Resonanzboden kleben?

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Ich habe mal eine Frage, zu der Google sich ausschweigt. Vielleicht schlagen hier gleich ein paar Leute die Hände über dem Kopf zusammen, daher: Ich will es nicht tun, ich bin nur neugierig.
Soweit ich weiß, werden Risse im Resonanzboden ausgespänt. Letztens habe ich davon gehört, dass man das auch kleben kann, und zwar mit Fischleim. Der soll so aushärten, dass er dem Holz ähnlich genug wird.
Das klingt natürlich sehr verlockend, weil es reicht, den Flügel hochkant zu stellen und die Saiten und Gußrahmen drauf bleiben können. Aber wenn das wirklich so toll wäre, wäre das ja die Standardmethode und hätte das Ausspänen zumindest in großen Teilen ersetzt.
Daher meine Frage: Warum nicht? Bzw. was ist der Nachteil des Klebens?
Vielen Dank im Voraus für erhellende Antworten!
 
Na wenn das halten würde (?), müsste man den Flügel ja nicht mal hochkant stellen - im Gegenteil: Tesa oder Kreppband von unten über den Riss kleben, Leim von oben einfüllen, Überschuss abwischen (dürfte ne elende Fummelei werden), später Klebeband wieder ab, fertig. Umlegen müsste man vielmehr ein Pianino. - Aber ist es nicht so, dass Fischleim im Ggs. zu Knochenleim eine gewisse Elastizität behält, was kontraproduktiv wäre weil dämpfend wirkend?
 
Der soll so aushärten, dass er dem Holz ähnlich genug wird.
Ich denke der ist zumindest als Kaltleim wesentlich weicher und daher für größere bzw. breitere Risse ungeeignet.

Ein Klavierbauer hat mir erzählt, dass er in seltenen Fällen (z.B. aus wirtschaftlichen Gründen) den Riss von hinten/unten mit PU schließt. Das soll ganz gut funktionieren.
Warum nicht? Bzw. was ist der Nachteil des Klebens?
Es ist eben nicht kleben sondern verschließen/verfugen/verfüllen. Verklebt werden die Späne.
Beim Verfugen (mit nicht geeignetem Füllmittel) könnte ich mir vorstellen, dass Schwingungen des Resos gedämpft oder nicht richtig übertragen werden.
 
könnte ich mir vorstellen, dass Schwingungen des Resos gedämpft oder nicht richtig übertragen werden.
Sofern die Rippen nicht lose sind, findet die Querverbindung der einzelnen Streifen immer noch statt.
Wenn der Boden an Spannung verliert und dadurch den Stegdruck, wird die Anbindung der Saiten an den Steg
gemindert und damit die Energieüberragung der Saiten auf den Boden geringer.
 
Eine Klebverbindung sollte auch klebgerecht ausgebildet werden. Entscheidend ist die Klebefläche, deshalb klebt man überlappt oder geschäftet. Einfach den Boden stumpf zusammenkleben wird nicht halten, da die Klebefläche zu klein. Mit einer Überlapptverbindung würde aber auch das Schwingungsverhalten des Resonanzbodens verändert. Wenn überhaupt, dann nur geschäftet, das heißt schräg geschnitten, wie die Leberwurst. Diese Anmerkung erfolgt aus der Sicht des Maschinenbaus, einen Resonanzboden habe ich noch nicht geklebt.
 
Das ging ja schnell, danke für die raschen Antworten!

Tesa oder Kreppband von unten über den Riss kleben, Leim von oben einfüllen, Überschuss abwischen (dürfte ne elende Fummelei werden),
Naja, wenn die Saiten noch oben sind, ist es wohl leichter, von der Unterseite zu arbeiten. Und da ist hochkant leichter zu arbeiten als über Kopf.

Ich denke der ist zumindest als Kaltleim wesentlich weicher und daher für größere bzw. breitere Risse ungeeignet.

Ein Klavierbauer hat mir erzählt, dass er in seltenen Fällen (z.B. aus wirtschaftlichen Gründen) den Riss von hinten/unten mit PU schließt. Das soll ganz gut funktionieren.

Es ist eben nicht kleben sondern verschließen/verfugen/verfüllen. Verklebt werden die Späne.
Beim Verfugen (mit nicht geeignetem Füllmittel) könnte ich mir vorstellen, dass Schwingungen des Resos gedämpft oder nicht richtig übertragen werden.
Ja, es ist ein Auffüllen. Idealerweise eine Art "flüssiges Holz", das dann fest wird und nach dem Aushärten zum Material des Resonanzbodens passt.
Bei feinen Rissen ist es schwierig, den Kleber in den Spalt zu bekommen. Bei breiten Rissen wird der Unterschied des Materials zunehmend wichtiger.

Wenn die Risse im Resonanzboden vorher keine Nebengeräusche verursacht haben, ist das Kleben (Ausfüllen) dann sinnvoll oder reine Kosmetik? Bzw. behindern sie evtl. eine spätere, gründlichere Restaurierung?
Ich entnehme Peters Kommentar, dass das eine unsaubere Billiglösung ist und bei teuren Instrumenten eher nicht zum Einsatz kommt.
 
Bei leichten Haar rissen langt es sicherlich diese mit Leim zu verdichten - ist allerdings meist unnötig, da solche feinen Risse sich nicht auf den Klang auswirken und nur ein optisches Ding sind.

Anders hingegen bei deutlicheren Rissen - hier sollte schon gespant werden.... Fischleim ist für diese Arbeit ideal.

Natürlich kann ein Instrument auch von hinten/unten gespant werden - sieht halt nicht sehr hübsch aus.

Risse zu verfüllen oder gar zu kitten, ist keine gute Idee, da das Resonanzholz miteinander keine Verbindung hat.....genau so gut könnte man in den Riß auch Nägel oder Schrauben reintreiben.

Wenn ein Resonanzbodenriß keiner akustischen Beeinträchtigungen ausgeliefert ist, sollte man den Riß einfach mal Riß sein lassen.

Hat er dagegen durch Risse akustische Beeinträchtigungen (durch fehlenden Stegdruck usw. )erlitten, ist es ohne hin nicht mehr mit einer "Flickerei" getan.

Hier muß erst einmal wieder der Stegdruck hergestellt werden und lose Teile wieder miteinander verbunden werden.

Hier zu ist eine vollständige Zerlegung des Instrumentes von Nöten.

Den Stegdruck mittels Furnieraufdoppelung und verkleben loser Teile hingegen, ist eine Pfuscherei die den Klang nicht verbessert und auch keine sehr lange Stabilität aufweist.
 
Danke für die ausführliche Antwort!

Aber von unten Ausspänen stelle ich mir schwer vor, wenn der Riss eine Rippe überquert. Von oben kann man da eine einzige lange Linie ausfräsen. Von unten nur jeweils zwischen den Rippen und exakt über den Rippen bleibt der Riss bestehen.
 
Aber von unten Ausspänen stelle ich mir schwer vor, wenn der Riss eine Rippe überquert. Von oben kann man da eine einzige lange Linie ausfräsen. Von unten nur jeweils zwischen den Rippen und exakt über den Rippen bleibt der Riss bestehen.
Das ist absolut richtig!

Von hinten bzw. unten kann man nur von Rippe zu Rippe spänen.

Diese Methode wird auch nur als Billigreparatur verwendet, um den Resonanzboden wieder weitesgehendst zu vereinen, ohne die Saiten und Gußplatte entfernen zu müssen.
 
Eine Klebverbindung sollte auch klebgerecht ausgebildet werden. Entscheidend ist die Klebefläche, deshalb klebt man überlappt oder geschäftet. Einfach den Boden stumpf zusammenkleben wird nicht halten, da die Klebefläche zu klein. Mit einer Überlapptverbindung würde aber auch das Schwingungsverhalten des Resonanzbodens verändert. Wenn überhaupt, dann nur geschäftet, das heißt schräg geschnitten, wie die Leberwurst. Diese Anmerkung erfolgt aus der Sicht des Maschinenbaus, einen Resonanzboden habe ich noch nicht geklebt.
Die Anmerkung eines Maschinenbauers möchte ich nicht unwidersprochen stehen lassen, bevor jetzt jemand anfängt Risse im Reso schäften oder überlappen zu wollen.

Massive Resonanzböden bestehen i.d.R aus mehreren stumpf verleimten Brettern.
Das sollte die Frage eigentlich schon beantworten, ob die Fläche des Risses für die Verklebung reicht.

Die stumpfe Verleimung reicht hier deshalb, weil sie beim Reso auf Druck belastet wird.
Die Biegekräfte werden nämlich weitestgehend von den Rippen getragen.

Auch beim fachgerechten Ausspänen oder Auskeilen ist die Klebefläche nur marginal größer als bei stumpfer Verleimung.
Ausspänen offener Risse dient dann auch dazu, daß der Reso die für die vorgespannte Wölbung nötigen Druckkräfte aufnehmen kann und das nicht allein den Rippen überläßt.
 
Die Anmerkung eines Maschinenbauers möchte ich nicht unwidersprochen stehen lassen, bevor jetzt jemand anfängt Risse im Reso schäften oder überlappen zu wollen.

Massive Resonanzböden bestehen i.d.R aus mehreren stumpf verleimten Brettern.
Das sollte die Frage eigentlich schon beantworten, ob die Fläche des Risses für die Verklebung reicht.

Die stumpfe Verleimung reicht hier deshalb, weil sie beim Reso auf Druck belastet wird.
Die Biegekräfte werden nämlich weitestgehend von den Rippen getragen.

Auch beim fachgerechten Ausspänen oder Auskeilen ist die Klebefläche nur marginal größer als bei stumpfer Verleimung.
Ausspänen offener Risse dient dann auch dazu, daß der Reso die für die vorgespannte Wölbung nötigen Druckkräfte aufnehmen kann und das nicht allein den Rippen überläßt.
Meine Anmerkung war ja auch aus Sicht des Maschinenbaus, speziell der Fügetechnik. Was nicht heißen soll. dass es auch andere Techniken gibt. Wäre ich Tischler, hätte ich es sicherlich anders gesehen.
Aber Danke für die Anmerkung und Klarstellung.
 

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