Schubert Impromptu op. 90/3

Ragtimer

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Hallo liebe Leute,

ich hoffe, ich bin im richtigen Unterforum...

Folgende "Ungereimtheit" habe ich bei Schuberts Impromptu op.90/3 entdeckt.

Die angehängten Notenbeispiele zeigen das Thema zu Beginn (2. Bild), sowie die kurze Wiedervorstellung des Themas danach (1. Bild). Die Noten entstammen der Seite IMSLP und entsprechen insgesamt dem, was von Brendel oder auch Zimmermann auf Youtube oder CD zu hören ist.

Hier mal ein Link zur - wie ich finde - schönsten Interpretation des Stücks von Alfred Brendel: http://www.youtube.com/watch?v=GkX4MyDeIqI

Jetzt habe ich das Notenbuch "Classic Edition - Franz Schubert" von Edition Peters in die Hand bekommen, wo im 1. Takt der Wiedervorstellung des Themas folgende Modulation notiert ist:
In der linken Hand wird aus der letzten Gruppe Halbe d + f, rechts bleibt in der Melodiestimme das b, die begleitenden Achtel werden zu b, d, as, d, b. (ich kanns grad leider nicht einscannen...).

Welche Version ist jetzt "richtig"? Beinahe alle Interpretationen, die ich bisher durchgehört habe, entsprechen nicht diesem Peter'schen Druck. Wie kommt diese Version dann zustande? Harmonisch gesehen wäre sie für Schubert bzw. für das Stück insgesamt jedenfalls typisch und denkbar. :confused:

Vielleicht lässt sich das ja mittels Musiktheorie erklären und irgendwer kann was dazu sagen, ich würde nämlich gerne das Original bzw. die "korrekte" Fassung spielen.


Viele Grüße und danke,
Ragtimer
 

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Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Ragtimer,
so sieht es in einer Schott-Ausgabe nach dem Urtext von Walter Georgii aus, also wie bei Peters:
noten-schubert.jpg


Gruß
Manfred
 
Danke Manfred für deine Antowort und den "Beweis".

Ich denke, daraus kann man schließen, dass die Originalfassung wohl mit dieser Modulation notiert wurde.

Trotzdem: Wie kann es sein, dass weltberühmte Pianisten durchgängig (!) die Modulation nicht spielen - sich also an anderen Notenfassungen orientieren? :confused:
Was Brendel z.B. geleistet hat, ist ja durchaus aussagekräftig und er wird sich seine Noten ja nicht von irgendwelchen Internetseiten runtergeladen haben...

Warum wird eine Fassung, die anscheindend nicht dem Urtext entspricht, bevorzugt - vor allem von namhaften Pianisten?

Viele Grüße,
Ragtimer
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das würde mich auch interessieren!

(BTW, das ist keine Modulation. Es ist eine Zwischendominante. Eine Modulation wäre es, wenn sie dazu dienen würde, zu einem Abschnitt überzuleiten, der eine neue Tonika hat. Hier ist Es-moll aber einfach 6. Stufe und keine temporäre neue Tonart.)

LG,
Hasenbein
 
...Warum wird eine Fassung, die anscheindend nicht dem Urtext entspricht, bevorzugt - vor allem von namhaften Pianisten..

Das ist auch beim letzten Chopin-Wettbewerb von der 1. Preisträgerin Avdeeva am Schluss einer Mazurka praktiziert worden. Sie hat die Version wie in der Peters Ausgabe gespielt, die Henle Urtext Ausgabe hat im letzten Takt einen etwas anderen Schluss. Keine Ahnung, was wirklich richtig ist.
 
Harmonisch gesehen wäre sie für Schubert bzw. für das Stück insgesamt jedenfalls typisch und denkbar. :confused:

Das ist fraglich, denn Schubert setzt auch gelegentlich ganz gerne Akkorde ohne leittönige Zwischendominante nebeneinander. Und das Thema lebt von der direkten Gegenüberstellung von T Ges-Dur und Tp es-Moll.

Allerdings löst das nicht die Frage nach der korrekten Fassung. Vom hören kenne ich es auch ohne B-Dur7.
 
Hat hier jemand die Henle-Urtext-Fassung? Was steht denn da drin?

LG,
Hasenbein
 
Hat hier jemand die Henle-Urtext-Fassung? Was steht denn da drin?

LG,
Hasenbein


Ich habe leider auch nicht wirklich Ahnung. Ich wusste bisher gar nicht, dass es überhaupt anders sein könnte, denn ich kenne es wie Rolf ohne B7 und so steht es auch in meiner Henle-Urtext-Ausgabe von 1974 ( Gieseking).

In dieser Ausgabe ist auch im Anhang nichts notiert diesbezüglich, nur im Vorwort steht:

"Dank der Bereitwilligkeit ihres Eigentümers, ....(Oppenheim)....., konnten in dieser Ausgabe den Vier Impromptus op.90 die Eigenschriften zugrunde gelegt werden. Die für manche Leser vielleicht etwas ungewohnte Takt- und Tonartbezeichnung von op.90 Nr.3 erklärt sich aus einer eigenmächtigen Änderung des ersten Verlegers, der das Stück nach G-Dur übertragen und nur vier Viertel auf einen Takt nehmen ließ, in welcher Schubertfremden Form es bis auf den heutigen Tag zumeist gedruckt wurde."

Das bringt uns zwar leider nicht recht weiter, lässt aber vermuten, dass vielleicht in dieser "Schubertfremden" Ausgabe noch andere Dinge geändert wurden, die vielleicht auf diesem Wege in die vorliegenden Ausgaben übernommen wurden.

Liebe Grüße

chiarina
 
(BTW, das ist keine Modulation. Es ist eine Zwischendominante. Eine Modulation wäre es, wenn sie dazu dienen würde, zu einem Abschnitt überzuleiten, der eine neue Tonika hat. Hier ist Es-moll aber einfach 6. Stufe und keine temporäre neue Tonart.)

Danke für die Korrektur, Hasenbein.

eigenmächtigen Änderung des ersten Verlegers, der das Stück nach G-Dur übertragen und nur vier Viertel auf einen Takt nehmen ließ, in welcher Schubertfremden Form es bis auf den heutigen Tag zumeist gedruckt wurde.

Das war mir auch bekannt, dass man das Stück wahrscheinlich aus Vereinfachungsgründen transponiert hat. Schade, dass in der Ausgabe nicht mehr dazu steht...

Hier noch eine Aufnahme von Horowitz: http://www.youtube.com/watch?v=L6_SbflSwAg
Er spielt diese Zwischendominante - bisher die einzige Aufnhame, die ich so kenne. Jetzt weiß ich jedenfalls gar nicht mehr, welcher Fassung ich trauen soll.

Was würdet ihr mir denn jetzt raten? Soll ich einfach die Fassung spielen, die mir am besten gefällt, oder die, die am "gebräuchlichsten" ist? Ich werde jedenfalls mal versuchen noch ein bisschen weiterzuforschen.

Ich strebe nicht an, irgendwelche Konzerte zu geben, dennoch wäre es für die Zukunft gut zu wissen, nach welchen Kriterien man entscheidet, wenn es widersprüchliche Noten zu einem Stück gibt.

Viele Grüße,
Ragtimer
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Widerspricht sich kein bißchen.

Es ist eine Durchgangsharmonie (das ist ein Oberbegriff), und zwar aus dem reichhaltigen Pool der möglichen Durchgangsharmonien eine sogenannte Zwischendominante, die in der Umkehrung Quartsextakkord auftaucht.

;) :cool:

LG,
Hasenbein
 

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