Ich habe vorallem ein großes Problem bei chromatischen Läufen, da die Daumennoten immer zu lang klingen.
Lieber XyJuliyX,
ich vermute mal anhand deiner obigen Aussage, dass bestimmte Bewegungsabläufe nicht optimal sind und man erst mal an denen arbeiten muss, bevor man die Tonleiter ins Tempo bekommt. Ähnlich dem, dass wenn ein Sprinter seine Füße schief aufsetzt o.ä., er auch nicht schnell laufen kann. :p
Dabei ist die Klangvorstellung, die hasenbein anspricht, sehr wichtig. Eine Tonleiter sollte wie eine Perlenkette oder ein schimmerndes Glitzerband klingen. Schön ist, dass du
hörst, dass die Daumennoten zu lang klingen!
Ich nehme mal an, es geht um den Fingersatz von "c" aus 13131231313123..... ( man kann nämlich auch andere Fingersätze nehmen, die z.B. mit 12341231234...... beginnen).
Mache vorab doch bitte mal ein Experiment auf einer Tischplatte o.ä., indem du die Hand in Spielstellung darauflegst. Das Handgelenk berührt also nicht die Platte und die Hand ist leicht. Mit welcher Kontaktstelle berührt nun der Daumen die Tischplatte? Richtig, mit der vorderen linken Daumenspitze,
nicht aber mit der linken
Seite des Daumens.
Hier vermute ich die Ursache für deine Probleme:
dass du den Daumen bei der Tonleiter mit der Seite und nicht, wie es sein sollte, mit der linken Spitze des Daumens anschlägst!
Wenn du nämlich jetzt bei deinem Experiment auf der Tischplatte den Daumen mit der Seite spielst, wirst du bemerken, dass sich die Hand automatisch senkt. Dadurch wird sie schwerer und der Daumen findet nicht mehr genug Platz für den Untersatz, außerdem kann er mit der Seite angeschlagen kaum vom Fleck kommen.
Bitte bleibe bei dem Experiment, bewege die Hand wieder in die Spielstellung, bei der der Daumen richtig mit der Spitze die Platte berührt und bewege ihn locker und entspannt unter die Hand und zurück, ohne Anstrengung, einfach hin und her. Auch hier wirst du bemerken, dass es wichtig ist, den Daumen weiterhin mit der linken Spitze zu spielen.
So spielt man auch bei der Tonleiter, denn sonst gibt es unliebsame Akzente u.ä. mit dem Daumen. Ein weiterer Aspekt kommt noch hinzu: den der Armführung. Also Experiment Nr.2:
Setze dich ans Instrument uns führe ohne zu spielen den Arm wie im glissando über die Tasten. Aufwärts wie abwärts zeigt dabei die Handinnenseite nach oben, aufwärts zeigen die Fingerspitzen allerdings nach links ( mit dem rechten Arm), abwärts gerade umgedreht nach rechts. Du merkst dabei, wie du den Arm führst, oder?
Nun machst du das Gleiche, allerdings in Spielstellung der Hand, wieder ohne zu spielen. Vielleicht merkst du jetzt, wie wichtig die Armführung für den Ablauf einer Tonleiter ist, denn du willst ja immer weiter nach oben ( chromatisch) bzw. unten.
Diese beiden Dinge, die
Armführung und der
Kontakt des Daumens beim Spielen mit der linken Spitze sind unabdingbare Voraussetzung für jede Tonleiter. Macht man hier etwas falsch, wird es m.E. mit den besten Methoden nicht gelingen, schneller zu spielen. Außerdem erreicht man so eine ebenfalls sehr wichtige Vorbedingung: die der
leichten Hand!
Ich würde diese Bewegungsabläufe, wenn du den Eindruck hast, es könnte stimmen, was ich sage, anhand der Experimente immer wieder üben und dann
langsam auf dem Klavier realisieren. Höre gut zu, ob jeder Ton wirklich schön klingt - wenn's ungleichmäßig oder unschön klingt, stimmt etwas nicht mit dem Bewegungsablauf.
Erst nach einiger Zeit, wenn sich die Bewegungsabläufe schon etwas automatisiert haben, würde ich dann anfangen, die Tonleiter ins Tempo zu bringen. Dazu eigenen sich Rhythmisierungen wie schon Bachopin beschrieben hat: allerdings würde ich zunächst mit einfachen Punktierungen anfangen ( punktierte Achtel-Sechzehntel, punktierte Achtel-Sechzehntel ........, also lang - kurz-lang - kurz-lang .....// und umgekehrt). Dabei ist es sehr wichtig, auf dem langen Ton sehr entspannt zu sein, sonst verkrampft man und die Töne klingen hart und häßlich ( also auch hier gut zuhören). Die Töne sollte klar und frei klingen.
Die Rhythmisierungen lassen sich beliebig erweitern, vielleicht schaffe ich es ja mal endlich, das zu notieren :p.
Es kann auch sein, dass ich hier völlig daneben liege, aber nach meiner Erfahrung ist genau das der häufigste Fehler.
Viel Erfolg und liebe Grüße!!!
chiarina
P.S.: Lieber Bachopin, das Buch kenne ich leider nicht. Werden denn da solche Begriffe wie "stoppen" und "bremsen" verwendet? Diese Ausdrücke finde ich persönlich sehr kontraproduktiv, weil sie suggerieren, man müsse etwas aktiv stoppen. Denn wenn ich etwas stoppen oder bremsen will, muss ich ja in der Regel Widerstand und Kraft aufwenden. Beim Klavierspielen jedoch ist es genau das Gegenteil: man hört nämlich einfach auf und ist ganz entspannt. Es geht also um Spannung-Entspannung.