Tanzform bei Smetanas Verkaufter Braut

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Hallo alle miteinander,

Friedrich Smetanas Oper "Die verkaufte Braut" enthält das Chorlied "Seht am Strauch die Knospen springen...". Meine Frage ist: welcher Tanz steckt in dieser Musik? (Polka nicht, Furiant nicht, ....)

Vielen Dank für zielführende Antworten!

Walter
 
Klingt wie eine Mischung aus Zwiefacher und Galopp…
 
Erst einmal vielen Dank für Eure Mühe,
hier endlich mal ein paar Noten zum Vergleichen:
Verkaufte Braut: Seht am Strauch ... Ich frische aus gegebenem Anlass ein paar alte Smetana-Polkas auf: Aus dem Studentenleben, Erinnerung an Pilsen, Louisens Polka, Georginen Polka, Unseren Mädchen. Alle diese Polkas haben keinen typischen Synkopencharakter in der Begleitung (sind aber sehr hübsch!). Deshalb meine Vermutung oben: Das Chorlied aus der Verkauften Braut sei keine Polka.
Synkopierte Begleitung finden wir in den späteren Polkas in Fis-Dur und in der Polka Poetique.
Zu einer abschließenden Einschätzung bin ich aber noch nicht gekommen. :konfus:

Vielleicht helfen diese Notenbeispiele weiter.

Liebe (böhmische) Grüße

Walter
 

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Was sich auf der Bühne abspielt, kommt ganz ohne Synkopen aus - das ist eine Polka in volkstümlicher Reinform. Die Orchesterbegleitung ist naturgemäß kunstvoller - in den Synkopen findet die Ausgelassenheit des Kirchweihfestes ihren Ausdruck, vielleicht auch schon die innere Erregung der Marie, die mit dem dämlichen Wenzel zwangsverheiratet werden soll. Solche Überlagerungen oder "Orchesterkommentare" sind in der Oper ein sehr häufiges Stilmittel - schon seit dem frühen 18. Jahrhundert. Man vergleiche mal den Fandango in Mozarts Figaro mit dem Gluck'schen Original aus der Ballettmusik zu Don Juan. Die Triller - besonders die unüblichen im tiefen Fagott-Register - und frei ensetzenden Dissonanzen in Mozarts Fassung sind geradezu ein Spiegel der extrem angespannten Seelenzustände in dieser auf den ersten Blick harmlos anmutenden Tanzszene.
 
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Deshalb meine Vermutung oben: Das Chorlied aus der Verkauften Braut sei keine Polka.
Smetana hat seiner "Moldau" ein musikalisches Programm zugeordnet, ein Abschnitt ist mit "Bauernhochzeit" überschrieben. Man vergleiche also mal die dort enthaltene böhmische Polka mit dem "Chor der Landsleute" aus der Oper "Die verbrauchte Couch", ääääh, "Die verkaufte Braut" - dann ist man sich vermutlich schnell nicht mehr so sicher, dass das erwähnte Chorlied keine Polka sein könne.
;-);-);-);-)
Die Tanzform des "Galopps" (nicht nur bei Strauss und Offenbach oft anzutreffen) wurde hier ebenfalls vorgeschlagen - dagegen spricht das der Textverständlichkeit sehr zuträgliche etwas gemütlichere Tempo, womit der Charakter der Musik ebenfalls ein anderer wäre: Feierfreude, aber keine überschäumende Fröhlichkeit. Warum sich Smetana nicht für eine musikalische Schilderung letzterer entschieden hat? Dazu hat @mick Aussagekräftiges geschrieben: nicht allen Protagonisten im Stück ist schließlich nach ausgelassenem Feiern zumute, was die sonst die Musik prägende Feierfreude spürbar ausbremst. Tatsächlich ist ein so hintergründiges Musizieren nicht erst im Musiktheater des 19. Jahrhunderts anzutreffen, das gab es im 18. Jahrhundert (etwa bei Gluck und Mozart) schon längst...!

LG von Rheinkultur
 
Sorry, da galoppiert bei mir alles... bei einer Polka gibt es immer irgendwo einen markanten Gegensatz 1 Achtel vs 2 Sechzehntel und in der Rhythmusgruppe keine durchlaufenden Synkopen.

Die terzen- und quintenselige Melodik sowie die durchlaufende Synkopierung im Bass beim Brauttanz lassen mich auf etwas Westlicheres schließen. Gegen einen deutschösterreichischen Tanz sprechen allerdings die Synkopen, denn Großdeutsche können keine Synkopen :005:. Das wird schon etwas Böhmisches sein. Ohne die Synkopen könnte der Brauttanz auch in einer deutschen Oper auftauchen, würde keinen stören.
 
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Vielen Dank Euch allen,

das Beispiel Bauernhochzeit aus der Moldau hat mich überzeugt - passt!!
Also ist alles klar: POLKA ist und bleibt POLKA!!!

(Mist! Jetzt habe ich von Smetana fast nur Polkas im Repertoire, dazuwischen einen Galopp! Und die Polka "Seht am Strauch" aus der Verkauften Braut mit dem Entree vorneweg. Na dann! Ich habe nicht vor, mir noch mehr Smetana einzustrudeln. - Aber halt: ich habe da mal ein zweiseitiges Stück "Erinnerung" gespielt, da war doch noch was .... Vielleicht findet das noch einen Platz dazwischen. Lauter schöne Musik!)

Jetzt habe ich genug Smetana für mich, obwohl mein alter Klavierlehrer Alfons Kade eine ganze Plattenseite (LP!!!) späte Polkas und den Furiant aufgenommen hatte. Diese Stücke reizen mich immer noch, sie in Angriff zu nehmen.

Bedrich Smetana - der arme Kerl hatte kein gutes Ende!

Liebe Grüße

Walter
 

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