Musik innerlich hören

N

Neronick

Guest
Hallo!
Ich habe hier soeben einen Thread über das Thema "Ohrwürmer" gelesen. Jetzt bin ich verunsichert und verwirrt. Natürlich habe ich in meinem Leben schon Ohrwürmer gehabt. Das ist aber her. Natürlich fliegen mir Lieder in den Sinn, fremde und eigene. Ich komponierte regelmäßig.

ABER:
Wenn ich das Notenbild im Bassschlüssel c-e-g sehe, kann ich ABSOLUT nichts hören. Ich höre nichts falsches. Ich höre nichts. Wenn ich eine Melodielinie sehe, höre ich nichts. Übertreibe ich jetzt?
Ferner:
Ich schließe die Augen und sehe die Farben, rot, blau, lila: Was ich will! Klappt super!
Ich sehe Äpfel, gelbe Bananen...
Ich kann KEINE Gesichter von Menschen TATSÄCHLICH DETAILLIERT "sehen". Das ist auch sehr angenehm, weil eine Frau, wenn sie dann tatsächlich vor einem steht, schöner und überraschender erscheinen kann als vor dem inneren Auge. Man kann sich so nie "sattsehen". Satt wäre man ja, wenn das innere Bild dem äußeren entspräche.
Ich kann natürlich jeden Menschen wiedererkennen. Doch selbst Angehörige kann ich mir nicht wirklich "vorstellen". Ich könnte sie auch nicht zeichnen.

Ich kann Autos, Klaviere, Hunde mit geschlossenen Augen TATSÄCHLICH sehen. Ich kann mir sogar von dem Abbild eines Autos das tatsächliche Auto vorstellen.
Ich kann keine Musik hören. Natürlich habe ich jetzt im Moment eine Ahnung wie Bob Dylan "klingt", aber ich HÖRE ihn NICHT wirklich, also nicht so, wie ich "rot" oder "blau" sehe. Ich könnte die Lieder nachspielen, ich kenne als die Akkorde, die Melodien, aber wenn ich die Augen schließe und meine Ohren zuhalte, höre ich zwischen den Ohren keinen Song und keinen Ton.

Was sind eure Selbstbeobachtungen?
 
Hi Neronick, meine Selbstbeobachtungen decken sich zu 100% mit Deinen! Erstaunlich???
 
Es gibt Tage, da wünschte ich, ich hätte einen Reisverschluss,- längs von oben nach unten. Wenn man ihn aufmacht, kommt Musik raus die den ganzen Raum erfüllt. :eek:

Gruß Ute

Ich hatte gestern so einen Tag. Ich habe die Noten zu einem Song aufgeschrieben. Was für ein Kampf! ABER ich habe es geschafft. Als dann das fertige Werk vor mir lag, war ihm die Schwere der Geburt nicht anzusehen und mir selbst unverständlich. Ein Tropfen Öl auf dem Reisverschluss und es wäre eine Sache von 15 Minuten gewesen.
 
Gesichter, Bilder oder Orte, an denen ich schon war, kann ich mir auch sehr schlecht vorstellen, das sind mehr Erinnerungsfetzen, die genauso schnell wieder weg sind, wie sie kommen. Aber ich bin auch nicht sehr visuell veranlagt, und habe eine schlechte Beobachtungsgabe - bzw. achte ich auch auf viele Sachen gar nicht, da müßte ich mich extra darauf konzentrieren.

Anders bei Musik, bei mir ist im Kopf ständig der Radio an. Wenn ich mich nicht konzentriere, ist es ein bunter Potpourri der durch meinen Kopf wirbelt. Meist genügt ein Wort, das ich höre und aus einem Lied oder einer Arie kenne, und sofort brummt es durch den Kopf. Um ganze Stücke abzuspulen, muß ich das bewußt machen - außer bei aktuellen Stücken die ich gerade übe bei denen geht das automatisch, sofern ich sie bereits ganz erfasst habe. Daher weiß ich auch ganz gut, an welchen Stellen es hapert. Es passiert mir jetzt auch schon immer öfter, daß ich, wenn ich Noten sehe, die Melodie höre, das sind aber meist nur kurze Abschnitte und passiert unbewußt, und ob das immer so stimmt, was ich da höre, weiß ich nicht.

LG, PP
 
Es ist interessant wie verschieden die Wahrnehmungen sind, wo es eigentlich keine reale Information gibt, die wahrgenommen werden könnten.

Meine Selbstbeobachtung sieht auf den ersten Blick viel nüchterner aus. Wenn es kein Geräusch gibt, dann höre ich keines, abgesehen von seltenen Ausnahmen nach einer Überbeanspruchung des Gehörs. Mit geschlossenen Augen sehe ich nichts, außer den Unterschieden in der Helligkeit der Umgebung.

Allerdings gibt es viele Dinge oder Situationen die ich mir als Gesamteindruck vorstellen kann. Je weniger mich die direkte Umgebung beeinflusst und je ruhiger und entspannter ich dabei bin, desto besser gelingt es mir und desto realer wird die Vorstellung. Relativ einfach funktioniert das mit selber erlebten Situationen, die ich bewusst wahrgenommen habe. Das Gesamtbild in der Vorstellung entspricht dann fast der Realität des Erlebten.

Der entscheidende Punkt ist dabei, wie genau die Wahrnehmungen während des Erlebens sind. Eine Verschiebung in eine Richtung ist dabei möglich. Damit meine ich, wenn kein Geruch wahrgenommen wird, der optische Eindruck vernachlässigt wird oder gar die Augen geschlossen sind, die Temperatur angenehm ist und die Stimmung neutral ist, wird das Gehörte um so intensiver wahrgenommen. Dieses ist dann auch bei der selbst erzeugten Vorstellung am nähesten an der Realität. Und trotzdem ist es anders, als beim direkten Hören.

Bei diesem Thema gibt es aber noch einiges über das ich mir noch nicht im Klaren bin. Das würde auch zu weit führen und gar nicht mehr in diesen Faden passen.

Grüße
Thomas
 
bei Notenbildern höre ich sehr wenig, aber ich erkenne sofort Rhythmik und Typus des Stückes. Ich habe eine deutliche Vorstellung vom Groove.

Was bei mir definitiv einen akustischen Reflex auslöst, ist das Lesen von Akkordsymbolen.
Wenn ich X7 lese, habe ich sofort eine ganz konkrete Vorstellung vom Sound.
Der klingt innerlich ganz anders als XSus4 oder Xm7.

Wenn ich jemanden bitte, einen C6 (in Grundstellung) zu spielen (geblockt oder Arpeggio) und er spielt C7, dann erkenne ich das sofort und sage wie in der Werbung: "Das ist kein Jim Beam!".:p

Bei Harmonischen Zusammenhängen ist es schwieriger. Gelernte Zusammenhänge wie Quintfall oder 2 5 1 Kadenzen "höre" ich beim Lesen eines Lead-Sheets als Klangprinzip.
Wenn ich aber die Zusammenhänge nicht identifizieren kann, "höre" ich rein gar nix.

Lieber Gruß, NewOldie
 
Es ist interessant wie verschieden die Wahrnehmungen sind, wo es eigentlich keine reale Information gibt, die wahrgenommen werden könnten.
Das Leben spielt eigenartige Zufälle. Deshalb muss ich meinen Eingangspost revidieren. Zufällig passiere ich auf der Straße eine Blascombo, die mir wortwörtlich 8 Takte eines Schlagerohrwurms in die Ohren gepustet hat. Beobachtung: Einige Minuten danach war der "Sound" tatsächlich so zu erinnern, als würde ich ihn tatsächlich (noch) hören. Der Ohrwurm als Melodie spukte dann im Kopf herum bis meine Tour beendet war. Jetzt, nach Stunden, kann ich die Trompete nicht mehr "hören"; trotzdem habe ich nicht vergessen, wie eine Trompete klingt und der Schlager ist auch gerade "weg". Man könnte sagen, das Karussell steht gerade wieder still. :-)
 

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