Warum fängt die Stammtonleiter bei C an?

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Marlén

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Guten Tag,
warum fängt die "natürliche" Tonleiter eigentlich bei C an? Mir ist nur bekannt, daß die alten griechischen Tetrachorde wohl bei A anfingen, aber warum nicht die Durtonleitern? Schon die Hexachorde stehen auf den Grundtönen F, C und G. Mit C als dem "natürlichen" Hexachord.
 
Zuletzt bearbeitet:
Herzlich willkommen!

Magst du dich nicht erstmal vorstellen, bevor du so tiefschürfende Fragen stellst?
 
Warum, parum.

Musikalische Notationen, Benennungen und Konventionen sind etwas über viele Jahrhunderte Gewachsenes und daher zwangsläufig nicht "logisch".

Genauso wie es z.B. in Sprache der Fall ist.

Es ist also absolut müßig, sich über das Warum Gedanken zu machen. Die Zeit ist erheblich besser investiert, wenn man lernt und übt, mit den Konventionen sicher umzugehen - das ist nämlich die Basis dafür, unter Musizierenden vernünftig zu kommunizieren.
 
A Moll beginnt mit A und läuft ganz normal durchs Alphabet - in der englischen Bezeichnung. Logischerweise kann das nur eine einzige Tonleiter machen. Würde es eine zweite auch machen, wäre sie mit der ersten identisch.
Die spannendere Frage ist, warum im Deutschen noch ein H eingeführt wurde... ;-)
 
Die spannendere Frage ist, warum im Deutschen noch ein H eingeführt wurde...
...finde ich nicht spannend. Gibt doch verschiedene Erklärungen dafür.

ja, aber "Moll" gab es doch erst viel später. Und das frühere "moll" war m.W. wohl eher dorisch. Stand also auf dem D oder transponiert (mit einem b) auf G.
 
Mir ist nur bekannt, daß die alten griechischen Tetrachorde wohl bei A anfingen

Nein. Wenn es eine "Standard-Tonart" gab, war es die dorische und die reicht, auf einem Doppel-Tetrachordsystem mit sog. "Diazeuxis", d.h. Ganztonintervall zwischen den beiden Tetrachorden, von e bis E. Hinter diesem "Standard" steckt ein Bündel spekulativer außermusikalischer Annahmen, so, dass sie die älteste Tonart sei (Erfindung durch Terpander), ‘würdevolles’ Ethos besitze (ältester Beleg Platon, Laches 188d) und vor allem, dass sie die Tonart der "Sphärenharmonie" sei, also sozusagen vom Demiurgen selber als Standardtonart etabliert sei. Die Literatur dazu ist unüberschaubar. Am einfachsten zugänglich wohl A. Neubecker, altgriechische Musik, S. 99ff und M. West, Ancient Greek Music 180ff.

PS. Die Skala A-a ist die hypodorische, die durch Boethius als Referenzskala neben der dorischen etabliert wurde.
 
Erklärungen gibt es auch für die Frage nach C bzw. A. Gewachsenes System.

Dur und Moll im heutigen Sinn sind gleichzeitig entstanden, als Konvention um ca. 1600. Sowohl Dur als auch Moll entsprechen im Prinzip je einer Kirchentonart.

In beiden Fällen ist der Grund: Konvention, gewachsenes System.
Ein klarer Schnitt mit übersichtlich strukturiertem Neuaufbau hat sich nie durchgesetzt. Wie bei der Rechtschreibreform: Es gibt immer viele Altlasten, die mitgeschleppt werden.

Wir schaffen es ja nicht einmal, das H in B und das b in Bes umzubennen (Ais heißt es ja eh schon), obwohl es dann international viel leichter wäre.
 
Wenn man sich mittelalterliche Notation anschaut, hat das eh nichts mit modernem Notenbild zu tun. Irgendwann ist das alles wohl historisch gewachsen.
 
Wir schaffen es ja nicht einmal, das H in B und das b in Bes umzubennen (Ais heißt es ja eh schon), obwohl es dann international viel leichter wäre.

Warum sollte man das umbenennen? Und was heißt schon international? In Frankreich heißt unser b "si bémol".
In den Niederlanden gibt es ein bes (groot oder klein für Dur oder Moll), aber im Englischen ist es ja wiederum ein "b flat" und somit hätten wir mit dem bes auch nur den kleinen Grenzverkehr. :denken:
 
Warum sollte man das umbenennen? Und was heißt schon international?
Damit es keine Verwechslung gibt. Derzeit bedeutet B je nach Kontext etwas anderes. si bémol hat zwar 3 Silben, aber ist immerhin eindeutig.
Außerdem fragt jeder Klavierschüler, warum da ein h zwischen a und c ist. Es wäre in sich schlüssiger.
Dein Beitrag ist eine Veranschaulichung des Grundes, warum es mit Reformen so schwierig ist.

@ International: Viele Orchester, Gruppen, Bands, etc. haben Mitglieder aus mehreren Nationen. Oft spricht man dann englisch bzw. eine Mischung aus Englisch und Lokalsprache.

Der einzige Nachteil der Umbenennung wäre, dass Bach seinen Namen nicht mehr in Noten schreiben kann. Und dass sich Leute an etwas Neues gewöhnen müssen. OMG...
 

Dein Beitrag ist eine Veranschaulichung des Grundes, warum es mit Reformen so schwierig ist.
Wer sich italienische Vortragsbezeichnungen merken kann, kann sich auch merken, dass je nach Kontext ein b halt ein h oder eben ein b (oder bes...) ist und bedarf keiner Reformen.
Ich habe vor Jahren mal in einem Gamelanensemble gespielt, da heißen die Töne nochmal komplett anders. So what?

Der einzige Nachteil der Umbenennung wäre, dass Bach seinen Namen nicht mehr in Noten schreiben kann. Und dass sich Leute an etwas Neues gewöhnen müssen. OMG...

Hm, ist das nicht ein Widerspruch? Bzw. die Umgewöhnung oder vielmehr Anpassung an andere Namen findet doch bereits statt, sobald man Tonnamen in einer anderen Sprache verwendet und wie schon gesagt, ist das normalerweise überhaupt kein Problem. Noch dazu, wo "wir" uns ja nur beim h/b umgewöhnen müssen, wohingegend z.B. die Kolleginnen und Kollegen aus Portugal, Frankreich oder Italien statt ihrem gewohnten do, re, mi viel mehr Änderungen haben, wenn sie in den Proben z.B. Englisch sprechen.
 
Das Argument lautet: Jedem, der damit konfrontiert wird, fällt die Ungereimtheit auf.
Nein, mir ist das nicht aufgefallen!
Irgendwann in der (Grund-?)Schule mussten wir die Noten lernen. Ganz stur: c-d-e-f-g-a-h-c. Und diese Buchstaben konnte ich dann den Noten und die Noten den Buchstaben zuordnen, das wurde ein festes Paar:super:. Dass die Notennamen teilweise in alfabetischer Reihenfolge angeordnet sind, ist mir erst im fortgeschrittenen Erwachsenenalter aufgefallen ...
 
Das H basiert wohl auf dem Abschreibfehler eines Mönchs.
In einem zehnbändigen Musik-Lexikon stand zum Ton H: "... In der lateinischen Buchstaben-Tonschrift reichte die Oktave im allgemeinen von A bis G mit B als 2. Stufe, einen Ganzton über A. Im 12. Jh. verfestigte die Einführung des Hexachordum molle auf F eine Spaltung des B in zwei Tonstufen: der Ganzton über A hiess nun B durum" (geschrieben wie heute das Auflösungszeichen ♮; "... Infolge der Verwendung der Drucktype H für ♮ wurde im 16. Jh. in Deutschland die Bezeichnung H für die 7. Stufe der seit Zarlino (1571) mit C beginnenden Grundskala üblich."
 
Nein. Wenn es eine "Standard-Tonart" gab, war es die dorische und die reicht, auf einem Doppel-Tetrachordsystem mit sog. "Diazeuxis", d.h. Ganztonintervall zwischen den beiden Tetrachorden, von e bis E. Hinter diesem "Standard" steckt ein Bündel spekulativer außermusikalischer Annahmen, so, dass sie die älteste Tonart sei (Erfindung durch Terpander), ‘würdevolles’ Ethos besitze (ältester Beleg Platon, Laches 188d) und vor allem, dass sie die Tonart der "Sphärenharmonie" sei, also sozusagen vom Demiurgen selber als Standardtonart etabliert sei. Die Literatur dazu ist unüberschaubar. Am einfachsten zugänglich wohl A. Neubecker, altgriechische Musik, S. 99ff und M. West, Ancient Greek Music 180ff.

PS. Die Skala A-a ist die hypodorische, die durch Boethius als Referenzskala neben der dorischen etabliert wurde.
Wobei man wissen muss, dass das griechische Dorisch dem späteren Phrygisch entspricht.
 
Dass die Notennamen teilweise in alfabetischer Reihenfolge angeordnet sind, ist mir erst im fortgeschrittenen Erwachsenenalter aufgefallen ...
Na gut, es gibt auch ein paar Spätzünder... :p
Und wenn man die Noten lernt, bevor man das Alphabet kann, kann man es auch nicht bemerken.

Aber anstatt auf Ausnahmen herumzureiten, könnte man auch etwas zum Kern sagen.
 

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