken verbunden sind oder nicht.
Kann man generell sagen, dass durch einen Balken verbundene Noten eher legato gespielt werden als nicht gebundene? Oder zumindest weniger abgesetzt als nicht verbundene?
 
Rameau hat die Balken (fast) immer entsprechend den Notenwerten des Basses gesetzt.


Und warum ist im vorletzten Takt die Balkensetzung plötzlich anders als sie zu erwarten wäre?
Das ist "deswegen so", weil l.H. de facto Viertel spielt wie in den ersten zwei Takten mit etwas Klangmagie durch einen übergehaltenen Ton. Das ist direkt ins Clavessin hineinkomponiert; ein Gambenduo etwa könnte die letzten beiden Takte gar nicht darstellen.

Diese Sechserbalkung ist bestimmt ein dummer Computersatz. Das macht doch kein Herausgeber so.

Edit: Ich sehe gerade, dass es ja zwei solche vor/letzte Takte (beim A-Teil auf der Tonika, beim B-Teil auf der Dominante). Ich habe mich oben auf den B-Teil bezogen.
Die Balkierung 4+2 im A-Teil ist auch in meinem Verständnis nicht konsequent, aber vielleicht ist da noch ein weiteres Geheimnis verborgen in der Augenmusik.

Intuitiv würde ich die zu 2+2 gebalkten Achtel im vorletzten Takt des B-Teils mit etwas...naja... mehr "Spannung" spielen als die zu 4 gebalkten Achtel im vorletzten Takt des A-Teils,..,die sind prima volta schön gerade und im Da Capo dann minimalst (mehr denkend als spielend) schon ritardierend.
 
Zuletzt bearbeitet:
Rameau hat die Balken (fast) immer entsprechend den Notenwerten des Basses gesetzt.

Ob das wirklich aus Phrasierungs-/Artikulationsgründen geschehen ist?

Und warum ist im vorletzten Takt die Balkensetzung plötzlich anders als sie zu erwarten wäre?
Um das zu verstehen, kann man mal den ersten und den fünften Takt mit denselben paarweisen Längen und Kürzen spielen. Im ersten Takt passt (und klingt) das gut, im fünften Takt nicht. Das hat Gründe. Zum einen fehlt der Länge auf ZZ. 2 ein klangliches Gegengewicht im Bass, zum anderen würde man den Einklang e-e'' betonen, der in diesem Fall sogar noch eine Terzverdoppelung ist. Das klingt mehr als bescheiden.

Ob man sich sklavisch an die implizierte Artikulation halten muss, ist eine andere Frage. Es ist eine Ausführungsmöglichkeit, die Rameau hier zeigt, aber sicher nicht die einzig mögliche. Wie im Barock üblich, bleibt vieles dem Geschmack und dem Können des Spielers überlassen. Aber ein Hinweis, wie man dieses Menuett artikulieren könnte, zeigt die Balkung allemal. In den angeglichenen modernen Ausgaben geht das völlig verloren.

Das mit den Längen und Kürzen ist übrigens wörtlich gemeint. In der Tat spielt man im französischen Stil im 3/4-Takt die Achtelketten nicht gleichmäßig lang (außer, es stehen da entsprechende Hinweise wie détaché oder notes égales). Bei aufeinanderfolgenden Zweier-Balken würde man die Längen und Kürzen im Takt gleichartig ausführen, bei einem Vierer-Balken ist die erste Note nicht nur länger als die zweite, sondern auch länger als die dritte. Eine (ungefähre) Ausführungsmöglichkeit wäre beispielsweise:

1630229043702.png

Ob das für einen (erwachsenen) Anfänger mit begrenzter Übezeit überhaupt sinnvoll darstellbar ist, lasse ich mal dahingestellt. Aber wenn man diese Musik absolut gleichmäßig spielt, klingt sie leider mehr oder weniger leblos.
 
Ich (Laie/Amateur/relativer Anfaenger) hatte mir das/die Notenbeispiel/e von @Kettwiesel gestern mal gleich angeschaut und angespielt und mir zum Stueck und den Fragen meine Gedanken gemacht, sie waren:

1. Die Noten oben (durchgehender Balken) sind besser les- und spielbar.

2. Die Woerter "absetzen" und "trennen" sagen mir ueberhaupt nicht zu: Die klingen so, als ob die Noten eines einzigen Balkens legato gespielt wuerden, legato hat in einem Menuett aber keinen Platz. Ein Menuett ist fuer mich eine einzige Rumhuepferei, jede Note sollte getrennt, non-legato gespielt werden. Waere es ein Walzer, dann gaebe es schon mal ein legato, dann, wenn der Fuss, der Oberkoerper eine schleifende und runde Bewegung ausfuehrt.

3. Auch wenn in den Noten nicht angegeben, ist die Phrasierung und die Dynamik wichtig, die stellen durchaus eine Herausforderung dar.

4. Und was mich in diesem Stueck absolut gestoert hat (weil vielleicht nicht verstanden) ist die Dissonanz in Takt 4, das g und das f am Schluss zusammen, das tat richtig weh.
Warum wird die nicht aufgeloest?

5. Die musikhistorischen Erklaerungen von @mick und @Alter Tastendrücker hatte ich zu jenem Zeitpunkt noch nicht, aber auch wenn ich sie gehabt haette, haette ich sie ohne KL absolut nicht erkennen und umsetzen koennen.

Liege ich mit meinen Erwaegungen einigermassen richtig?
 
Richtig, das inegale Spiel, gerade auf dem Cembalo, ist immens wichtig. So ähnlich, wie man dort fette Akkorde fast immer arpeggiert. Ganz andere Klangwelt.

Inegales Spiel auf dem modernen Klavier müsste man bei jedem Stück aushorchen. Beim C-Dur-Präludium des WTK I allemal, aber beim c-Moll-Präludium...? hm... Die Jazz-Passage der letzten Takte würde ich aber unbedingt ganz pareil spielen wollen, die ist einfach cool, Dicker! :026:
 
Das inegale Spiel ist vor allem eine Eigenart des französischen Stils. Dem italienischen Stil ist das eher nicht angemessen. Bei Bach muss man in der Tat von Fall zu Fall entscheiden - er hat ja alle möglichen Stile in seinen Werken vereint. Es gibt sicher Stellen, die inegal sehr gut klingen, aber eben auch vieles, wo das so gar nicht passt.
 

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