Sorabji...

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tornado12

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So, schreibt, was euch zu ihm (und seiner Musik:kuss:) einfällt.
 
Zu ihm fällt mir ein: Sorabji!

Zu seiner Musik fällt mir ein: :kuss:


So, jetzt bist du wieder dran, Tornado12. :mrgreen:
 
Du bist gemein, fipsi! :D
 
Fips, so wollte ich auch antworten :D
Ich weiß nichts über ihn, aber ich kann sagen, dass er männlich war, Sorabji hieß und wohl was mit Musik zu tun hatte xD
Tornado, vielleicht kannst du deine Frage noch etwas präzisieren - vieles zu ihm kann man ja auch durch eine Internetrecherche herausbekommen.

LG
 
Didaktisch klug gemacht von Tornado. Man muss sich das Wissen hier selbst erarbeiten. :-D

Mir sagte der Komponist gar nichts. Also ich habe jetzt nachgeschaut. Er ist ein britischer Komponist und Pianist persischer Herkunft. Gelebt hat er von 1892 bis 1988. Ist also noch gar nicht so lange tot.

Wiki sagt: Seine Werke zeichnen sich durch große stilistische Eigenständigkeit aus, hinzu kommen oft gigantische zeitliche Ausmaße und extreme spieltechnische Anforderungen. Einen breiten Raum nimmt die Klaviermusik ein, die inzwischen von namhaften Interpreten wie John Ogdon, Marc-André Hamelin, Geoffrey Douglas Madge, Yonty Solomon, Soheil Nasseri oder in neuester Zeit auch von Jonathan Powell aufgeführt wurde. Sein heute bekanntestes Werk ist das 1929/30 entstandene, etwa viereinhalb Stunden lange Opus Clavicembalisticum.
Sorabji war zeit seines Lebens ein musikalischer Außenseiter. Auch nach seinem Tod blieb der künstlerische Wert seiner Werke umstritten, gleichwohl wird die Originalität seines künstlerischen Ansatzes wie auch sein hochentwickeltes handwerkliches Können zunehmend anerkannt.

Und hier noch ein Video, ein Ausschnitt aus dem Opus Clavicembalisticum:

YouTube - Sorabji: Opus Clavicembalisticum Mvt 1 Inoroito - John Ogdon

Viele Grüße
Nora
 
Ich weiß das doch alles. Ich wollt nur wissen, wie ihr ihn findet...
 
Mir fallen ein paar Sachen ein....ich wollte mal eine seiner beiden Transkriptionen der Chromatischen Fantasie und Fuge lernen. Mein Lehrer hat mich mit Gewalt daran gehindert, mit Verweis auf meine pianistische Beschränktheit.... :(

Übrigens harren etliche seiner 100 Etüden noch ihrer Uraufführung, obwohl Fredrik Ullen diese Lücke gerade schließt (hier nach "unperformed" suchen). Für kurze Zeit wäre also noch die Möglichkeit für eine kleine Fußnote in der Sorabji-Geschichtsschreibung. Auf, tornado! :p
 
Hmmm, scheint ja nicht so viele zu interessieren...
Hier gibt's übrigens ein sehr interessantes über zweistündiges Radio-Feature über Sorabjis Musik (in zwei Teilen). Und in Basel gibt es eine Sorabji-Sammlung in der Paul-Sacher-Stiftung; ich war dort mal zum Noten anschauen und kopieren.

Vielleicht bin ich nicht der einzige, der schon allein vom Umfang der Riesenwerke abgeschreckt wird (da übe ich dann doch lieber 4 Stunden selbst...). Aber außer den Etüden gibt es aber ja auch noch andere weniger ausladende Werke, z.B. Le Jardin Parfumé, Djami, oder Gulistan (wem später Skrjabin gefällt, dem wird das vermutlich auch gefallen), oder auch seine Transkriptionen über Chopin, Bizet's Carmen usw. Das ist eine ganz eigene Tonsprache irgendwo zwischen tonal und atonal, aber ohne sich an irgendwelche Systeme (z.B. 12-Ton) anzulehnen. Ein weiteres Merkmal ist die dichte Polyphonie, und der Rückbezug auf Bach, (evtl. über Busoni).

Mich hätte dazu auch mal die Meinung von unserem Neue-Musik-Spezialisten interessiert, falls er denn Lust und Zeit hat, sich zu äußern :)
 
Sorabjich's mir gedacht...

Guten Abend, Pianovirus!

Mich hätte dazu auch mal die Meinung von unserem Neue-Musik-Spezialisten interessiert,
falls er denn Lust und Zeit hat, sich zu äußern...

Falls ich gemeint sein sollte - ich wollte mich in Schweigen hüllen,
um Tornado nicht zu ärgern, dem Sorabjis Musik viel zu bedeuten scheint.

Andererseits glaube ich, daß Du, lieber Tornado, produktiven Widerspruch
ertragen kannst - und da ich meine Äußerungen zu begründen pflege,
kommt vielleicht eine für alle Beteiligten lehrreiche Diskussion in Gang.

Ich kenne längst nicht alles von Sorabji. Pppetc meinte, es gäbe von ihm
ein paar gute kürzere Stücke, darunter auch dankbare Etüden. Das glaube ich gerne,
kann es aber nicht beurteilen, halte mich an das "Opus clavicembalisticum" -
und dieses Opus ist für mich das akustische Äquivalent zur chinesischen Wasserfolter.

Man kann nicht sagen, daß das, woran Sorabji mit soviel extremem Aufwand scheitert,
prinzipiell unmöglich wäre. Von drei Merkmalen wird seine Musik geprägt:
Kraftentfaltung - Monumentalität (damit verbunden: Extension) - und Rhetorik,
immer bezogen auf das Klavier als dem von ihm bevorzugten Klangerzeuger.

Das Ausleben von Kraft ist ein sinnstiftendes Element in der romantischen Klaviermusik,
mit Beethoven beginnend, häufig bei Liszt, weniger oft bei Chopin, funktioniert dort jedenfalls,
und auf andere Weise bei den frühen Modernen: Bartok, Prokofjew, Cowell, Ornstein,
sowie den Vertretern der Nachkriegsavantgarde: in Cages "Music of Changes", Boulez' 2.Klaviersonate.
Sie dient der Selbstverherrlichung des freien Individuums oder auch der Darstellung von Glücks-
und Aggressionszuständen. Sorabji kommt damit sogar zurecht.

Orchestrale al-frecso-Monumentalität auf dem Klavier wiederzugeben, ist immer problematisch,
weil das Instrument mit seinem so schnell verklingenden Ton als Stellvertreter einer ganz anderen Art
von Klangerzeugung überfordert ist. Die Hilfsmittel erinnern mich an Opern-Klavierauszüge, vorallem
die Oktav-Tremoli, die ganz schauerlich sind. Auch hier muß Liszt als Ausnahme erwähnt werden,
(seine Transkriptionen der Beethoven-Symphonien, besser noch die der "Symphonie fantastique").
Ideal wäre es, den Eindruck von Monumentalität auf dem Klavier klavierspezifisch erzeugen.
Das gelingt zum Beispiel Debussy in seiner "Cathédrale engloutie" oder Mussorgsky im "Großen Tor zu Kiew".
Es gelingt durch Verzicht: Das Substrat ist hörbar, aber es gibt keinen Versuch,
einen quasi orchestralen Klangteppich zu imitieren - paradoxerweise wird er gerade dadurch mitempfunden.

Zu diesem Verzicht ist Sorabji nicht fähig. Das Klangideal seines clavicemballistischen Werks
ist der Kanonendonner einer spätromantischen symphonischen Dichtung, vermischt mit Harfengezirpe
und Vokalisen-Summchor. Dagegen ist nichts zu sagen, wenn man mit Klangmassen und den Mitteln
klangfarblicher Differenzierung umzugehen weiß. Sorabji weiß es schon deswegen nicht,
weil er das alles einem einzigen Instrument abzuverlagt: dem Klavier.
Das ist so, als ob jemand ein kolossales Ölgemälde à la Makart konzipiert -
und dann maßstabgetreu als Kohlezeichnung realisiert. Wäre es kunstgewerblich solide orchestriert,
wie zu Straussens Zeiten, könnte man dem Opus vielleicht 'mal ein geneigtes Ohr leihen,
aber sicher nicht fünf Stunden lang. Soviel zum Thema Extension.

Zur Rhetorik: Sie hat sich in die abendländische Musik eingeschlichen,
als im Frühbarock die Sprachähnlichkeit zum musikalischen Ideal erhoben wurde.
Nicht jeder Komponist ist damit glücklich geworden - und Sorabji schon gleich garnicht,
weil er nämlich den rhetorischen Versatzstücken seiner Musik nicht gewachsen ist.
Das ist das auffälligste Phänomen seiner Musik.

Sie arbeitet mit einer ungeheueren musikalischen Gestik, mit grandiosen Rezitativen,
beschwörenden sprachähnlichen Gebärden - und ist dabei vollkommen unsinnig.
Man stelle sich einen Dramatiker vor, dem die Textbausteine in seiner Tragödie
( "verworf'ner Schuft", "dein war ich einst", "so nimm mein Herz" etc.) durcheinandergeraten.
Man versteht die einzelnen Verse, Satzteile, aber im Ganzen ergeben sich weder Reim noch Sinn.
Eine solche fünfaktige Tragödie mit Prolog und Schlußapotheose ist das "Opus clavicembalisticum",
dessen Titel das Anmaßende und Hypertrophe der Musik bereits wunderschön zum Ausdruck bringt.

Es gibt vermutlich nur eine Möglichkeit, diese Musik auszuhalten: indem man sie spielt.
Aber wer außer Tornado kann das schon?

Herzliche Grüße,

Gomez

.
 
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mein ganz privater Eindruck: eine Art Alkan des 20. Jhs.
so steht Sorabji traurig neben Messiaen & Ligeti wie einst Alkan traurig neben Chopin & Liszt stand
 
Ich hatte eure letzten Posts gar nicht gesehen, also antworte ich ein wenig zu spät... Also zum OC: Ich liebe es. :D Schon mal das zuvor. Es ist ein monumentales Werk, welches bei den bisherigen Menschen, denen ich im Zusammenhang mit Vorspielen eine sehr gute Reaktion hervorgerufen hat. Anders wenn ich nur erzählt habe. Also denke ich, sollte man, bevor das Konzert gespielt wird, das Publikum in die Kunst Sorabjis irgendwie eingestimmt werden. Z. B. durch Erklärungen mit Beispielen. Noch etwas, hast du die Noten vom OC, Gomez, oder hast du nur die Aufnahmen gehört. Die beiden Aufnahmen, die kommerziell erwerblich sind (Ogdon und Geoffrey Madge), sind überhaupt nicht gut. Ogdon spielt soooooooo unbeholfen und Madge hat mir bis jetzt eigentlich ganz gut gefallen, aber er soll sich nicht sehr am Notentext orientiert haben.:D
Hier eine Seite mit vielen Aufnahmen, vor allem zu empfehlen sind die Aufnahmen von Jonathan Powell des Opus Clavicembalisticums. Diese sind sehr gut.
Hier noch ein paar empfehlenswerte Aufnahmen:
Fantasia ispanica
Das Soloklavierkonzert
Die 26. Etüde
Le jardin parfumé
Valse-Fantaisie
Die Fantaisie Espagnole
Sorabji spielt sein Gulistan
Ein superkleiner Ausschnitt aus der 5. Klaviersonate "Opus Archimagicum", die über 6 Stunden dauert
 

Und noch die einzige Aufnahme des Opus Clavicembalisticums, die es wert ist, angehört zu werden:

Es gibt noch weitere "Videos" von der Aufnahme, doch ist leider nicht das ganze Opus Clavicembalisticuminm dieser Aufnahme erhalten.. :(
http://sorabji-files.com/ Diese Seite enthält eine Menge an Aufnahmen, die es nicht auf YouTube gibt.
 
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Andererseits glaube ich, daß Du, lieber Tornado, produktiven Widerspruch
ertragen kannst - und da ich meine Äußerungen zu begründen pflege,
kommt vielleicht eine für alle Beteiligten lehrreiche Diskussion in Gang.
Diese kann leider nicht zu Stande kommen, wenn niemand antwortet :(
Und noch was: Anhand des Opus Clavicembalisticums sollte man Sorabji´s Oevre überhaupt nicht versuchen zu bewerten, denn:
1. es ist ein Werk, welches keinen guten Einstieg bietet in die Musik des Sorabji
2. er hat noch viele andere Werke geschrieben, die ihm selbst auch mehr gefallen haben.
3. man sollte einen Komponisten nicht anhand seines bekanntesten Werkes beurteilen (man könnte auch verwundert sein, nach dem anhören von "Für Elise", wieso alle Menschen denken, dass Beethoven ein genialer Komponist ist)

Sorabji hat noch viele andere Werke vor und (vor allem) nach dem OC komponiert, manche länger, viele kürzer als dieses. Ich habe die Noten seines (nach eigenen Aussagen) Lieblingswerkes: Die "Sequentia cyclica super Dies Irae". Dies ist ein wunderbar monumentales Werk, Variationen über das "Dies Irae", wobei die Variationen eher als Paraphrasen über das 7-minütige (der gesamte gregorianische Choral "quasi organo" und mit tiefen, riesigen Glocken (natürlich Imitationen auf dem Klavier). Alles ppp und pppp (die Glocken)) Thema zu sehen sind. Auf Wunsch erzähle ich mehr darüber.
Und Apropos Titel, weißt du, was Opus Clavicembalisticum bedeutet (natürlich weißt du es...(es ist eine sehr umständliche Bezeichung für etwas sehr einfaches :D))?
 
John Ogdon, 1937-89, brach schwer krank 1973 zusammen, blieb sieben Jahre dem Konzertbetrieb fern. Er war gesundheitlich schwer gezeichnet. Die Sorabji Aufnahme ist nach dem Zusammenbruch entstanden, evtl war er da technisch nicht mehr auf seiner früheren Höhe. Davor jedenfalls gibt es an Ogdons Spiel nichts auszusetzen. Sein Liszt und Rachmaninov vor 73 war große Klasse.

Bzgl. Sorabji kann ich Dir leider nichts neues sagen: meiner Ansicht nach befindet sich sein Werk im Schatten von Messiaen und Ligeti. Vielleicht täusche ich mich da auch, aber momentan kann ichs nicht anders wahrnehmen. Zudem halte ich den oft monströsen Umfang für sehr strapaziös ;), sowohl für den Spieler als auch für den Hörer. Bzgl. der musikalischen Sprache kann zumindest ich weder so viel Kontruktionsbewußtsein noch einen so deutlich unverkennbaren Personalstil feststellen wie bei Messiaen, eher ein Komglomerat aus insgesamt mäßig modernen Elementen.

herzliche Grüße,
Rolf
 
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Ach, lieber Tornado,

worauf soll ich mich zurückziehen... De gustibus...?

...weißt du, was Opus Clavicembalisticum bedeutet (natürlich weißt du es...
(es ist eine sehr umständliche Bezeichung für etwas sehr einfaches))?

Ich bin ein Ignorant und weiß offenbar garnix. Bitte verrat mir die Auflösung
des Rätsels. Außerdem kenne wirklich nur einen Bruchteil des Sorabjischen Werks -
was allerdings kein Kunststück ist, denn so ergeht es selbst enragierten Sorabji-Liebhabern.
Ein Teil seines Werks ist nicht einmal als Manuskript zugänglich.

Ich will Dir die Liebe zu Sorabji nicht ausreden und gebe mir gern alle Schuld am Nicht-Verstehen
seiner Musik. Aber einen prinzipiellen Vorbehalt will ich Dir nicht vorenthalten,
und er könnte die Diskussion beleben: Für das, was Sorabji am Klavier veranstaltet,
ist das von ihm gewählte Instrument untauglich
.

In meinem ersten Beitrag zu diesem Thema habe ich schon geschrieben, daß das Klavier
ab der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts immer mehr die Funktion eines Orchesterersatzes
zu erfüllen hatte. Das erscheint mir aus der Zeit heraus verständlich: Speziell in Mitteleuropa
wurde Musik immer stärker weltanschaulich aufgeladen, Monumentalität war ein Ausdrucksträger,
und es gab in den adeligen und bürgerlichen Salons ein dafür empfängliches Publikum.

Mit der Massenverkaufbarkeit des Grammophons, das Weltanschauungssymphonik
nun im großorchestralen Gewand allen Interessierten zugänglich machen konnte,
konnte das Klavier wieder um seiner selbst willen eingesetzt werden - nur Sorabji hält
an der alten Stellvertreterfunktion des Instrumentes fest. Aber die Unfähigkeit des Klaviers,
einen Ton auszuhalten, und die Monochromie seines Klangs laufen Sorabjis Intentionen zuwider.
Unabhängig davon, ob man seine Musik mag: Ein großbesetztes Orchester könnte
die Klangfelder wie auch die Stimmverläufe seiner Musik viel besser wiedergeben.
Es mag also für einen Pianisten durchaus attraktiv sein, diese Musik zu spielen,
nicht aber für einen Zuhörer, sie sich anzuhören.

Herzliche Grüße,

Gomez

.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich bin ein Ignorant und weiß offenbar garnix. Bitte verrat mir die Auflösung
des Rätsels.
Das Geschrieben war weder dazu gedacht, dich zu verletzen, noch dazu, mich über
dich lustig zu machen. Falls es dies getan habensollte, bitte ich dich hiermit um Entschuldigung .
Du hattest geschrieben, dass der Name des Werkes schon "das Anmaßende und Hypertrophe der Musik
bereits wunderschön zum Ausdruck bringt".
Dieser Name bedeutet nichts weiter als "Klavierwerk" oder "Werk für Klavier".
Das war das einzige was ich herausheben wollte.
Außerdem kenne wirklich nur einen Bruchteil des Sorabjischen Werks -
was allerdings kein Kunststück ist, denn so ergeht es selbst enragierten Sorabji-Liebhabern.
Da hast du schon Recht, aber wie gesagt sollte man nicht nur nach dem OC urteilen.
Desweiteren habe ich oben eine Auswahl von guten Aufnahmen seiner Werke gepostet.
Bei diesen sind (nach Sorabji-Maßstäben) fast keine ellenlangen Werke
enthalten. Und selbst wenn, braucht man sich diese nicht vollständig anzuhören.
Ein Teil seines Werks ist nicht einmal als Manuskript zugänglich.
Diese Aussage stimmt nicht unbedingt. Er hat seine Werke ja nur im Manuskript
aufgeschrieben und nur 17 Werke sind (zu seinen Lebzeiten) im Druck erschienen.
Nur von der Toccata Nr.3 (und einem anderen Werk, von dem es aber eine Kopie des
Manuskriptes gibt) ist das Manuskript verlorengegangen und das Werk selber somit
auch (leider).

Aber einen prinzipiellen Vorbehalt will ich Dir nicht vorenthalten,
und er könnte die Diskussion beleben: Für das, was Sorabji am Klavier veranstaltet,
ist das von ihm gewählte Instrument untauglich
.

In meinem ersten Beitrag zu diesem Thema habe ich schon geschrieben, daß das Klavier
ab der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts immer mehr die Funktion eines Orchesterersatzes
zu erfüllen hatte. Das erscheint mir aus der Zeit heraus verständlich: Speziell in Mitteleuropa
wurde Musik immer stärker weltanschaulich aufgeladen, Monumentalität war ein Ausdrucksträger,
und es gab in den adeligen und bürgerlichen Salons ein dafür empfängliches Publikum.

Mit der Massenverkaufbarkeit des Grammophons, das Weltanschauungssymphonik
nun im großorchestralen Gewand allen Interessierten zugänglich machen konnte,
konnte das Klavier wieder um seiner selbst willen eingesetzt werden - nur Sorabji hält
an der alten Stellvertreterfunktion des Instrumentes fest. Aber die Unfähigkeit des Klaviers,
einen Ton auszuhalten, und die Monochromie seines Klangs laufen Sorabjis Intentionen zuwider.
Unabhängig davon, ob man seine Musik mag: Ein großbesetztes Orchester könnte
die Klangfelder wie auch die Stimmverläufe seiner Musik viel besser wiedergeben.
Es mag also für einen Pianisten durchaus attraktiv sein, diese Musik zu spielen,
nicht aber für einen Zuhörer, sie sich anzuhören.

Herzliche Grüße,

Gomez
Erstens, Sorabji hat Orchestralmusik geschrieben: 2 Symphonien, Klavierkonzerte,
Konzertstücke (mit Klavier) und eine riesengroße Messe übrigens auch (und noch manches mehr).
Selbst Kammermusik und Lieder hat er geschrieben.
Und zweitens hat Sorabji nicht nur Werke mit einer Gesamtlänge von über 40 Minuten geschrieben.
Diese machen zwar einen Großteil seiner Werke aus, aber es gibt auch viele kürzere "Stücke".
Außerdem hat er die Musik für sich selbst geschrieben (und jetzt bitte nicht das Argument,
er hätte es ja auch für sich behalten können) und so konnte er machen was er wollte.
Es war niemals seine Intention gewesen, dass anderen Menschen seine Musik gefallen sollte.

So, ich warte auf deine Antwort :D (Ich hatte jetzt nicht so viel Zeit auf das letzte
Zitat einzugehen)
 
So, ich warte auf deine Antwort :D (Ich hatte jetzt nicht so viel Zeit auf das letzte
Zitat einzugehen)
:D warten bedeutet ja, Zeit zu haben - - da könntest Du mir doch mal auseinandersetzen, ob ich mit dieser ungefähren Einschätzung falsch liege oder nicht:
Bzgl. der musikalischen Sprache kann zumindest ich weder so viel Kontruktionsbewußtsein noch einen so deutlich unverkennbaren Personalstil feststellen wie bei Messiaen, eher ein Komglomerat aus insgesamt mäßig modernen Elementen.
 
(1) John Ogdon, 1937-89, brach schwer krank 1973 zusammen, blieb sieben Jahre dem Konzertbetrieb fern. Er war gesundheitlich schwer gezeichnet. Die Sorabji Aufnahme ist nach dem Zusammenbruch entstanden, evtl war er da technisch nicht mehr auf seiner früheren Höhe. Davor jedenfalls gibt es an Ogdons Spiel nichts auszusetzen. Sein Liszt und Rachmaninov vor 73 war große Klasse.

(2)Bzgl. Sorabji kann ich Dir leider nichts neues sagen: meiner Ansicht nach befindet sich sein Werk im Schatten von Messiaen und Ligeti. Vielleicht täusche ich mich da auch, aber momentan kann ichs nicht anders wahrnehmen. Zudem halte ich den oft monströsen Umfang für sehr strapaziös ;), sowohl für den Spieler als auch für den Hörer. Bzgl. der musikalischen Sprache kann zumindest ich weder so viel Kontruktionsbewußtsein noch einen so deutlich unverkennbaren Personalstil feststellen wie bei Messiaen, eher ein Komglomerat aus insgesamt mäßig modernen Elementen.

herzliche Grüße,
Rolf
Dies zum ersten Punkt:
YouTube - John Ogdon - Live Recital - Great Hall Moscow - 1986 Soviel zu dem, dass der Ogdon nach seinem Zusammenbruch nicht mehr toll war.. :kuss:
Ich denke einfach er konnte den Sorabji selbst nach 20 Jahren des Übens (was
vielleicht der Grund des Zusammenbruches war :D ) nicht richtig spielen.
Jedenfalls hört sich das ein bisschen nach vom Blatt spielen an. Das soll keinesfalls sein
übriges Pianistentum schmälern, aber er war wohl für das Opus Clavicembalisticum einfach
nicht geschaffen...
Zu (2):
Sorabji wollte nie als moderner Komponist angesehen werden und für seine Zeit ist
seine Musik mMn sehr einzigartig. Außerdem glaube ich nicht, dass Ligeti oder
Messiaen mehr Konstruktionsbewusstsein hatten wie er.
Hat einer von ihnen eine 80-minütige 5-stimmige Fuge mit 3 Themen und einer Coda-Stretta komponiert?
Das sollte ihm mal einer nachmachen. Oder eine Orgelsymphonie
mit 9 Stunden Gesamtdauer, einem 5-stündigem Mittelsatz und einer 2-stündigen Fuge?
Ich habe nie gesagt, dass Ligeti oder Messiaen schlechtere Komponisten als er sind.
Nur damit das jedem klar ist...:D
 
Bzgl. der musikalischen Sprache kann zumindest ich weder so viel Kontruktionsbewußtsein noch einen so deutlich unverkennbaren Personalstil feststellen wie bei Messiaen, eher ein Komglomerat aus insgesamt mäßig modernen Elementen.
Bezüglich dazu habe ich leider nicht genug fundiertes Wissen, um wirklich etwas wissenschaftlich anerkanntes schreiben zu können. :D
Außerdem ist mein Sprachstil sowieso nicht der beste :D
 
Grenzen des Wachstums

Lieber Anton alias Tornado12,

Du hast mich weder verletzt noch den Eindruck erweckt, daß Du Dich über mich lustig machtest.
Soviel herzliches Einvernehmen besteht doch zwischen uns - seit eh und je -, daß wir in einem Gespräch
grundverschiedene Standpunkte einnnehmen können, ohne darüber in Streit zu geraten.
Und für mich ist es herzerfrischend, diese Diskussion mit Dir voranzutreiben
und die gegensätzlichen Standpunkte weiter auszuformulieren - weil man daran soviel lernen kann.

Vorweg: Von meiner Ignoranz in Sachen Sorabji sprach ich ganz ernsthaft.
Viel wußte ich über diesen Menschen bisher nicht. Ich habe erst durch Dich - und von Dir angeregt -
einiges an Hintergrundwissen hinzugewonnen. Und ich kenne wirklich nur einen Bruchteil
seines Werks. Meine Ignoranz hat allerdings auch mit den Problemen zu tun, die seine Musik verursacht.
Es hat mich noch nie die gesunde Neugierde gepackt, in seine Musik tiefer einzudringen.
Dafür gebe ich gerne mir die Schuld, kann meine Abneigung aber plausibel begründen -
und das ist vielleicht doch von allgemeinem Interesse: Man kann dabei nicht nur von mir,
sondern auch von dem Auslöser der Diskussion - Sorabji - abstrahieren und stößt auf Fragen
von grundsätzlichem Interesse.

Hypertrophie ist der eine Problemkreis, in dem Fragen herumschwirren à la:
Gibt es eine Höchstgrenze an zeitlicher Ausdehnung, ab der ein Musikstück als Ganzes
nicht mehr erfaßt werden kann? Was kennzeichnet Musik, die diese Höchstgrenze überschreitet,
ohne den Hörer zu überfordern?

Das Klavier als Orchester-Ersatz ist der zweite Problemkreis: Ist alles,
was die Kombination aus grifftechnischer Akrobatik plus kunstvollem Pedal-Einsatz ermöglicht,
auch sinnvoll - also mit Hilfe des Klavierklangs sinnvoll artikulierbar?

Ich will mich um die Beantwortung dieser Fragen nicht herumdrücken - im Gegenteil.
Im Moment schmeiße ich die Fragen einfach in den Raum und ziehe mich diskret zurück,
weil gleich mein Patenkind zu Besuch kommt. Bis heute abend!

Herzliche Grüße,

Gomez
 

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